„Das ist mein Appell an Präsident Putin“Video von Soldat zeigt, wie krass das Problem in Russland ist

Das Archivfoto aus einem vom russischen Verteidigungsministerium im Mai 2022 veröffentlichten Video zeigt ukrainische Militärangehörige, die nach dem Verlassen des belagerten Stahlwerks Asowstal von prorussischem Militärpersonal durchsucht werden.

Die Verluste innerhalb der russischen Armee sind immens. Das Archivfoto aus einem vom russischen Verteidigungsministerium im Mai 2022 veröffentlichten Video zeigt ukrainische Militärangehörige, die nach dem Verlassen des belagerten Stahlwerks Asowstal von prorussischem Militärpersonal durchsucht werden.

Der Winter naht, die Verluste innerhalb der russischen Armee steigen und steigen – und die Moral der Soldaten sinkt: Knapp 20 Monate nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine hat Putin große Probleme. Das nun veröffentlichte Video eines russischen Soldaten zeigt, wie groß.

von Martin Gätke (mg)

Die Ukraine verteidigt sich weiter tapfer gegen Putins Armee, doch mittlerweile ist der Krieg nahezu zum Stillstand gekommen, es gibt nur noch wenig Bewegung an der Front. Und inmitten immer kälter werdender Temperaturen plagen Putins Armee nicht nur hohe Verluste, sondern auch ein Mangel an Panzern und Moral. 

Das führt zu einer „Renaissance des Infanteriekampfs“, wie der US-Thinktank „Institute for the Study of War“ in seiner Analyse mit Verweis auf einen russischen Militärblogger berichtet. Immer weniger Panzer und schwer gepanzerte Fahrzeuge kämen demnach zum Einsatz, Putin scheint seit Wochen vermehrt auf Frontalangriffe zu setzen. 

Russland nimmt im Donbass hohe Verluste in Kauf 

Seit Oktober lanciert der Kreml eine der größten Offensiven seit Jahresbeginn, versucht, mit aller Gewalt Erfolge zu erzwingen. Vor einigen Wochen hat Russland für größere Angriffe auf die Stadt Awdijiwka im Osten nahe Donezk, mit ihrem strategisch bedeutsamen Industriekomplex, massive Reserven mobilisiert. Und muss an der schwer umkämpften Front riesige Verluste hinnehmen.

Alles zum Thema Wladimir Putin

Zwar konnte Russland durch die Angriffe kleinere Geländegewinne erzielen – aber zu einem hohen Preis. Verschiedene Fachleute sprechen bereits von rekordhohen Verlusten innerhalb kürzester Zeit. Trotzdem versucht Putin weiterhin, Awdijiwka einzunehmen. 

Um Erfolge zu erzielen, nimmt er viele tote Soldaten aus den eigenen Reihen in Kauf – eine blutige Strategie, die auf Dauer jede Menge „Nachschub“ benötigt. Im vergangenen Jahr mobilisierte Moskau 300.000 Männer für den Krieg, Zehntausende davon sind bereits gefallen. Nun deutet vieles auf eine weitere Einberufungswelle in Russland hin. 

Russland: Video von Soldaten zeigt das riesige Problem Putins

Ein russischer Soldat, der bereits in der Ukraine gekämpft hat und eine schwere Augenverletzung davon trug, hat nun ein Video veröffentlicht, in dem er erklärt, die Moskauer Militärführung habe ihm befohlen, in den Krieg zurückzukehren – obwohl er Invalide ist.

Der Clip wurde am Montag (20. November 2023) von „WarTranslated“ auf X (vormals Twitter) geteilt, einem unabhängigen Medienprojekt, das Videos und andere Materialien aus dem Krieg ins Englische übersetzt. Die Echtheit lässt sich nicht unabhängig überprüfen. „WarTranslated“ veröffentlicht häufig Videos von russischen Soldaten, die ihren Unmut gegenüber Putin oder Russlands Kriegsstrategie zum Ausdruck bringen.

Hier das Video ansehen:

„Hallo, das ist mein Appell an Präsident Putin“, erklärt der junge Soldat, der ein Auge verloren hat, in dem Video. Ich bin ein Veteran der SMO [der speziellen Militär-Operation, wie der Krieg in Russland genannt wird, Anm. d. Red.] und ich wurde bei Bachmut sehr schwer verwundet.“

Russischer Soldat im Video: „Ich zeichne diesen Hilferuf auf“

Und weiter: „Ich zeichne diesen Hilferuf auf. Sie wollen, dass ich zur SMO zurückkomme. Ich habe nur 30 Prozent Sehkraft. Nur das rechte Auge ist noch übrig.“ Er brauche Hilfe, weil die Militärführung eine medizinische Diagnose gestellt habe, ohne den Soldaten überhaupt untersucht zu haben.

Der nicht identifizierte Soldat spielt anschließend auf Misshandlungen an, denen er und andere russische Veteranen angeblich ausgesetzt gewesen seien. „Sie wissen, in welchem Zustand wir sind. Und wie sie uns, die Veteranen, behandeln.“ Der Krieg selber mache ihm nichts aus, aber er sei einfach nicht mehr in der Lage zu kämpfen. 

Dass Russland offenbar kampferfahrene Soldaten und auch Invaliden einziehen will, zeigt, wie groß Putins Problem ist. Während intensiver Kampfphasen wie der aktuellen im Donbass fallen Hunderte Menschen pro Tag, der Bedarf nach neuen Soldaten ist gewaltig.