ZDF-SommerinterviewLindner erteilt knallharte Absage: „Dann werden wir binnen weniger Jahre Steuern erhöhen“

Bundesfinanzminister Lindner hat einer Finanzierung neuer Entlastungsmaßnahmen über Schulden zur Linderung der hohen Inflation im ZDF-Sommerinterview erneut eine knallharte Absage erteilt. Außerdem sprach er über seinen Mehrwertsteuer-Plan für den Herbst, um Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Gas-Umlage zu entlasten.

„Die Schuldenbremse ist ein Gebot unserer Verfassung“, sagte der FDP-Vorsitzende am Sonntag (14. August) im ZDF-Sommerinterview. Er könne nicht einfach nach Belieben Ausnahmen davon machen.

Lindner: „Die Schuldenbremse wird ausgesetzt bei einem nicht beeinflussbaren, nicht vorhersehbaren Schock von außen. Nun leben wir aber in der Realität des Ukraine-Kriegs mit seinen wirtschaftlichen Auswirkungen schon länger.“

Auch ein ökonomisches Argument spreche gegen ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse: „Inflation bedeutet, dass der Staat das Seine tun muss, um die Ursachen der Inflation zu bekämpfen. Das geht dadurch, dass er seine Ausgaben, seine Schulden reduziert.“ Denn eine der Ursachen der Inflation sei die Ausgabenpolitik des Staates.

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Christian Lindner im ZDF-Sommerinterview: Verschuldung „nicht mehr kostenfrei“

Die steigenden Zinslasten begrenzten den Spielraum ebenfalls. Die Verschuldung sei heute anders als in den vergangenen Jahren „nicht mehr kostenfrei“, sagte Christian Lindner im ZDF. Der Staat müsse Schulden, die er jetzt aufnehme, in Kürze schon wieder zurückzahlen.

„Nicht alles, was wünschenswert ist, kann finanziert werden“, betonte Lindner. „Denn wenn wir das mit Schulden machen, dann werden wir binnen weniger Jahre Steuern erhöhen müssen, nur um die Schulden der Vergangenheit zu bezahlen. Wir würden unsere Wirtschaft strangulieren.“

Lindner will Verzicht auf Mehrwertsteuer für Gasumlage

Auch Lindners Plan, auf die staatliche Gasumlage keine Mehrwertsteuer zu erheben, war Thema. Lindner hat bei der EU-Kommission um Zustimmung dafür gebeten. Stand jetzt wird auf die staatliche Gasumlage die Mehrwertsteuer fällig – der Staat verdient also mit. Nach europäischem Recht ist das bisher aber nicht vorgesehen. Die Umlage stelle eine zusätzliche Belastung für die Verbraucherinnen und Verbraucher dar, die durch eine Erhebung der Mehrwertsteuer noch verschärft würde, heißt es in dem am Sonntag bekannt gewordenen Schreiben an EU-Finanzkommissar Paolo Gentiloni.

Lindner sagte im ZDF-Sommerinterview, er bemühe sich „nach Kräften“, eine Mehrwertsteuererhebung abzuwenden. Am Montag wird die Höhe der Gasumlage bekannt gegeben. Die Umlage soll ab Oktober von Privathaushalten und Unternehmen gezahlt werden, die Gas verbrauchen.

Die Bundesregierung tue das, „was in unserer Macht steht“, um die nach EU-Recht eigentlich vorgeschriebene Mehrwertsteuererhebung auf die Umlage abzuwenden, so Lindner im ZDF. Es gehe darum, „eine Möglichkeit zu finden, dass dieser solidarische Akt nicht auch noch mit einer Steuer belegt wird und der Staat davon profitiert“, sagte der Bundesfinanzminister.

Lindern verteidigt im ZDF Steuerentlastungspaket

Lindner verteidigte sein auch in den Reihen der Ampel-Koalition kritisiertes Steuerentlastungspaket. Auf der einen Seite gebe es die Bedürftigen, für die viel Geld mobilisiert werde, auf der anderen Seite die „Mitte der Gesellschaft“. Das mittlere Jahreseinkommen liege bei 43 000 Euro. „Und die Leute, die 30.000, 40.000, 50.000 Euro verdienen, das sind nicht die Topverdiener.“

Sie würden im kommenden Jahr aber belastet, wenn der Staat jetzt nichts tun würde. „Ich schlage nichts anderes vor als einen steuerlichen Schutz vor Inflation“, sagte der Finanzminister. (dpa/afp/mg)