Weil es nicht unter Folie versteckt warLGBTQI+-Jugendbuch: Händler in Ungarn muss Geldstrafe zahlen

Jugendbücher liegen stapelweise auf einem Tisch.

Eine ungarische Buchhandelskette hat wegen eines LGBTQ-Jugendbuches eine hohe Geldstrafe bekommen (Symbolbild von der Leipziger Buchmesse von März 2017). 

In Ungarn hat eine Buchhandelskette ein Buch über zwei verliebte Jugendliche veröffentlicht. Nun muss sie dafür eine hohe Geldstrafe zahlen.

Das Regierungsamt der Hauptstadt Budapest hat eine ungarische Buchhandelskette wegen eines Comic-Buchs für Jugendliche mit LGBTQ-Thematik mit einer Geldstrafe in Höhe von 12 Millionen Forint (32.000 Euro) belegt. Dies bestätigte der Kreativ-Direktor des Buchvertriebs Lira, Krisztian Nyary, am Freitag (14. Juli 2023) der Deutschen Presse-Agentur.

„Das ist die höchste Strafe, die je gegen ein Buchhandelsunternehmen in Ungarn verhängt wurde“, sagte Nyary. Die Abkürzung LGBTQ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und andere nicht-heterosexuelle Menschen.

Ungarn: LGBTQ-Bücher dürfen erst ab 18 Jahren verkauft werden

Seit zwei Jahren gilt in Ungarn ein sogenanntes „Kinderschutzgesetz“, das Homosexualität fälschlicherweise mit Pädophilie gleichsetzt. Es schreibt Buchhandlungen vor, dass Bücher, die Homosexualität, Transsexualität, Geschlechtsanpassungen oder „Sexualität aus Selbstzweck“ in irgendeiner Weise ansprechen, nicht in der Abteilung für Jugendbücher angeboten werden dürfen und in Folie verpackt werden müssen, damit darin nicht geblättert werden kann. Derartige Inhalte dürfen dem Gesetz nach Menschen unter 18 Jahren nicht zugänglich gemacht werden.

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Die Strafe bezieht sich auf das Jugend-Comicbuch „Heartstopper“ von Alice Oseman, von dem Lira eine ungarische Übersetzung im Angebot hat. Das für Jugendliche ab 14 Jahren empfohlene Buch handelt von zwei Teenager-Jungen, die sich ineinander verlieben.

Lira werde den Strafbescheid mit allen rechtlichen Mitteln bekämpfen, sagte Nyary. Bisher habe man keine Bücher mit LGBTQ-Thematik abgesondert verkauft und in Folie verpackt. „Wir hielten dieses Gesetz mit seinen allgemeinen Bestimmungen für unanwendbar“, so Nyary. „Zwei Jahre ist auch nichts passiert.“

Ungarns größte Buchhandelskette, Libri, begann in den vergangenen Tagen, Bücher, die unter das Anti-LGBTQ-Gesetz fallen könnten, in Folie zu verpacken. Vor wenigen Wochen hat eine regierungsnahe Stiftung einen Mehrheitsanteil an dem Unternehmen erworben.

Die EU-Kommission hatte Ungarn Ende vergangenen Jahres wegen des sogenannten „Kinderschutzgesetz“ vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Unter anderem sieht sie die Informationsrechte von Jugendlichen eingeschränkt, was gegen EU-Grundrechte verstoßen würde. (dpa/eg)