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Operation „Spinnennetz“Ukraine-Aktion demütigt Russland zutiefst – Reaktion von Putin spricht Bände

Schwerer Rückschlag für Wladimir Putin: Ukrainische Drohnen durchdringen Russlands tiefstes Hinterland – und richten verheerenden Schaden an. Mehr als 40 Bomber werden zerstört.

Während der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag erklärte, dass Kyjiw an den für Montag geplanten neuerlichen Verhandlungen teilnehmen werde, führten die ukrainischen Streitkräfte zeitgleich ihren wohl bisher größten militärischen Coup durch.

Auf mehreren russischen Flugplätzen, mitunter tausende Kilometer von der Grenze entfernt, schlugen ukrainische Drohnen ein – und zerstörten nach ukrainischen Angaben dutzende Kampfflugzeuge, darunter auch strategische Bomber und das so seltene wie teure Aufklärungsflugzeug des Typs A-50. „Mehr als 40“ Flugzeuge seien auf den russischen Stützpunkten attackiert worden, hieß es aus Kyjiw.

Großangriff folgt auf Raketenangriff und Entgleisungen

Der Schaden für Russland soll enorm sein – von rund zwei Milliarden US-Dollar war am Sonntag bei ukrainischen Medien zunächst die Rede. Später hieß es, der ukrainische Sicherheitsdienst (SBU) taxierte die russischen Verluste derzeit auf einen Gesamtwert von mehr als sieben Milliarden US-Dollar. „34 Prozent der strategischen Marschflugkörperträger auf den wichtigsten Flugplätzen der Russischen Föderation wurden getroffen“, hieß es in einer Mitteilung aus Kyjiw am Abend. Mehr Details sollen am Montag bekannt gegeben werden. 

Alles zum Thema Wladimir Putin

Der Großangriffe auf die Luftwaffe von Kremlchef Wladimir Putin war der Höhepunkt einer am Sonntag extrem dynamischen Lage. Zunächst waren in Russland in der Nacht zu Sonntag zwei Züge entgleist – der Kreml warf der Ukraine daraufhin Sabotage vor. Kurz darauf kamen dann Meldungen aus der Ukraine: Bei einem russischen Raketenangriff auf eine ukrainische Ausbildungseinheit habe es mindestens zwölf Todesopfer und viele Verletzte gegeben. Dann folgte der ukrainische Großangriff. 

Der ukrainische Sicherheitsdienst (SBU) informierte offen über die spektakuläre Attacke und spielte ukrainischen Medien schnell Videoaufnahmen und Stellungnahmen zu. Es handele sich um die Operation „Spinnennetz“, die mehr als ein Jahr lang geplant worden sein soll. Nicht nur das Ausmaß, sondern auch die Methode ist dabei ein Novum seit Kriegsbeginn.

„Operation Spinnennetz“ trifft Putins Luftwaffe

Bereits zuvor hatte es Angriffe mit ukrainischen Langstreckendrohnen auf Stützpunkte in Russland gegeben. Diesmal lief es anders: Schnell kursierten Videos, auf denen LKWs zu sehen waren, von denen Drohnen starteten – und zwar in der direkten Umgebung der attackierten Flugplätze. Unabhängig überprüfen lassen sich die Aufnahmen derzeit nicht. 

Russische Staatsmedien, die am Sonntag äußert spärlich über den Großangriff berichteten, bestätigten den Einsatz der Fahrzeuge jedoch. Auf manchen der Videos waren Versuche erkennbar, die immer weiter aus den LKW starteten Drohnen mit Stöcken oder bloßen Händen zu stoppen – ohne Erfolg.

Drohnen starteten offenbar aus LKW nahe russischer Stützpunkte

„Das ist ein Wendepunkt“, sagte eine Quelle im SBU der „Kyiv Post“. Die ukrainischen Drohnen könnten nun „weit in den Rücken des Feindes vordringen, von wo aus die Flugzeuge starten, die Bomben auf unsere Zivilisten abwerfen“, hieß es weiter. Die „Straflosigkeit“ für die zuletzt heftigen russischen Luftangriffe auf die Ukraine sei somit vorbei. 

„41 strategische und militärische Transportflugzeuge der russischen Streitkräfte auf vier Stützpunkten“, seien beschädigt oder zerstört worden, berichtete unterdessen der Chefredakteur der ukrainischen Nachrichtenwebsite „Censor.net“, Jurij Butosow, in seinem Telegram-Kanal unter Bezug auf Quellen bei den Streitkräften.

Der SBU veröffentlichte dieses Foto vom Leiter des ukrainischen Sicherheitsdienstes, Vasyl Malyuk, beim Betrachten einer Karte, die offenbar russische Flugplätze zeigt.

Der SBU veröffentlichte dieses Foto vom Leiter des ukrainischen Sicherheitsdienstes, Vasyl Malyuk, beim Betrachten einer Karte, die offenbar russische Flugplätze zeigt.

Das genaue Ausmaß der Zerstörung solle nun mit Satellitenbildern ermittelt werden, hieß es weiter von Butosow, der auch weitere Details zum Großangriff berichtete. Die ukrainischen Drohnen seien „über russische Telekommunikationsnetze gesteuert“ worden, eine „automatische Zielerfassung“ habe dann für die Koordination der Flugobjekte gesorgt. Mehr als 100 Drohnen seien demnach nahe der vier russischen Flugplätze gestartet worden, hieß es weiter. 

Coup der ukrainischen Streitkräfte: „Das wird in Lehrbücher eingehen“

Auch die Sicherheitsexpertin Maria Avdeeva gab Einblicke in das Vorgehen der ukrainischen Streitkräfte: „Das wird in die Lehrbücher eingehen“, schrieb Avdeeva bei X. „So etwas wurde noch nie zuvor gemacht.“ Die Ukraine habe vor dem Großangriff heimlich Drohnen und mobile Holzkabinen nach Russland verbracht, erklärte die Expertin. Die Flugobjekte seien dafür unter den Dächern der Kabinen versteckt worden, die später auf Lastwagen montiert worden seien, berichtete Avdeeva und veröffentlichte entsprechende Fotos.

„Auf ein Signal hin öffneten sich die Dächer ferngesteuert“, erklärte sie weiter. „Dutzende Drohnen starteten direkt von den Lastwagen und griffen strategische Bomber an.“ Der Schaden für den Kreml sei „enorm“, führte sie aus. „Russland kann diese Bomber nicht mehr produzieren.“

Schweigen im Kreml: Putins Reaktion spricht Bände

Im Kreml herrschte unterdessen zunächst Schweigen. Weder Präsident Putin noch die üblichen Moskauer Lautsprecher wie Ex-Präsident Dmitri Medwedew, der regelmäßig mit schrillen Drohungen auffällt, meldeten sich zu Wort. Das Verteidigungsministerium bestätigte lediglich „Terroranschläge“ auf russischen Flugplätzen, bei denen „mehrere Flugzeuge“ in Brand geraten seien, und meldete die Festnahme von Tatverdächtigen.

Moskau hatte zuvor seine Verzögerungstaktik aus den letzten Wochen fortgesetzt und erneut für die Ukraine inakzeptable Bedingungen für einen Waffenstillstand aufgestellt. „Für die Dauer der Waffenruhe ist es zumindest erforderlich, dass die westlichen Länder die Waffenlieferungen an das Kyjiwer Regime einstellen und die Ukraine ihre Mobilmachung beendet“, sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja in einer auch in Moskau vom Außenministerium verbreiteten Rede vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York.

Russland stellt erneut für Ukraine inakzeptable Bedingungen auf

Davon, dass Russlands selbst die Waffenlieferungen seiner Verbündeten oder die Mobilmachung seiner Streitkräfte pausieren werde, war nicht die Rede. Andere Wortmeldungen aus Moskau unterstrichen derweil, dass Putin und der Kreml trotz geplanter Gespräche keinerlei Interesse an Kompromissen hat.

Die Ukraine werde „ohne Saporischschja, Dnipropetrowsk, Sumy Charkiw, Odessa und Mykolajiw“ enden, wenn sie die russischen Bedingungen nicht akzeptiere, drohte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der Duma, Andrei Kartapolow, laut russischen Staatsmedien mit neuen Eroberungen. Dass die Ukraine die kolportierten Bedingungen annimmt, gilt als ausgeschlossen. 

Verhandlungen in Istanbul für Montag geplant

Wie die geplanten Gespräche am Montag in Istanbul nach dem massiven Angriff der Ukraine verlaufen werden, ist ebenfalls völlig offen. US-Präsident Donald Trump hatte in den letzten Wochen immer wieder auf Gespräche zwischen Kyjiw und Moskau gedrängt, bisher gab es dabei jedoch keine maßgeblichen Erfolge. Ob die Ukraine die USA vorab über den Großangriff am Sonntag informiert hat, blieb am Sonntag unterdessen unklar. Die US-Medien „Axios“ und „CBS“ machten dazu widersprüchliche Angaben. 

Dass es sich um einen für Putin und Russland verheerenden Angriff gehandelt hat, ist derweil offensichtlich. In den Telegram-Kanälen der Kriegsblogger sei von „Russlands Pearl Harbor“ die Rede, berichtete etwa Leonid Wolkow, ein langjähriger Weggefährte des ermordeten Kremlgegners Andrej Nawalny, bei X.

Putins Kriegsblogger sprechen von „Russlands Pearl Harbor“

Der Vergleich sei jedoch nicht angemessen, befand Wolkow. Russland könne die erlittenen Verluste nicht so leicht ausgleichen, wie die USA nach dem japanischen Angriff auf Hawaii im Jahr 1941. Deshalb handele es sich nicht um ein „russisches Pearl Harbor, sondern darum, dass der große geopolitische Stratege Putin wie ein ungezogenes Kätzchen gedemütigt wurde“, fügte Wolkow an. 

Mit Garri Kasparow stimmte dieser Einschätzung ein weiterer Kremlkritiker zu: Der Ukraine sei der „bisher größte Militär- und Geheimdienst-Coup“ seit Kriegsbeginn gelungen, schrieb der ehemalige Schachweltmeister bei X. Der Großangriff diene auch als „Erinnerung daran, dass die Ukraine militärische Ziele angreift, während Russland Drohnen in Einkaufszentren und Wohnhäuser schleudert“, fügte Kasparow an. 

Zunächst keine Reaktion von Donald Trump

US-Präsident Trump reagierte unterdessen zunächst nicht auf die offenbar erfolgreichen ukrainischen Schläge gegen Putins Luftwaffe im Vorfeld der von ihm gewünschten Verhandlungen. Zuletzt hatte Trumps Sondergesandter Keith Kellogg jedoch für Wirbel gesorgt. In zwei Interviews hatte der US-Vertreter am Wochenende Verständnis für Putin gezeigt und die Forderungen des Kremls nach einem Ende der Nato-Osterweiterung als „berechtigte Sorge“ Russlands bezeichnet – und war dafür in Europa wegen der angeblichen Verbreitung von „Kreml-Propaganda“ in die Kritik geraten. 

Mit Ben Hodges meldete sich am Sonntag jedoch auch eine prominente Stimme aus dem US-Militär zu Wort – und verpasste Trump prompt einen Nadelstich. Der US-Präsident hatte zuletzt mehrfach behauptet, der ukrainische Präsident Selenskyj habe im Vergleich zu Russland „keine Karten“ auf der Hand.

Hodges, der ehemalige Oberbefehlshaber der US-Armee in Europa, sieht das anders: „Offenbar hat Präsident Selenskyj einige Trümpfe auf der Hand“, schrieb der ehemalige Top-General am Sonntag bei X zu Fotos von dichten Rauchwolken über russischen Luftstützpunkten. (ds)