So viele Fälle wie nie zuvorUnglaublicher Wert: Zahl der Austritte trifft Kirche in NRW mit voller Wucht

Kardinal Woelki im Dezember 2020 im Kölner Dom. Foto von Martina Goyert

Für viele das Gesicht der Krise der Kirche: Kardinal Rainer Maria Woelki, hier im Dezember 2020 im Kölner Dom.

So viele Fälle wie nie zuvor! Mehr Kirchenaustritte als 2021 wurden noch nie gemeldet, seitdem die Zahlen detailliert erfasst werden.

Der neue Höchstwert kommt mit Ansage, aber die Zahlen treffen die Kirche mit Wucht! Wie am Donnerstag (27. Januar) bekannt wurde, sind im Jahr 2021 in Nordrhein-Westfalen insgesamt 155.322 Menschen aus der Kirche ausgetreten. Seit 2011 erfasst das Justizministerium in Düsseldorf die Fälle, mehr wurden in dieser Zeit noch nie gemeldet.

Ein Blick in die Statistik zeigt: Der Negativrekord kam mit Anlauf. Der bisherige Höchstwert in Sachen Kirchenaustritte waren 120.188 Fälle im Jahr 2019 gewesen. Dann kam Corona und die Zahl fiel wieder auf 89.694 im Jahr 2020.

Kirchenaustritte in NRW: Neuer Rekordwert mit 155.322 Menschen

Der Grund: Bei den Amtsgerichten war zunächst keine Möglichkeit vorhanden, den Austritt online zu beantragen. Vor-Ort-Termine waren durch Corona begrenzt. Viele Menschen, die bereits 2020 austreten wollten, kamen dadurch erst 2021 dazu. Eine hohe Zahl in der Statistik für das vergangene Jahr war also durchaus zu erwarten.

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Wie üblich bei Zahlen in diesem Bereich sind die Austritte nicht nach Konfessionen aufgeschlüsselt. Demnach ist nicht bekannt, wie viele der Austritte zum Beispiel auf die katholische oder die evangelische Kirche entfallen.

Kirchenaustritte: Auch im Erzbistum Köln neue Rekordzahlen erreicht

Fest steht: Das vergangene Jahr war aber vor allem für die katholische Kirche in Deutschland eine Krisenzeit, gerade im Erzbistum Köln. Wie die FAZ berichtet, hat sich die Zahl der Austritte gegenüber dem bisherigen Höchststand von 2019 nahezu verdoppelt. Für 2021 wurden in Köln demnach 19.340 Austritte verzeichnet, zwei Jahre zuvor waren es 10.073.

Die Austrittszahlen schnellten in die Höhe, nachdem sich Kardinal Rainer Maria Woelki entschieden hatte, ein Gutachten zum Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Missbrauchsvorwürfen aus rechtlichen Gründen zurückzuhalten.

Kirchenrechtler: Rolle der Kirche wird unter Zahlenschwund leiden

Für den katholischen Kirchenrechtler Thomas Schüller von der Universität Münster ist derzeit nicht zu erkennen, wie die Talfahrt noch gestoppt werden könnte. Im Gegenteil: Die gesellschaftliche Rolle der Kirche schmelze mit ihren Zahlen. „Die katholische Kirche rast mit diesen Zahlen in den Abgrund ihrer Bedeutungslosigkeit”, sagte Schüller der Deutschen Presse-Agentur.

„Die katholische Kirche in ihrer bekannten Sozialgestalt stirbt ohne Hoffnung auf Wiederkehr.“ Von einer Volkskirche werde sie zur Minderheitenkirche. „Das muss nicht schlecht sein, wird aber den aktuell verantwortlichen Bischöfen viel abverlangen“, sagte Schüller. (tw)