Was ihm Angst macht, was ihn aufregtQueerer Instagram-Star rechnet mit Politik ab

Aljosha Muttardi

Aljosha Muttardi ist für einen EXPRESS QUEER AWARD 2023 nominiert. 

Aljosha Muttardi zeigt klare Kante. Auf seinem Instagram-Kanal und im Gespräch mit EXPRESS.de. Er kämpft für Tierschutz, Rechte von queeren Menschen – und schimpft über die Politik. 

von Simon Küpper (sku)

Er ist das geworden, was ihm selbst gefehlt hat.

Aljosha Muttardi hat in den sozialen Medien längst eine Stimme mit Gewicht. Tierschutz, Rechte von queeren Menschen, Rassismus – er nimmt kein Blatt vor den Mund und vertritt klare Meinungen.

Aljosha Muttardi findet klare Worte zu queeren Themen

Auch deshalb haben ihn die Leserinnen und Leser von EXPRESS.de im Sommer 2023 wohl für den EXPRESS.de-Queer-Award in der Kategorie „Person des Jahres“ nominiert – von unserer Redaktion wird Aljosha dieses Jahr als Sieger in dieser Kategorie ausgezeichnet.

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Am 18. Oktober findet die Preisverleihung der ersten EXPRESS.de Queer Awards in der Bar „Mumu“ in der Kölner Schaafenstraße statt (Eintritt frei, Beginn: 19.30 Uhr). 

Dass er in der Öffentlichkeit mal so politisch werden würde, hätte er selbst nicht gedacht. Eine Wahl bleibt ihm aber nicht.

„Im Endeffekt hat alles angefangen mit veganem Aktivismus. Auf Facebook wurden mir automatisch Schlachtvideos angezeigt, an einem Tag habe ich mal nicht weitergescrollt. Dann habe ich zwei Stunden lang geheult. Das hat etwas in mir ausgelöst und ich habe mich mit dem Thema Tierleid auseinandergesetzt“, erzählt er gegenüber EXPRESS.de.

Immer mehr habe er auch sich selbst hinterfragt und sich irgendwann auch mit seiner sexuellen Orientierung auseinandergesetzt. Aljosha: „Ich habe mir das alles nicht ausgesucht. Ich bin in eine Welt hineingeboren, die mir von vornherein sagt, dass ich so, wie ich bin, ‚falsch‘ bin.“

Er selbst hat gelernt, dass er das nicht ist. Die Welt noch nicht.

LGBTQI+

Diese queeren Stars sind (oder waren) in einer öffentlichen Beziehung

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Dafür kämpft er – und bietet solange anderen das, was ihm selbst fehlte. „Das ist meine Hauptmotivation“, sagt er. „Ich habe mich gefragt: ‚Was hätte ich damals gebraucht, was hätte mir gutgetan?‘“ Die Antwort: Ein „Safe Space“, ein sicherer Ort, wo er sein kann, wie er ist. Völlig wertungsfrei.

Also will er das nun sich und anderen bieten. Aljosha erklärt: „Dass Menschen sich bei meinen Kanälen wohlfühlen, keiner sie verurteilt.“ Mit einer Einschränkung: „Außer, es sind Nazis.“

Denn auch, wenn er solche Orte inzwischen auch außerhalb findet (etwa zuletzt beim CSD in Köln), macht ihm der Blick in die Politik und die Entwicklung im In- und Ausland Angst. Nicht nur die AfD, auch CSU-Politiker Markus Söder rückt dabei immer wieder in den Fokus der Kritik.

„Söder als Kanzler? Der Gedanke macht mir Angst“, sagt er. Und das spricht er aus. Weil er weiß, dass nicht jeder direkt versteht. „Ich bin queer und habe Migrationshintergrund. Menschen, die nicht dämonisiert werden, können das nicht nachvollziehen, diese Angst. Die Rhetorik, wie sie Politik machen, das beeinflusst unseren Alltag.“

Was ihm am meisten ängstigt: „Dass ich nicht weiß, wo das am Ende hinführt.“

Mit einer CSU-Politikerin saß er kürzlich gemeinsam in einer TV-Show. Sein Fazit: „Sobald sie den Mund öffnen, betreiben sie Wahlkampf. Sie promoten nur sich und die Partei. Und es geht nur darum, Feindbilder zu schüren, von Problemen abzulenken.“

Aljosha Muttardi: „Politiker stellen finanzielle Interessen über die der Allgemeinheit“

Sein Vorwurf: Die eigenen – auch finanziellen – Interessen stehen über denen der Allgemeinheit. „Es gibt aktuell super viele Menschen, die Kriegsgeflüchtete sind, dazu gibt es einen Anstieg an Angriffen auf queere Menschen, einen mega Rechtsruck weltweit. Ich verstehe nicht, dass diese Situation nicht reflektiert wird und man das eigene Ego zur Seite schiebt und überlegt, wie man das ändern kann. Alle leben nur im Hier und Jetzt, weil sie jetzt Geld wollen.“

Er betont: „Ich rede immer viel darüber, wie Dinge sein sollten. Mir ist wichtig: Ich bin weit davon entfernt, frei von Fehlern zu sein, es geht nicht darum, nonstop zu belehren.“

Er setzt sich nicht nur mit anderen kritisch auseinander, auch mit sich selbst. Denn wachsende Zahlen der Menschen, die ihm in den sozialen Netzwerken folgen, erwecken auch in ihm eine Art Erfolgsdruck.

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Er gibt zu: „Mit fällt der Kampf mit der Plattform Instagram auch schwer. Mir wird auch jeden Tag gezeigt, wie gut oder schlecht ich performe. Bei YouTube wird mir in einer Stunde angezeigt, wie mein neues Video in den Top 10 rankt. Diese Plattformen arbeiten gegen einen, weil sie einen antreiben wollen. Deshalb ist es wichtig, immer wieder zu reflektieren: Was ist eigentlich mein Ziel?“

Und dabei stellt er fest: „Natürlich ist es total schön, dass ich in den sozialen Medien Anerkennung bekomme – aber das, was mich glücklich macht, sind die Menschen in meinem Umfeld. Die mich und die ich persönlich kenne.“