Letzte entsetzliche EntscheidungWeltärztebund-Chef: „Wir alle bereiten uns auf eine Triage vor“

Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages (hier zu Beginn des 122. Deutschen Ärztetages am 28. Mai 2019) sagt: Montgomery schlägt Alarm: „Wir alle bereiten uns auf eine Triage vor.“

Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages (hier zu Beginn des 122. Deutschen Ärztetages am 28. Mai 2019) schlägt Alarm: „Wir alle bereiten uns auf eine Triage vor.“

Die Corona-Infektionszahlen brechen täglich Rekorde, die Situation in den Schulen verschärft sich, Krankenhäuser sind am Limit. Weltärztebund-Chef Frank Ulrich Montgomery schlägt daher Alarm. Sein düsteres Szenario.

Angesichts der stark steigenden Zahl von Corona-Infizierten spitzt sich die Lage in den Krankenhäusern dramatisch zu. Es droht ein schlimmes Szenario. Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, schlägt Alarm: „Wir alle bereiten uns auf eine Triage vor“, sagte Montgomery den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitag).

Die Ärzte versuchten alles, um diese letzte entsetzliche Entscheidung abzuwenden. „Aber angesichts der steigenden Infektionszahlen müssen sich die Kliniken vorbereiten“, sagte Montgomery.

Triage: Mediziner müssen über Leben und Tod entscheiden

Triage bedeutet, dass Mediziner aufgrund von knappen Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen. Am Freitag (9 Uhr) will sich die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) auf einer Online-Pressekonferenz zur Priorisierung und Triage bei Covid-19 äußern.

Alles zum Thema Corona

Auch am Freitag, 26. November 2021, registrierte das Robert Koch-Institut mit 76 414 einen Höchststand an Corona-Neuinfektionen in 24 Stunden.  Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und RKI-Präsident Lothar Wieler wollen an diesem Freitag (10.00 Uhr) in der Bundespressekonferenz in Berlin Stellung zur Corona-Lage nehmen.

Corona: Bundeswehr bereitet Flüge zur Verlegung von Intensivpatienten vor

Um die Kliniken zu entlasten, bereitet die Bundeswehr ab Freitag, 26. November 2021, Flüge zur Verlegung von Intensivpatienten vor. Die Luftwaffe hält zwei Flugzeuge für den Hilfseinsatz bereit. Im Rahmen des sogenannten Kleeblatt-Systems sollen Covid-19-Patienten bundesweit verteilt werden können, wenn in einzelnen Regionen der Kollaps von Krankenhäusern droht.

Vereinzelt wurden schon am Donnerstag, 25. November 2021,  Patienten in andere Bundesländer gebracht, zum Beispiel aus Thüringen nach Niedersachsen.

Montgomery geht das nicht weit genug. Er fordert die Verlegung von Kranken ins europäische Ausland: „Die systematische Verlegung von Covid-Patienten ins Ausland muss jetzt eingeleitet werden. Dabei muss auch die Bundeswehr helfen.“

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, beklagte die Auswirkungen von abgesagten Operationen. Die Folgen für die Patienten jenseits der Pandemie seien ebenso dramatisch wie tragisch. 75 Prozent aller Krankenhausstandorte mit Intensivstationen meldeten heute einen nur noch eingeschränkten Betrieb. „Konkret heißt das, dass wir wie im Januar 2021 erneut fast jeden dritten Patienten im Regelsystem nicht versorgen können“, schrieb er in einem Gastbeitrag für die „Rheinische Post“ (Freitag). „Wir werden rund 20 Prozent weniger Darmkrebs-Operationen durchführen und etwa sieben Prozent weniger Operationen bei Frauen mit Brustkrebs“, schrieb Gaß. Die Situation, auf eine Warteliste gesetzt zu werden, sei für jeden einzelnen Krebspatienten psychisch und körperlich schwer zu ertragen.

ARD-„Morgenmagazin“: Das sagen Bürger zu aktuellen Corona-Regeln

Bei den Bürgern stoßen die aktuellen Regelungen zur Corona-Bekämpfung auf ein geteiltes Echo. Laut dem „Deutschlandtrend“ für das ARD-„Morgenmagazin“ halten 53 Prozent der Bevölkerung das neue Infektionsschutzgesetz ohne die Möglichkeit von Lockdowns, Schulschließungen oder Ausgangssperren für richtig. 40 Prozent finden es der Umfrage zufolge falsch.

Gerade der Aspekt der Schulschließungen könnte noch wichtig werden. Dem Wochenbericht des Robert Koch-Instituts vom Donnerstagabend zufolge kommt es in Schulen wieder deutlich häufiger zu Corona-Ausbrüchen. „Nach einem kurzzeitigen Rückgang während der Herbstferien wird jetzt ein sehr rascher Anstieg beobachtet.“ Demnach seien zuletzt innerhalb von vier Wochen 1265 Ausbrüche gemeldet worden, hieß es. Die letzten zwei Wochen seien aber noch nicht bewertbar. Jüngere Schüler treffe es im Schnitt öfter als ältere.

Ärzteverband appelliert an Solidarität aller Bürger

Der Ärzteverband Marburger Bund rief angesichts der kritischen Lage in vielen Kliniken alle Bürger eindringlich dazu auf, eine weitere Corona-Ausbreitung abzuwenden. Es gelte, dieser verhängnisvollen Entwicklung Einhalt zu gebieten – durch „praktizierte Solidarität mit den Mitmenschen“ und mit denen, die in den Krankenhäusern Patienten versorgten und zunehmend an das Ende ihrer Kräfte gelangten, heißt es in einem Appell des Verbands.

„Wir alle dürfen dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen. Gemeinsam können wir die vierte Welle brechen“, erklärte der Marburger Bund. Daher sollten Bürger sich impfen lassen, Kontakte auf ein notwendiges Minimum reduzieren, Gedränge und Großveranstaltungen meiden und Regeln zu Abstand und Masken beachten. (afp/dpa)