Energiekrise, InflationProfessor für Luxus über neue Statussymbole – und Fake-Handtaschen

Kunden stehen am 2. Mai 2020 Schlange vor dem Luxus-Modeladen Louis Vuitton in Wien.

Hält in der Krise der Boom der Luxusmarken (das Symbolfoto vom Mai 2020 zeigt eine Edelboutique in Wien) an?

Fernando Fastoso ist Deutschland erster Professor für Luxus. Er erklärt, was in der gegenwärtigen Krise wahre Statussymbole sind.

von Andrea Kahlmeier (ak)

Kein Witz! In Deutschland gibt es seit kurzem den ersten Lehrstuhl für Luxus. Aber was sind in Zeiten von Krieg und Inflation eigentlich noch Statussymbole? Kann man mit dem SUV oder dem Selfie auf den Malediven noch protzen?

Luxus-Professor Fernando Fastoso weiß, wie sich Begehrlichkeiten im Laufe der Zeit verändert haben. Wenn die Geissens, diese „schrecklich glamouröse Familie“, im TV die Kreditkarten zücken, amüsieren sich viele nur noch über die Luxus-Clowns aus Köln. Kein Wunder: „Der bloße Besitz eines teuren Guts ist kein Statussymbol mehr“, erklärt Luxus-Professor Fernando Fastoso im Gespräch mit EXPRESS.de.

Fastoso nennt als Beispiel Champagner. Einen teuren Champagner einer bekannten Marke könnten sich viele Menschen ab und an schon mal leisten. Gefragt sei deshalb viel mehr die Flasche von kleinen, weniger bekannten Winzern, um im Freundeskreis zu punkten: „Auch exklusiv, auch hochpreisig, aber authentischer – und raffinierter.“

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Doch der Luxus geht im Wandel der Zeit noch weiter: „Wir beobachten Entwicklungen, dass immer mehr Menschen den Sinn von Besitz in Frage stellen“, so Fastoso. „Die Generation Z will lieber etwas erleben als besitzen.“ In Zeiten der Nachhaltigkeit sei zudem gebrauchter Luxus „en vogue" bei jungen Menschen.

Energiekrise, Inflation: Geschäft mit „Luxus zum Mieten“ boomt

Gleiches gelte für Luxusprodukte, die man heute auch mieten kann. Die Zahlen sprechen für sich: Mittlerweile hat der Markt für gebrauchte Luxusartikel ein Volumen von 21 Milliarden Euro erreicht, belegt eine aktuelle Studie der Boston Consulting Group BCG.

Fernando Fastoso hat an der Hochschule Pforzheim eine Stiftungsprofessur für Brand Management.

Fernando Fastoso (hier auf einem undatierten Bild) sitzt im Audimax der Hochschule Pforzheim.

Markenexperte Fastoso glaubt, dass insbesondere der Mittelstand sich in Zeiten von Krieg, Energiekrise und Inflation zweimal überlege, welche überflüssigen Ausgaben er fortan noch tätigen werde.

„Reisen, Restaurantbesuche oder das Handy-Upgrade werden für viele Menschen zum Außergewöhnlichen – und somit zum Luxus“, prognostiziert er. „Wir werden stärker als vorher das Notwendige über das bloße Angenehme stellen.“

Diese Eigenschaft ist übrigens typisch deutsch. Hierzulande werde Luxus oft nur als Protz angesehen, was wahrscheinlich mit der protestantischen Tradition zu tun habe, so der Experte. Im Französischen und Italienischen hingegen werde Luxus auch Raffinesse zugesprochen.

Werden wir also ein Volk von Asketen? Nein! Ganz frei machen davon, sich von anderen durch Statussymbole abzuheben, wollen sich viele doch nicht. 2021 stimmten hierzulande in einer Umfrage rund 6,8 Millionen der Befragten (ab 14 Jahre) der Aussage „Ich leiste mir gerne teure Sachen: Luxus macht das Leben schöner“ voll und ganz zu.

Professor Luxus über Fake-Handtaschen und seinen Job

Und, Professor Luxus, macht uns ein täuschend echt aussehendes Fake-Produkt eigentlich weniger glücklich als das Original? Fastoso: „Ein besonderes Produkt sagt Außenstehenden etwas über mich aus, aber auch mir selbst. Daher können besonders gute Fakes zwar andere, aber nicht uns selbst täuschen.“

Was lehrt der Luxus-Professor an der Hochschule Pforzheim eigentlich, Designer-Marken von A bis Z? Fastoso über seine einzigartige Professur: „Der Master in Brand Management zieht Menschen an, die Markenexperten werden wollen. Als Marketingprofessor möchte ich mit den Studierenden Marken und Marketing durchleuchten, ihre Strategien und Wirkung auf Konsumenten und die Gesellschaft im Allgemeinen untersuchen und verstehen.“