Das Friedensmanifest einiger SPD-Mitglieder sorgt kurz vor dem Parteitag für Unruhe, nicht nur innerhalb der SPD. Während ein Journalist bei „Markus Lanz“ das Papier als „massives Warnzeichen“ deutete, relativierte SPD-Frau Anke Rehlinger die Inhalte des Papiers - sehr zur Überraschung von Gastgeber Lanz.
„Jetzt ernsthaft?“Als SPD-Frau loslegt, ist Markus Lanz fassungslos

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Im Gespräch mit Markus Lanz äußerte sich SPD-Politikerin Anke Rehlinger schwammig zum Friedensmanifest ihrer Parteigenossen.
Mehrere Stimmen innerhalb der SPD - darunter prominente Parteimitglieder wie Rolf Mützenich, Ralf Stegner und Norbert Walter-Borjan - sorgen aktuell mit einem Grundsatzpapier für mächtig Unruhe.
Der Grund: In ihrem Friedensmanifest fordern sie einen klaren Kurswechsel in der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik - und das unmittelbar vor dem anstehenden Parteitag. Das Schreiben regt Friedensgespräche mit Russland an und spricht sich gegen weitere Aufrüstung aus.
Markus Lanz reagiert entrüstet auf SPD-Politikerin
Bei „Markus Lanz“ bezog SPD-Politikerin Anke Rehlinger am Mittwochabend Stellung zu der Friedensinitiative ihrer Parteigenossen und gab zu: „Es war schon klar, dass es eine Debatte auslöst.“ Zwar sei die Haltung ihrer Kollegen keine Überraschung gewesen, aber „sicherlich – kurz vor dem Parteitag ist das ein spannender Moment“.
Eine Aussage, die Markus Lanz zum Lachen brachte: „Interessant, wie Sie das versuchen schönzureden hier.“ Der ZDF-Moderator machte daraufhin deutlich, dass im Manifest auch das Fünf-Prozent-Ziel der NATO als „irrational“ bezeichnet werde.

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Anke Rehlinger stand wegen des Friedensmanifests einiger ihrer Parteikollegen bei „Markus Lanz“ im Zentrum von Kritik.
Statt darauf einzugehen, wiederholte Rehlinger jedoch lediglich, dass das Grundsatzpapier zweifelsohne Raum für Debatten gebe. Dies sah Journalist. Gordon Repinski offenbar anders. Er stellte klar: „Dieses Manifest lässt keine Tür auf für Debatten. Sie schlägt alle Türen zu. Es ist übrigens auch geschichtsvergessen – und es ist auch ein Angriff auf Lars Klingbeil.“
Repinski merkte in dem Zusammenhang an, dass er das Manifest durchaus als „ein massives Warnzeichen“ sehe: „Ich würde das nicht unterschätzen.“ Die Warnung schien an Anke Rehlinger jedoch abzuprallen. Sie konterte genervt: „Ich habe ja gesagt, das löst Debatten jetzt aus, und jetzt muss man mit den Argumenten auch nochmal arbeiten.“ Mit ihrer Wortkargheit irritierte die SPD-Politikerin nicht nur den Journalisten, sondern auch Markus Lanz. Der ZDF-Moderator hakte nach: „Jetzt ernsthaft? Damit fangen wir jetzt wieder an – nach diesem Krieg? Nach diesem ganzen Wahnsinn?“ Lanz wetterte weiter: „Wenn wir uns ehrlich machen, müssen wir sagen, wir haben da einen historischen Fehler gemacht, mit dieser Gas-Abhängigkeit von Russland. (...) Und jetzt fangen wir sowas wieder an?“
Statt zurückzurudern, stichelte die SPD-Politikerin zurück: „Wir müssen offensichtlich damit anfangen!“ Anke Rehlinger fügte hinzu, dass man in einer Volkspartei unterschiedliche Meinungen aushalten müsse: „Wenn man diese Haltungen hat, (...) dann ist es auch richtig, dass man es vor dem Parteitag zur Diskussion stellt.“ Laut Rehlinger sei es demnach „nicht in Ordnung“, „das jetzt abzusprechen“ und zu sagen, „das wäre jetzt ein kleiner Rachefeldzug“. Das sei „auch nicht zutreffend“, argumentierte die SPD-Politikerin.
Journalist Gordon Repinski hielt prompt dagegen: „Das ist Linkspartei, was da hingelegt wird und nicht würdig von Fraktionsmitgliedern einer Partei, die regieren will.“ Ein Vorwurf, den Anke Rehlinger nicht auf sich sitzen lassen wollte. Sie erklärte, dass man das Manifest „für falsch halten“ könne, aber „man darf es denjenigen nicht absprechen, dass sie das als ihre Meinung auch innerhalb unserer Partei formulieren“.
Ministerpräsidentin räumt ein: Im Saarland stehen 20.000 Beschäftigte auf der Kippe
Weniger aufgebracht, aber ähnlich emotional zeigte sich die Politikerin, als es um den Arbeitsplatzverlust in Deutschland ging. Insbesondere mit Blick auf die Stahl-Industrie im Saarland wollte Lanz wissen: „Wie angespannt ist die Situation (...) tatsächlich?“ Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin des Bundeslandes, antwortete ehrlich, dass es mittlerweile um insgesamt „20.000 Beschäftigte im Saarland“ gehe und damit „ein ganzes Ökosystem“. Eine verheerende Zahl, die Journalist Gordon Repinski nachdenklich stimmte. Er erklärte, dass das, „was Frau Rehlinger bei sich erlebt“, „ein Symptom von diesem verlorenen Reformwillen in Deutschland“ sei.
Markus Lanz sah dies offenbar ähnlich: „Da hat Herr Repinski recht. Große Strukturreformen haben wir in den letzten Jahrzehnten in der deutschen Politik nicht gewagt.
Ist es das, was uns jetzt auf die Füße fällt?“ Ökonom Moritz Schularick nickte zustimmend und forderte: „Wann wollen wir denn jemals Strukturwandel zulassen? (...) Jetzt ist doch eigentlich der Augenblick!“ Gordon Repinski ergänzte dazu mit Blick auf die neue Bundesregierung: „Wir müssen lernen, Reformen einzugehen. (...) Und da hat diese Regierung, die einen guten Start hatte, (...) verpasst, die Grundlagen dafür zu legen, dass wir über Reformen uns wieder verbessern können.“ (tsch)