Corona, Flut, WahlNRW verabschiedet Haushalt 2022 – Summe macht sprachlos

Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, sitzt im Landtags von Nordrhein-Westfalen während der parlamentarischen Beratung des Landeshaushalts 2022 in der Regierungsbank.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst am 15. Dezember in der Haushaltsdebatte im Landtag.

Kurz vor Weihnachten hat der Landtag in NRW den Haushalt für 2022 verabschiedet. Der ist mit mehr als 87,5 Milliarden Euro ein Rekord-Etat.

Im Zeichen des heraufziehenden Landtagswahlkampfs hat der nordrhein-westfälische Landtag am Mittwoch (15. Dezember) einen weiteren Rekordhaushalt verabschiedet. Mit den Stimmen der Regierungskoalition von CDU und FDP stimmte der Landtag am Mittwoch für den Etat mit einem Volumen von mehr als 87,5 Milliarden Euro - rund 3,4 Milliarden Euro mehr als im laufenden Jahr. Es ist der letzte Haushalt der schwarz-gelben Landesregierung vor der Landtagswahl Mitte Mai 2022.

Wüst in Debatte um NRW-Haushalt 2022: „Solidarisch zusammenstehen“

Das Jahr 2021 habe das Land sehr gefordert, sagte der seit Ende Oktober amtierende Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) mit Blick auf die weiter grassierende Corona-Pandemie und die verheerende Flutkatastrophe. „Bei uns steht man solidarisch zusammen, wenn es hart auf hart kommt.“

Der frühere Verkehrsminister war Ende Oktober als NRW-Regierungschef auf Armin Laschet gefolgt, der als Unions-Kanzlerkandidat bei der Bundestagswahl unterlegen war.

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Wüst stellte die CDU/FDP-Koalition als Garanten einer „soliden und nachhaltigen Haushalts- und Finanzpolitik“ dar. Das bedeute auch, dass NRW die Schuldenbremse einhalte. Mit dem Antritt von CDU und FDP sei es 2018 gelungen, erstmals seit 1973 in NRW einen Haushalt ohne Schulden aufzustellen. Der Haushalt 2022 sei nun der fünfte in Folge ohne Neuverschuldung.

NRW: Milliarden für Corona-Rettungsschirm

Wüst äußerte die Hoffnung, dass das Land den 25 Milliarden Euro hohen Corona-Rettungsschirm nicht komplett ausschöpfen muss. Der Rettungsschirm bleibe aber das „Kernstück“ der Corona-Krisenbewältigung. Mit 13 Milliarden Euro sei daraus bisher Menschen, Branchen und Kommunen geholfen worden. „Wenn der Rettungsschirm am Ende nicht voll ausgeschöpft wird, dann ist das aus meiner Sicht gut“, sagte Wüst. Denn das bedeute weniger Schulden und mehr Handlungsmöglichkeiten für die nächste Generation.

Die Opposition nutzte die Debatte für eine Abrechnung mit der schwarz-gelben Regierungspolitik seit 2017. „Die Regierung von Hendrik Wüst hat nicht mehr die Kraft, die großen Probleme des Landes anzugehen“, sagte der SPD-Landtagsfraktionschef und stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Thomas Kutschaty. Die Landesregierung habe das das Vertrauen von Eltern, Lehrern und Schülern verloren. Die Industriepolitik sei nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Millionen Mieter litten unter explodierenden Mieten.

Kutschaty sendete Signale an die FDP, die inzwischen im Bund an der Ampel-Koalition mit SPD und Grünen beteiligt ist. Der SPD-Landeschef zitierte den FPD-Bundestagswahlkampfslogan „Nie gab es mehr zu tun“ und sagte: „Das war ein guter Slogan, denn er stimmt“. Die amtierende Landesregierung werde einen neuen Aufbruch jedenfalls nicht schaffen. „Ihre Zeit ist vorbei.“

Während Kutschaty für den Fall einer Regierungsübernahme in NRW Milliarden-Investitionen ankündigte, sprach CDU-Landtagsfraktionschef Bodo Löttgen von den „SPD-Fantastilliarden aus dem Dukaten-Speicher von Thomas Kutschaty“. Die Versprechen der SPD würden zusätzlich 13 Milliarden Euro kosten.

Grüne in NRW gehen auf FDP los

Die Grünen knöpften sich ohne Rücksicht auf die Berliner Ampel die FDP vor. In der Pandemie hätten sich die Liberalen in NRW „allzu oft mit ihrem Realitätsverlust als gefährlicher Bremsklotz für wirksame Schutzmaßnahmen erwiesen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer.

Sie warf der Landesregierung „leere Versprechen“ bei den Klimaschutzzielen und dem Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft vor. Dafür investiere das Land zu wenig Geld. Wüst indessen bekannte sich erneut zu einem vorgezogenen Kohleausstieg bis 2030. Das Land wolle bis 2045 klimaneutral wirtschaften.

FDP-Fraktionschef Christof Rasche verwies darauf, dass die Investitionsquote unter Schwarz-Gelb von 8,8 Prozent auf 11,4 Prozent geklettert sei. NRW liefere den Beweis: „Keine Schulden, mehr Investitionen, das geht.“ Für Investitionen sind im Haushaltsplan 2022 zehn Milliarden Euro bereitgestellt. Der Opposition ist das zu wenig.

In ihrem Etatentwurf weist die Landesregierung keine Neuverschuldung aus. Die für 2022 erwarteten Steuermindereinnahmen sollen erneut aus dem Corona-Rettungsschirm kompensiert werden. Statt wie ursprünglich veranschlagt rund 3,6 Milliarden Euro, müssen 2022 nach Angaben des Finanzministeriums aber nur noch rund 492 Millionen Euro entnommen werden.

Grund ist, dass die November-Steuerschätzung geringere Steuerausfälle als noch im Mai prognostiziert hatte. Die SPD wirft der Regierung vor, den Rettungsschirm zum Stopfen von Haushaltslöchern zu missbrauchen. Laut Finanzplanung der Regierung soll der Haushalt 2023 wieder ohne Zuführungen aus dem NRW-Rettungsschirm aufgestellt werden.

AfD-Fraktionschef Markus Wagner warf CDU und FDP vor, „jede Menge Ausgaben für unsinnigen Firlefanz statt für die Infrastruktur und die Digitalisierung zu tätigen.“ Es werde der letzte Landeshaushalt der schwarz-gelben Landesregierung für „sehr lange Zeit sein“, prophezeite Wagner, „wenn nicht sogar für immer“. (dpa)