Beleidigt, beschimpft, bedrohtQuerdenker setzen Lehrkräfte unter Druck

Eine Lehrerin schreibt in einer Grundschule Worte an eine Tafel.

Lehrerinnen und Lehrer werden immer häufiger beleidigt und bedroht. Das Symbolfoto zeigt eine Lehrerin, die im Mai 2019 in einer Grundschule Worte an eine Tafel schreibt.

Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland sind immer häufiger das Ziel von Gegnern der Corona-Maßnahmen. Die Lehrkräfte werden beleidigt, beschimpft und bedroht.

Es sind schockierende Aussagen. Immer häufiger sind Lehrkräfte das Ziel von Beleidigungen und Hetze. Sie werden in Briefen beleidigt oder beim Elternabend beschimpft. Einige Lehrerinnen und Lehrer werden sogar bedroht. Das ergab die Umfrage einer Organisation, die sich für Lehrkräfte einsetzt.

Kaum ein Thema wird in der Pandemie emotionaler diskutiert als Corona-Maßnahmen an Schulen und Kitas. Oft belassen es die Gegner nicht bei Wörtern: Die Regierung berichtet nun von konkreten Drohungen und Aktionen von sogenannten Querdenkern im Schulumfeld.

Querdenker und Reichsbürger nehmen Schulen und Kitas ins Visier

Demnach haben sogenannte Querdenker, Reichsbürger und Selbstverwalter nach Angaben der Bundesregierung auch Schulen und Kitas ins Visier genommen. Der Regierung sei bekannt, dass Gegner der Corona-Maßnahmen und der Impfkampagne in einzelnen Fällen vor Schulgebäuden demonstrierten und „dabei zuweilen auch das Zwiegespräch mit Schülern suchten“. Das ergab sich aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. „Hierbei handelte es sich zum Teil auch um führende Personen der „Querdenken-Bewegung““, schreibt das Ministerium weiter.

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Zudem berichtet die Regierung von Briefen, E-Mails und Drohschreiben, die Reichsbürger und sogenannte Selbstverwalter an Schulen, Behörden, Lehrerkollegien und Kitas gesendet haben. In manchen Schreiben werden demnach „pseudojuristische Argumente“ angeführt, die den Corona- oder Masken-Verordnungen ihre Rechtsgültigkeit absprechen. Reichsbürger und Selbstverwalter erkennen die Bundesrepublik Deutschland und ihr Rechtssystem nicht an. Ob es im Zusammenhang mit den genannten Aktionen auch zu Straftaten kam, dazu habe das Innenministerium „keine Erkenntnisse“.

Lehrkräfte bei Elternabenden bedroht

Die Informationen der Bundesregierung bestätigen Befunde einer repräsentativen Umfrage der Bildungsgewerkschaft VBE, an der Lehrkräfte im Mai teilnahmen. 22 Prozent hatten darin angegeben, dass sie an der eigenen Schule Beschimpfungen, Bedrohungen oder Beleidigungen im „Zusammenhang mit der Durchsetzung von Infektionsschutzmaßnahmen“ erlebt hatten. 25 Prozent der Befragten berichteten von Beschimpfungen und Bedrohungen per Mail oder in Chats.

Sorge vor tätlichen Übergriffen wächst

Rund sieben Prozent der Lehrkräfte gaben auch an, persönlich von solchen Vorfällen betroffen gewesen zu sein. Als Beispiele wurden Drohungen beim Elternabend, eskalierende Gespräche, Briefe sowie Drohungen mit Strafanzeigen und Berufsverboten genannt. Der Verband berichtete auch von Plakataktionen und Demonstrationen im Umfeld von Schulen. Anwaltsschreiben oder standardisierte Schreiben, die sich Eltern im Netz heruntergeladen haben, seien an Lehrer verschickt worden.

Der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann rief die Bundesländer mit Hinblick auf die neuen Erkenntnisse der Bundesregierung dazu auf, „als Dienstherr“ ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen. Etwaige Angriffe auf Lehrkräfte müssten konsequent verfolgt und angemessen geahndet werden. „Schulleitungen und Lehrkräfte dürfen in dieser belastenden Situation nicht im Stich gelassen werden.“

Die Bildungsexpertin der Linken, Nicole Gohlke, nannte die Befunde alarmierend. „Ich erwarte vom Bundeskriminalamt und den Länderpolizeien, dass sie alles dafür tun, damit Beschäftigte und Kinder ohne Angst vor Einschüchterungen in die Schulen und Kitas gehen können.“ Was heute noch Hetze ist, könnte sehr bald in tätliche Übergriffe übergehen, warnt sie. (dpa)