Die Magie der Steiff-Fenster verblasst.
Weihnachts-Tristesse in KölnBeliebte Tradition stirbt langsam aus

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Ohne Schnee, dafür wilder Westen: So sieht das Steiff-Fenster bei Galeria in diesem Jahr aus.
Aktualisiert
Jedes Kind in Köln kennt sie, die magische Weihnachtswelt im Schaufenster von Galeria auf der Hohe Straße. Doch wer genau hinsieht, bemerkt: Von der einstigen Pracht ist nicht mehr viel übrig. Eine geliebte Tradition scheint langsam zu sterben.
Im „Fort Teddy“ ist die Hölle los! Ein Bär schiebt Wache am Tor, während ein anderer verdächtig an einer grünen Flasche nippt. Im Saloon wird gezockt, ein Gorilla lässt sich beim Barbier frisieren und aus dem Hotel werden die Kissen geschüttelt. Die Wild-West-Szene mit den berühmten Steiff-Tieren ist auch dieses Jahr wieder ein Hingucker.
Kinder und Erwachsene drücken sich die Nasen an der Scheibe platt
Draußen, in der echten Welt, drücken sich Kinder und Erwachsene die Nasen an der Scheibe platt. Doch die leuchtenden Augen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass etwas fehlt.
Denn das Steiff-Fenster und das glitzernde 4711-Haus in der Glockengasse sind fast die einzigen Überbleibsel einer einst prunkvoll geschmückten Kölner Weihnachts-City. Früher war der Bummel durch die Stadt ein Fest für die Sinne, heute herrscht oft gähnende Leere in den Auslagen.
Dekorateurin Karin Wahl kennt noch die guten alten Zeiten. Sie erinnert sich mit Wehmut an die 80er-Jahre. „Wir hatten eine eigene Schreinerei, eine Malerei, eine Siebdruckerei, eigene Fensterputzer. Wir waren 40 Kolleginnen und Kollegen!“, erzählt sie. Wenn ein Tisch gebraucht wurde, wurde er einfach gebaut. Purer Luxus aus heutiger Sicht.
Heute ist die Realität eine andere. „Die meisten legen allerdings einfach ein eingepacktes Geschenk neben ihre Schaufensterfigur, und das war’s“, klagt Wahl. Dabei brauche es nicht viel für die Magie: ein schöner Karton, ein hängender Tannenbaum, eine kleine Eisenbahn. „Was zählt, ist eine Idee, eine Geschichte“, sagt die Expertin.

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Auch die Traditionsmarke 4711 schmückt das Dufthaus in der Glockengasse zur Vorweihnachtszeit.
Doch für solche Ideen fehlt oft das Geld und das Personal. Das Steiff-Fenster selbst ist das beste Beispiel: Einst erstreckte es sich über die gesamte Front, heute ist es auf ein einziges Fenster zusammengeschrumpft. Ein trauriges Symbol für den Sparkurs vieler Händlerinnen und Händler.
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„Nur die wenigsten leisten sich noch eigene Dekorateure“, erklärt Wahl. Selbst das Handwerkliche komme im Ausbildungsberuf, der heute „Gestalter für visuelles Marketing“ heißt, zu kurz. Statt sägen und hämmern stehen bei den 30 Auszubildenden in Köln heute Marketingstrategien und Social-Media-Konzepte auf dem Lehrplan.
Dabei wäre es gerade jetzt so wichtig, die Menschen zu verzaubern. „Wer verstanden hat, dass er an Weihnachten investieren muss, profitiert davon“, ist sich Wahl sicher. „Dekoration schafft Erlebnisse – danach suchen Kunden und Kundinnen.“
Und so bleiben auch an diesem Adventstag wieder Jung und Alt bei Galeria stehen. Ein kleines Mädchen zeigt aufgeregt auf die Figuren: „Schau Papa, wie sich der Bär bewegt!“ Ein kleiner Funke Magie, der hoffentlich nie ganz erlischt. (red)
Dieser Inhalt wurde mit Hilfe von KI erstellt.
