Bürgernähe, aber hauchfein dosiertOlaf Scholz besucht Düsseldorfer Büdchen

Der Kanzler auf „Sommerreise“ besucht Düsseldorf. Das bedeutet normalerweise: Empfang im Rathaus durch den OB, Eintragung ins Goldene Buch der Stadt ... aber nichts davon! Olaf Scholz gab sich im Stadtteil Bilk die Ehre, nicht in einem Repräsentationsbau, sondern an einem Kiosk.

von Michael Kerst (mik)

Wer ein bisschen näher dabei sein wollte – ob als Journalist oder als geladener Ehrengast –, der brauchte Geduld: Fast zwei Stunden vorher da sein, akribische Sicherheitskontrollen durch das Bundeskriminalamt. Da ist in den Reihen der Wartenden die Zeit für Alliterationen angesagt, also jene Sätze, bei denen jedes Wort mit demselben Buchstaben beginnen muss: „Bundeskanzler besucht Bedris Bilker Bachstraßen-Büdchen ...“ unkt der eine, und sein Nachbar ergänzt „... bestellt Brombeer-Brause“.

Doch dann kommt er wirklich, im großen Konvoi: Zwei Polizeimotorräder mit Blaulicht, zwei gepanzerte Limousinen, zwei edle Transporter. Der Kanzler springt raus und eilt sofort zu den Biertischgarnituren, die vor „Bedri's Island“ aufgebaut sind. An denen sitzen die Organisatoren des „Düsseldorfer Büdchentages“, der am Samstag (12. August) über die Bühne gegangen war.

Olaf Scholz in Düsseldorf-Bilk: Bundeskanzler übt Bürgernähe 

Scholz hat sofort diesen Gesichtsausdruck, den der bayerische Ministerpräsident Markus Söder einst ein „schlumpfiges Grinsen“ genannt hat. Er wirkt locker, scheint Scherze zu machen. Was da allerdings gesprochen wird, bekommt außer den Büdchen-Leuten keiner mit. „Er fand unsere Idee super“, verrät anschließend der „Büdchentag“-Vorsitzende Clemens Henle. „Er war sehr interessiert und will uns in der Zukunft unterstützen.“

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Ein Kanzler-Besuch am Büdchen, das hätte ein Zeichen für richtige Bürgernähe sein können – und so war es sicherlich auch vom Kanzleramt gemeint. Aber Olaf Scholz ist eben alles andere als ein „Menschenfischer“. Und so stehen die „normalen“ Schaulustigen hinter Gattern auf weitem Abstand.

Eine Handvoll Protestler sind dabei. Die haben eine Plakat mit der Aufschrift „Frieden schaffen ohne Waffen“ und eine Flagge mit der Friedenstaube dabei, zwei Trömmelchen obendrein. Und sie skandieren „Scholz muss weg!“, so laut sie eben können.

Dann gibt es, nach fünf Minuten an jedem der drei Biertische und Erinnerungsfotos mit den Büdchenleuten, doch noch diesen Moment der Bürgernähe: Mitarbeiter machen den Kanzler auf die Menge aufmerksam. Er geht hin (natürlich nicht auf die Seite der Protestler), schüttelt zwei Hände, sagt dem Menschen zwei Sätze – und ist nach 20 Sekunden wieder weg.

Der Kanzler, übrigens „ganz locker“ ohne Jackett im weißen Hemd, eilt zur Limousine und entschwindet zum Unternehmertag, bei dem er eine Rede halten soll. Zurück bleibt ein kleines Gefühl von Bürgernähe des Olaf Scholz – aber eben hauchfein dosiert.