Putin immer mehr unter DruckSein Verteidigungsminister überrascht mit Aussage zu Kriegsdauer

Russlands Präsident Wladimir Putin (Mitte) und sein Verteidigungsminister Sergei Schoigu (links) auf einem Archivfoto (2020).

Russlands Präsident Wladimir Putin (Mitte) und sein Verteidigungsminister Sergei Schoigu (links) auf einem Archivfoto (2020): Putins Armee gerät in der Ukraine zunehmend unter Druck, jetzt überrascht Schoigu mit einer Aussage zur Kriegsdauer.

Als Putin im Frühjahr des vergangenen Jahres die Ukraine überfallen hat, ging er davon aus, dass es schnell gehen wird. Innerhalb von Tagen sollte alles vorbei sein. Dem war nicht so, aktuell gerät er immer weiter unter Druck. Nun gibt es eine überraschende Aussage von seinem Verteidigungsminister. 

von Martin Gätke (mg)

Auch der US-Geheimdienst war sich damals sicher: Putins gesamte Ukraine-Strategie war im Frühjahr 2022 darauf ausgelegt, die Ukraine innerhalb der ersten beiden Tage zu erobern. 

Das ist 582 Tage her – und längst ist klar, dass diese Taktik nicht aufgegangen ist. Im Gegenteil: Putin hat hohe Verluste zu verzeichnen. Eine ukrainische Gegenoffensive, die langsam, aber stetig im Süden des Landes in Richtung Asowsches Meer rollt, macht immer mehr Boden gut. Und setzt russische Streitkräfte immer mehr unter Druck. Nun sorgt eine Aussage von Putins Verteidigungsminister Sergej Schoigu für Überraschung.

Russland: Verteidigungsminister spricht über Kriegsdauer

Russland wird offensichtlich immer klarer, dass die gesamte „militärische Spezialoperation“, wie der Krieg dort genannt wird, lange dauern kann. Aktuell läuft die Invasion alles andere als nach Plan, der ukrainische Durchbruch der russischen Verteidigungslinien in Saporischschja dürfte Anlass zu ernsthafter Sorge sein. Die russischen Probleme dürften mit der Lieferung von amerikanischen Präzisionsraketen vom Typ ATACMS noch einmal zunehmen.

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Putin soll seinem Verteidigungsminister bereits ein Ultimatum gestellt haben: Schoigu soll bis Anfang Oktober den ukrainischen Vormarsch stoppen, Gegenangriffe starten, eine ukrainische Stadt einnehmen, berichtet das renommierte Institut für Kriegsstudien (ISW) diese Woche mit Berufung auf Insiderquellen im Kreml.

Am Dienstag veröffentlichten russische Medien ein Video einer Generalversammlung, in der Shoigu den Zeitplan des russischen Krieges gegen die Ukraine erwähnte. Das Video wurde auch von ukrainischen Medien aufgegriffen und kommentiert.

Anton Gerashchenko, Berater im ukrainischen Innenministerium, hatte ebefalls ein Video der Konferenz auf X gepostet:

Schoigu sagte demnach, er habe ehrgeizige Pläne, die Effektivität seiner Truppen, insbesondere der Luftlandeeinheiten, zu steigern. „Wir bauen unsere Kampffähigkeiten weiter aus, indem wir moderne Waffen liefern und die Ausbildung unserer Truppen verbessern, wobei wir die Erfahrungen der ‚speziellen Militäroperation‘ berücksichtigen.“ Und weiter: „Die konsequente Umsetzung des Aktionsplans bis mindestens 2025 wird es uns ermöglichen, unsere Ziele zu erreichen.“

Die genauen „Ziele“, die die russische Führung erreichen will, nannte Schoigu nicht. Am Donnerstag wurde bekannt, dass Russland seine Verteidigungsausgaben bereits 2024 noch einmal um fast 70 Prozent erhöhen will – das Land zeigt sich entschlossen, seine Offensive fortzusetzen.

Die Zahl 2025, die Schoigu nennt, sorgte indes für einiges Aufsehen, vor allem in ukrainischen Medien.

„Russland hofft, dass sich mit US-Wahlen etwas ändern könnte“

Nach Ansicht des Militärexperten Oleksandr Musiienko könnten solche Äußerungen darauf hindeuten, dass Russland sich seiner Schwierigkeiten in der Ukraine immer bewusster ist. Gleichzeitig scheint Russland darauf zu hoffen, dass sich die Lage durch die US-Wahlen zu ihren Gunsten ändern wird.

Vor allem in der Republikanischen Partei wird der Krieg mit einiger Skepsis gesehen. Sollte Donald Trump gewinnen, könnte die US-Hilfsbereitschaft kippen. Eine Befürchtung, die auch NATO-Verbündete wie Deutschland teilen.

„Russland hofft, dass sich mit den Wahlen etwas ändern könnte“, erklärt Musiienko der Nachrichtenagentur „RBC Ukraine“. Sollte Trump oder ein anderer republikanischer Präsidentschaftskandidat gewinnen, könnte der die Ukraine zu Verhandlungen bewegen und Hilfspakete kürzen. „Sie bereiten sich auf einen längeren Krieg vor, solange sie über die Ressourcen und die Fähigkeit verfügen“, erklärte Musiienko weiter.

„Russische Gesellschaft soll auf längeren Krieg vorbereitet werden“

Doch es gibt noch einen weiteren Aspekt: Schoigus Aussage könnte auch darauf hindeutet, dass das russische Volk auf einen längeren Krieg vorbereitet wird. Moskau räumte zuletzt bereits ein, dass es an der Front keine nennenswerten Erfolge erringen kann, die Operation werde aber weitergehen.

„Sie müssen den Krieg fortsetzen, denn alles andere wäre für Putin ein Misserfolg. Für ihn hätte es negativere Folgen, als der russischen Gesellschaft zu sagen, dass es weitergeht.“ Gleichzeitig versuche der Kreml, eine „desorientierte und desillusionierte“ russische Gesellschaft zu beruhigen, indem eine feste Jahreszahl als Frist genannt wird.