„Ich schlüpfe nur in die Rolle”Kölner Dragqueen Pam räumt mit Vorurteilen auf

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Die Kölsche Diva Pam Pengco liebt es auf der Bühne zu stehen.

Köln – Lange Wimpern, ausgefallene Schminke und schrille Perücken: David (32) liebt und lebt den Dragstyle. Seit sieben Jahren verwandelt er sich fast jeden Abend in Dragqueen Pam Pengco.

Nichtsdestotrotz liebt der Kölner es auch, ein Mann zu sein. Im EXPRESS-Interview spricht er über seine Kunst und warum er sich mitten in der eigentlich toleranten Schwulenmetropole nicht traut, allein Bahn zu fahren.

Wie lange sind Sie schon Dragqueen und wie kamen Sie  darauf?

Alles zum Thema Carolin Kebekus

Pam Pengco: Mit dem Namen Pam Pengco, den ich mir ja gegeben habe, mache ich das seit 2013. Als Kölner hat man es ja an Karneval vielleicht schon einmal probiert aber nicht wirklich professionell. Man hat zehn Minütchen gebraucht und war dann fertig. Schließlich möchte ich auch keine Frau sein, ich schlüpfe nur in die Rolle. Dadurch, dass ich auch singe, habe ich mich später von einem Kumpel überreden lassen, das zu machen. Ich habe mein Herz so daran verloren, dass ich recht schnell jede Woche auf der Bühne stand.

Wie kamen Sie auf den Künstlernamen Pam Pengco?

Es ist eigentlich der Name einer philippinischen Sängerin namens Charice Pempemgco. Sie war damals ein YouTube-Star und ich habe sie lange online verfolgt, weil ich auch selber gerne singe. Was ich damals allerdings nicht wusste, ist, dass sie mittlerweile als Jake Zyrus lebt und Trans ist.

Worin liegt für Sie der Reiz, sich als Dragqueen aufzustylen und zu performen?

Der größte Reiz ist einfach, dass ich in eine neue Rolle schlüpfen kann, andere Charaktareigenschaften haben kann und mich so selbstsicherer fühle. Ich kann Sachen machen, die ich mich als Mann überhaupt nicht trauen würde.

Wie sind Sie als Mann privat?

Dragqueen zu sein heißt natürlich, dass ich in diese Rolle schlüpfe, aber ich fühle mich sehr wohl in meinem Männerkörper und das wird auch nicht geändert. Wenn du das ändern möchtest, dann bist du ja Trans und das ist eine ganz andere Geschichte. Meine Stimme würde ich auch überhaupt nicht anders hinkriegen – auch nicht mit Hormonen. Da gibt es überhaupt nichts mehr zu retten in die Höhe.

Inwiefern fühlen Sie sich als Dragqueen sicherer?

Als Mann bin ich deutlich schüchterner. Meine Freunde würden sagen: „Das stimmt nicht, du bist auch als Mann eine Laberbacke.” Ich könnte niemandem ansprechen als Mann, wenn ich denken würde, den finde ich interessant oder nett. Wo Pam hingegen daneben sitzen würde, und sagen würde: „Warum hast du mir noch keinen ausgegeben?”

Wie haben Familie und Freunde auf Ihre Leidenschaft für Drag reagiert?

Meine Freunde sind fast alle aus der Szene, da war es ganz gechillt. Sie freuen sich für mich, dass ich meine Leidenschaft auch beruflich ausleben kann. Blödsinnigerweise habe ich es bei meiner Familie nie über das Herz gebracht, denen das zu sagen – und dann war ich als Dragqueen in der vorletzten DSDS-Staffel dabei. Ich habe mir einfach eingeredet, dass sie es nicht sehen werden. Später habe ich eine sehr süße Nachricht von meiner Mama bekommen, die ich in meinen Shows gerne zitiere. Das war eine sehr schöne Reaktion, deshalb bin ich sehr gesegnet mit meiner Familie. Warum habe ich Blödmann das so lange versteckt? Aber ich kenne auch viele Menschen, die deswegen keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie haben.

Bekommen Sie viel Kritik dafür, dass Sie zum einen schwul sind, und zum anderen den Dragstyle leben?

Es wird immer Leute geben, die etwas dagegen haben, aber an sich verstehe ich nicht wieso. Viele haben Vorurteile und denken, dass nur schwule Männer auch Dragqueens sind. Das stimmt zum Beispiel gar nicht, denn es gibt auch sehr erfolgreiche heterosexuelle Dragqueens. Ich kenne auch eine aus Berlin, die Frau und Kinder hat.

Es hat im Grunde nichts mit der Sexualität oder dem Geschlecht zu tun. Es gibt sogar Frauen, die Dragqueens verkörpern und Spaß daran haben. Auf Instagram & Co. bekomme ich überwiegend positive Resonanz aber manchmal auch homophobe Kritik. Dieser Hass kommt von Menschen, die innerlich ein Problem mit sich selbst haben und das an Minderheiten rauslassen. Ich bin bunt, laut und sichtbar und werde dagegen nichts tun können.

Vor zwei Jahren wurden Sie mit einer Drag-Kollegin in Köln überfallen. Was hat es mit Ihnen gemacht und wie hat sich Ihr Leben seitdem verändert?

Seit dem Überfall auf mich und meine Kollegin Vicky fahre ich selbst in einer Stadt wie Köln nicht als Dragqueen mit der Bahn. Das traue ich mich immer noch nicht und bin ängstlich. Das hat mir gezeigt, wie schnell da was passieren kann. Und deshalb bin ich weiter Dragqueen – um diesen Idioten zu zeigen: „Ihr kriegt uns nicht klein.”

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Beim „Shopping Queen Spezial“ hatten Sie nur fünf Stunden Zeit, um sich passend zum Motto zu stylen. Wie lange brauchen Sie in der Regel, um sich in Pam Pengco zu verwandeln?

Ich muss schon geduscht und rasiert sein, dann brauche ich noch zwei Stunden. Im Laufe der Jahre bin ich schon schneller geworden.

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Und die ganze Schminke und Accessoires kosten eine Menge Geld, weil wir auch den Mann wegschminken müssen. Da braucht man ein bisschen mehr, als das was eine echte Frau benutzt.

Sie waren schon bei „Deutschland sucht den Superstar” und singen auch oft auf der Bühne. Welche Rolle spielt das Singen in Ihrem Leben?

Das Singen hat mich dahin gebracht, wo ich heute bin. Ich wollte immer Sänger werden und habe mich schon mit 15 Jahren in das DSDS-Casting geschmuggelt. Damals konnte ich gar nichts und wurde auch zu Recht nach Hause geschickt. Es hat mir aber früh gezeigt, dass die Bühne etwas für mich ist. Das ist was, was mich glücklich macht und erfüllt.

Haben Sie ein Vorbild?

Carolin Kebekus. Das, was sie macht, würde ich so gerne auch als Dragqueen machen. Erstmal säuft sie Bier und ist auch aus Köln – direkt sympathisch. Verschiedenes Publikum zu erreichen in verschiedenen Städten, Menschen zum Lachen zu bringen und gleichzeitig als Dragqueen noch eine Message mit auf den Weg zu geben. Das wäre so mein Ziel, exakt mein weibliches Pendant. Das ist mein Traum, den ich anstrebe, der natürlich sehr hoch gesetzt ist, aber man weiß es nie. Wenn man das macht, was einem Spaß macht und es auch gut kann, dann führt es auch zu was.