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Mehr Freiheiten für Geimpfte?Weltärzte-Chef hat klare Meinung zu hitziger Diskussion

Frank Ulrich Montgomery beim Deutschen Ärztetag auf dem Podium

Frank Ulrich Montgomery beim Deutschen Ärztetag 2019 auf dem Podium.

Die Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt. Vor der erwarteten vierten Welle im Herbst rät Kanzleramtsminister Helge Braun eindringlich, sich impfen zu lassen und schließt mögliche Einschränkungen für Ungeimpfte nicht mehr aus. Lauterbach und Laschet äußern sich.

Berlin. Die Kurve geht wieder nach oben. Seit Tagen steigt die Zahl der Corona-Neuinfektionen wieder. Eine vierte Welle – sie droht im Herbst. Kanzleramtsminister Helge Braun (48, CDU) hat die Menschen daher zur Corona-Impfung aufgerufen. Außerdem kündigte er mögliche Einschränkungen im Herbst für Ungeimpfte an.

Geimpfte werden definitiv mehr Freiheiten haben als Ungeimpfte

Es gebe zwei Argumente für die Impfung, sagte Braun der „Bild am Sonntag“. Die Impfung schütze zu 90 Prozent vor einer schweren Corona-Erkrankung. „Und: Geimpfte werden definitiv mehr Freiheiten haben als Ungeimpfte.“

Solange die Impfstoffe gegen die Delta-Variante so gut helfen, sei ein klassischer Lockdown nicht mehr nötig, sagte Braun. Aber wenn Deutschland eine hohe vierte Welle bekäme, würde das nicht ohne Auswirkungen bleiben.

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„Bei hohem Infektionsgeschehen trotz Testkonzepten würden Ungeimpfte ihre Kontakte reduzieren müssen“, erklärte er. „Das kann auch bedeuten, dass gewisse Angebote wie Restaurant-, Kino- und Stadionbesuche selbst für getestete Ungeimpfte nicht mehr möglich wären, weil das Restrisiko zu hoch ist.“

Auf die Frage, ob das rechtlich zulässig wäre, antwortete Braun mit einem „Ja“. „Der Staat hat die Pflicht, die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zu schützen“, erklärte er. „Dazu gehört ein Gesundheitswesen, das im Winter nicht erneut Krebs- und Gelenkoperationen zurückstellen muss, um Corona-Patienten zu behandeln. Und dazu gehört auch der Schutz derjenigen, die ungeimpft sind.“

So will Helge Braun Corona-Infektionen aus Schulen heraushalten

Wenn die Inzidenz wie erwartet steige, werde es auch sehr schwer werden, die Infektionen aus den Schulen herauszuhalten. „Daher ist für mich ganz klar: Eltern, Lehrer, Hausmeister und Schulbus-Fahrer müssen sich impfen lassen. Wenn diese Gruppen alle geimpft sind, ist die Gefahr für die Kinder geringer.“

Zudem müsse die Maskenpflicht in öffentlichen Bussen und Bahnen und im Schulunterricht konsequent gelten, wo Abstand und Lüftung nicht ausreichten.

Gemischte Reaktion auf Helge Brauns Vorstoß

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, hält es für richtig, wenn gegen das Coronavirus Geimpfte in Deutschland mehr Freiheiten bekommen als Nicht-Geimpfte.

„Es gibt keinen Grund, Geimpften und Immunen ihre Grundrechte weiter vorzuenthalten, nur weil ein paar ewige Skeptiker sich der Impfung entziehen“, sagte Montgomery den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

„Helge Braun hat völlig recht. Es geht ja nicht um Privilegien für Geimpfte, sondern um Grundrechtseinschränkungen“, sagte Montgomery.

Frank Ulrich Montgomery kritisiert Haltung der FDP

Scharfe Kritik übte der Weltärztepräsident an der Haltung der FDP. Wer wie die Liberalen eine Impflicht „durch die Hintertür“ vermute und mehr Rechte für Geimpfte ablehne, bediene „einen primitiven Populismus“ und verstehe „den Begriff der Freiheit nicht richtig“. Eine Impfung nutze nicht nur den Geimpften selbst, sondern der ganzen Gesellschaft, betonte Montgomery. „Nur durch Impfen können wir alle unsere Freiheiten wiedergewinnen.“

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte Brauns Vorstoß zuvor als „Einführung der Impfpflicht durch die Hintertür“ kritisiert. Zudem sei eine solche „Kategorisierung von Grundrechten in eine erste und eine zweite Klasse klar verfassungswidrig“, sagte er den Funke-Zeitungen.

Auch FDP-Generalsekretär Volker Wissing sprach sich nachdrücklich gegen einen Impfzwang aus. „Anstatt mit Impfpflichten oder erneuten Kontaktbeschränkungen zu drohen, sollten die Verantwortlichen lieber alle Hebel in Bewegung setzen, damit die eingeschlafene Impfkampagne wieder Fahrt aufnimmt“, sagte er der „Rheinischen Post“. Konkret schlug Wissing etwa wohnortnahe mobile Impfteams und Impfstationen in Einkaufszentren und Fußgängerzonen vor.

Grüne offen für mehr Freiheiten für Geimpfte

Auch Grünen-Chef Robert Habeck zeigte sich offen dafür, Geimpften mehr Freiheiten zu geben als Nicht-Geimpften. „In dem Moment, wo allen Menschen ein Impfangebot gemacht worden ist, sieht Solidarität so aus: Man muss sich nicht impfen lassen, aber kann nicht damit rechnen, dass alle anderen auf ihre Freiheit verzichten, weil man sich nicht hat impfen lassen“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Konsequenz sei, dass Geimpfte und Genesene zukünftig „unter Umständen mehr Möglichkeiten und Zugänge haben können als Menschen, die sich gegen eine Impfung entschieden haben“. Ausnahmen forderte Habeck für alle, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können. Grundsätzlich müsse jedoch die Impfkampagne beschleunigt werden. So müssten etwa Sprach- und Informationsbarrieren abgebaut werden.

Mehr Freiheiten für Geimpfte: Jetzt äußern sich Laschet und Lauternach

Via Twitter hat sich jetzt auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zu dem Freiheiten für Geimpfte geäußert. In einem Tweet erklärt er: „Wenn die Fallzahlen im Herbst stark steigen sind die Schnelltests nicht genau genug für die vielen positiven Gäste im Innenraum. Dann ist die Begrenzung auf Geimpfte und Getestete keine Diskriminierung mehr, sondern medizinisch notwendig.“

Kanzlerkandidat Armin Laschet hingegen ist steht nicht hinter der Idee, im Notfall Geimpften mehr Freiheiten zu geben. „In einem freiheitlichen Staat gibt es Freiheitsrechte, nicht nur für bestimmte Gruppen“, betonte er. Das Ziel müsse sein, die Pandemie so zu bekämpfen, dass alle Freiheits- und Grundrechte wieder in Kraft gesetzt werden.

Dafür sei eine hohe Impfquote wichtig. „Und ich finde, wir müssen jetzt alles tun zu überzeugen, dass sich mehr impfen lassen“, sagte Laschet. „Wenn wir dann im Herbst sehen, die Impfquote ist immer noch viel zu niedrig, finde ich, muss man dann weiter nachdenken. Aber nicht jetzt.“ (dpa/mie)