„War kein blöder Jugendstreich”Antisemitischer Angriff auf Besucherin von jüdischer Erinnerungsstätte

Das Wort „Hölle“ als Teil eines Zitates eines verschleppten Menschen ist in Frankfurt am Main im Keller in der ehemaligen Großmarkthalle, heute Teil der Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB), an einer Wand zu lesen. In diesem Raum wurden von 1941 an jüdische Menschen von den Nationalsozialisten

Das Wort „Hölle“ als Teil eines Zitates eines verschleppten Menschen ist in Frankfurt am Main im Keller in der ehemaligen Großmarkthalle, heute Teil der Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB), an einer Wand zu lesen. In diesem Raum wurden von 1941 an jüdische Menschen von den Nationalsozialisten

In Frankfurt soll ein Jugendlicher eine Besucherin einer jüdischen Erinnerungsstätte attackiert haben. Der Verdächtige soll dabei  „Allahu akbar“ gerufen haben. Der Staatsschutz ermittelt. 

An einer Erinnerungsstätte für nationalsozialistische Verbrechen ist es am Donnerstag (29. Juni 2023) in Frankfurt am Main nach Angaben von Polizei und Stadtverwaltung zu einem antisemitischen Übergriff auf eine jüdische Besuchergruppe gekommen.

Eine Gruppe Jugendlicher habe an der Stätte in unmittelbarer Nähe der Europäischen Zentralbank (EZB) die Besucherinnen und Besucher zunächst mit Worten einzuschüchtern versucht, teilte die Stadt mit. Dann sei eine Flasche geworfen worden, die nur knapp den Kopf einer Teilnehmerin der Besuchergruppe verfehlt habe.

Antisemitismus in Frankfurt am Main: Staatsschutz ermittelt nach Vorfall

Der Polizei ermittelt nach Angaben eines Sprechers wegen versuchter schwerer Körperverletzung. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen. Die Großmarkthalle, die mittlerweile auch Teil der neuen EZB ist, erinnert an die Deportation von Jüdinnen und Juden aus Frankfurt während der Zeit des Nationalsozialismus.

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Nach Angaben der Polizei hatte sich eine Besucherin etwas abseits von ihrer aus den USA angereisten Gruppe aufgehalten. Fünf Jugendliche seien auf sie zugelaufen und hätten dabei eine gefüllte Plastikflasche vor sich hergetreten. Als die Besucherin gefragt habe, was das solle, habe einer der Jugendlichen die Flasche aufgehoben und mit dem Schrei „Allahu akbar“ senkrecht nach oben in die Luft geworfen. Die Flasche sei nahe bei der Frau auf dem Boden aufgeschlagen, wodurch sie sich bedroht gefühlt und laut um Hilfe gerufen habe.

Der Rest der Besuchergruppe eilte laut Polizei zu der Frau und konnte die Gruppe Jugendlicher in der Nähe sehen. Ein Mitarbeiter der Stadt, der die Besuchergruppe begleitete, habe die Jugendlichen zurechtgewiesen. „Der Flaschenwerfer kam sodann zu der Geschädigten und entschuldigte sich für sein Verhalten, anschließend entfernten sich die Jugendlichen“, teilte die Polizei weiter mit.

Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef: „Das ist völlig inakzeptabel”

Der Täter wird laut Polizei als etwa 18 bis 20 Jahre alt und circa 1,80 Meter groß, mit dunklen, mittellangen lockigen Haaren beschrieben. Er habe schwarze Kleidung getragen. Zu seinen Begleitern liege bislang keine nähere Beschreibung vor.

Der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) äußerte sein Entsetzen und sagte: „Das ist völlig inakzeptabel, deshalb hat die Stadt auch Strafanzeige gestellt.“ Die Besuchergruppe war nach Angaben der Stadtverwaltung im Rahmen des städtischen Besucherprogramms für Kinder und Enkelkinder von in Frankfurt geborenen Jüdinnen und Juden sowie Menschen, die aus politischen oder religiösen Gründen verfolgt wurden, zu Besuch an der Erinnerungsstätte.

Der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker (CDU) verurteilte die „Hemmungslosigkeit, mit der hier an der Gedenkstätte Juden antisemitisch beleidigt und angegriffen wurden“. Marc Grünbaum, Vorstand der Jüdischen Gemeinde, erklärte: „Dies war kein blöder Jugendstreich, sondern Hass gegen als Juden erkennbare Besucher unserer Stadt.“ Die 25-köpfige jüdische internationale Besuchergruppe ist laut Stadtverwaltung noch bis Dienstag (4. Juli) in Frankfurt. (dpa)