Journalisten als Zeugen russischer GräueltatenZoff um ARD-Frontmann Restle und seinen Butscha-Bericht

Ukrainische Soldaten inspizieren die Trümmer einer zerstörten russischen Panzerkolonne auf einer Straße in Butscha, einem Vorort nördlich der Hauptstadt. Während sich die russischen Truppen aus den Gebieten nördlich der ukrainischen Hauptstadt zurückziehen, bezeichnen ukrainische Beamte die schweren zivilen Opfer, die in der Stadt Butscha gefunden wurden, als vorsätzliches Kriegsverbrechen, was internationale Verurteilungen nach sich zieht.

Die Stadt Butscha ist zerstört, Am 3. April dringt die ukrainische Armee in die von den Russen verlassene Zone vor und sieht ein Bild des Grauens.

Die Gräueltaten von Butscha könnten die Sicht auf den Ukraine-Konflikt und Russland nachhaltig verändern. Deshalb ist die Berichterstattung unabhängiger Medien über den Konflikt wichtig. ARD-Frontmann Georg Restle erntete für seine Darstellung allerdings nun massive Kritik der Kollegen.

von Alexander Haubrichs (ach)

Als Redaktionsleiter von Monitor ist Georg Restle (57) für seine treffenden Kommentare und seine scharfen Analysen bekannt. Der ARD-Frontmann spricht oft auch unbequeme Wahrheiten aus. Als Ex-Moskau-Korrespondent war er für den WDR erste Wahl, als es um die Berichterstattung im Ukraine-Krieg ging.

Doch nun hat der Top-Journalist reichlich Ärger mit den Kollegen in Kyjiw am Hals. Es geht um die Berichterstattung über die grausamen Bilder von Butscha. In der Tagesschau am Sonntag, 3. April 2022, hatte Restle, aus Kyjiw geschaltet, gesagt, es sein unmöglich, die Bilder zu verifizieren, da Journalisten nicht in die Sperrzone dürfte.

Entrüstung über falsche Darstellung von ARD-Reporter Restle

Daraufhin gab es auf Twitter einen Sturm der Entrüstung. Denn gleich mehrere deutsche und internationale Reporter hatten es bis nach Butscha geschafft, darunter die Spiegel-Reporter Thore Schröder, Bild-Mann Paul Ronzheimer und Frederik Pleitgen von CNN, der Sohn des früheren WDR-Intendanten Fritz Pleitgen.

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Auch der erfahrene Kriegsreporter Enno Lenze, für das Format „Berlin Story“ vor Ort, war da und kritisiert die Berichterstattung von Restle scharf: „Das Problem: Die Darstellung der ARD ist nun, dass die ukrainische Regierung keine Journalisten nach Butscha lässt und es keine unabhängigen Informationen gäbe. Wasser auf die Mühlen der pro-Putin deppen. Die teilen das gerade alle als Beweis für Vertuschung.“

Vitali Klitschko in Begleitung von Journalisten in Butscha

Offenbar gab es nach Absprache mit den Behörden sehr wohl die Möglichkeit, Zeuge der barbarischen Verbrechen der russischen Armee zu werden. Zudem nahm Kyjiws Bürgermeister Vitali Klitschko Journalisten mit ins Kriegsgebiet. Lenze machte in einem bewegenden Video deutlich, wie wichtig die Arbeit der Kriegsreporter vor Ort ist – gerade angesichts der Desinformation, die durch die russischen Behörden wie auch der Botschaft in Deutschland gestern verbreitet wurden.

Lenze wurde in seinem Video deutlich: „Ich habe Tote auf dem Highway liegen sehen. Zerschossene Autos mit Körper von Leuten, die offensichtlich dahinter Schutz gesucht haben. Die Wagen wurden aber dennoch durchschlagen und die Leute erwischt. Zudem gibt es Räume, die offensichtlich als Folterkammern genutzt wurden.“ Die Kriegsverbrechen seien unübersehbar. „Und zwar an Leuten, die ganz klar Zivilisten waren.“

Georg Restle rudert via Twitter zurück

Restle ruderte später auch zurück. „Zur Klarstellung: Die Orte um Kyjiw sind zu Sperrzonen bis zum 05. April erklärt worden. Journalisten dürfen diese Orte bis dahin nicht betreten. Richtig ist, dass einige es offensichtlich dennoch getan haben. Hätte ich heute in der Tagesschau klarer formulieren sollen.“

Aber auch diese Darstellung befriedet den Zwist nicht. Der ARD-Frontmann hat offenbar einige Kollegen vor Ort mehr als vor den Kopf gestoßen.