Quittung fürs RauchenImmer mehr Deutsche haben Tumore und Lungenschäden

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In Deutschland rauchen immer weniger Menschen. Im Gegensatz dazu, ist die Zahl der Langzeit-Raucher gestiegen, die schwere gesundheitliche Probleme haben. Das Symbolfoto wurde im Jahr 2018 aufgenommen.

Wiesbaden – Rauchen gefährdet die Gesundheit. Das ist wohl jedem klar. Doch Langzeit-Raucher bekommen heute die Quittung. Die Zahl der Raucher in Deutschland – die unter Atemwegstumoren oder Lungenschäden leiden – steigt, wie das Statistische Bundesamt am Freitag (28. Mai) berichtete. 

  • Immer weniger Menschen in Deutschland rauchen
  • Die Zahl der Langzeit-Raucher mit schlimmen Erkrankungen ist hingegen gestiegen
  • Tabakkonsum soll langfristig mehr eingedämmt werden

Immerhin: Die totale Zahl der Raucher ist in Deutschland nach wie vor rückläufig. Zum Weltnichtrauchertag am Montag (31. Mai) fordern Gesundheitsorganisationen jetzt mehr Engagement der Politik. Ein tabakfreies Deutschland bis 2040 sei „keine Utopie“.

In Deutschland rauchen immer weniger Menschen

Zuerst die gute Nachricht: Der Tabakverbrauch pro Kopf in Deutschland sinkt. Konsumierte beispielsweise 2011 im Schnitt noch jeder Erwachsene 1305 Zigaretten, waren es 2020 nach vorläufigen Zahlen 1063 – ein Rückgang um 19 Prozent, wie die Wiesbadener Statistiker berechneten. Aber noch immer rauchen laut Mikrozensus 2017 gut jeder vierte Mann (26 Prozent) und fast jede fünfte Frau (19 Prozent).

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Der Blick in die Krankenhäuser zeigt ein schlimmes Bild: Laut Statistischem Bundesamt wurden 2019 insgesamt 458.000 Menschen in Deutschland wegen einer raucherspezifischen Erkrankung stationär behandelt. Das waren 18 Prozent mehr als 2010. 211.300 Fälle waren auf einen Lungen- und Bronchial-, Kehlkopf- oder Luftröhrenkrebs zurückzuführen, 246.700 auf eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD).

Knapp 77.600 Menschen in Deutschland starben der Statistik zufolge 2019 an den Folgen von Erkrankungen, die mit dem Rauchen in Verbindung gebracht werden. Lungen- und Bronchialkrebs war mit rund 45.000 Todesfällen die dritthäufigste Todesursache insgesamt, COPD mit mehr als 31 000 Gestorbenen die sechsthäufigste.

Immer mehr Langzeit-Raucher haben nun mit schlimmen Folgeschäden zu kämpfen

Weniger Raucher, mehr Gesundheitsschäden – was auf den ersten Blick wie ein Widerspruch aussieht, ist nur ein zeitlicher Verzug: „Der Anstieg der tabakrauchbedingten Klinikaufenthalte ist auf das Rauchverhalten der letzten Jahrzehnte zurückzuführen“, erklärt Martina Pötschke-Langer, Vorstandsvorsitzende des Aktionsbündnis Nichtrauchen. Eine Generation langjähriger Raucher erlebe „heute die Quittung für ihren Konsum“.

Rauchen: Corona als weiteres Risiko

Mit der Corona ist ein weiteres Raucher-Risiko hinzugekommen, darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DPG) hin: Ob sich Raucher leichter mit dem Coronavirus infizieren sei unklar – schwere oder gar tödliche Verläufe seien aber eindeutig häufiger.

Den sieben aktuellsten Meta-Analysen zufolge erhöhe Tabakrauchen das Risiko für schwere Krankheitsverläufe; das Risiko, an der Infektion zu versterben, sei bei Rauchern um ein Drittel bis die Hälfte höher.

Rauchen: Auch E-Zigaretten sind gesundheitsschädlich

E-Zigaretten sind aus Sicht von Lungenärzten keine gute Alternative: Die gesundheitliche Gefahr bei E-Zigaretten sei hoch, weil dabei Giftstoffe wie Blei und Chrom in die Lunge und ins Blut aufgenommen werden könnten, warnt die DPG.

Die Vielzahl beigemischter Substanzen und Geschmacksstoffe mache eine Qualitätskontrolle kaum möglich. Zudem konsumierten viele Raucher, die auf E-Zigaretten umstiegen, auch weiterhin Tabak. Für E-Zigaretten sollten daher die gleichen Beschränkungen und steuerlichen Regeln gelten wie für Tabakzigaretten, fordert die DPG.

Rauchen: Langfristige Anti-Rauch-Strategie soll Bevölkerung schützen

Deutschland sei europäisches Schlusslicht in der Tabakkontrolle, kritisiert Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ): „Die Politik muss sich klar dazu bekennen, den Tabakkonsum einzudämmen und so die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.“ 

Gemeinsam mit mehr als 50 weiteren Gesundheitsorganisationen hat das DKFZ eine „Strategie für ein tabakfreies Deutschland 2040“ vorgelegt.

Konkret sollen in 20 Jahren weniger als fünf Prozent der Erwachsenen und weniger als zwei Prozent der Jugendlichen Tabakprodukte oder E-Zigaretten konsumieren.

Die Autoren sind überzeugt: „Das ist keine Utopie“ und machen konkrete Vorschläge, wie das erreicht werden könnte – mit Werbeverboten und Einheitsverpackung, eingeschränkter Verfügbarkeit und Steuererhöhungen, besserer Information und kostenlosen Hilfsangeboten.

Rauchen: Weltweit rauchen 1,1 Milliarden Menschen

Global gesehen sieht die Lage nicht besser aus: Die Zahl der Tabakkonsumenten steigt, weltweit gibt es 1,1 Milliarden Nutzer, wie eine am Freitag (28. Mai) im Fachmagazin „The Lancet“ vorgestellte Analyse zeigt.

2019 hatte das demnach rund 7,7 Millionen Todesfälle zur Folge. Die Autoren haben mehr als 3500 Einzelstudien aus über 200 Ländern ausgewertet. „Rauchen ist einer der größten Risikofaktoren für die Gesundheit, doch Tabakkontrolle ist in vielen Ländern erbärmlich unzureichend“, kritisiert Emmanuela Gakidou von der University of Seattle (US-Bundesstaat Washington) in „The Lancet“. (dpa)