Die Stadt Köln plant ein neues Suchthilfezentrum auf einer Fläche am Perlengraben/Wilhelm-Hoßdorf-Straße. Anwohner und Anwohnerinnen sind schockiert.
Neues Suchthilfezentrum in KölnAnwohner fühlen sich übergangen: „wusste niemand“

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Das erste Kölner Suchthilfezentrum (SHZ) soll auf einer Fläche am Perlengraben/Wilhelm-Hoßdorf-Straße entstehen.
Das geplante Suchthilfezentrum (SHZ) sorgt für Unmut. Anwohner und Anwohnerinnen kritisieren die Standortwahl der Stadt Köln und verlangen, dass die Suche neu aufgenommen wird.
Daniel Wetz spricht von einem „großen Schock“, als er von der Entscheidung erfuhr. „Das ist komplett hinter verschlossenen Türen und ohne jegliche Bürgerbeteiligung abgelaufen. In unserem Viertel wusste niemand davon“, sagt er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Wie die Verwaltung am Freitag (19. Dezember) bekannt gab, soll die Einrichtung auf einer Grünfläche am Perlengraben/Wilhelm-Hoßdorf-Straße errichtet werden. Die Fläche ist gut einen Kilometer zu Fuß vom Neumarkt entfernt.
Anwohnende fühlen sich überrumpelt
Kritisch bewertet Wetz auch den Zeitpunkt der Bekanntgabe: nach der Kommunalwahl und kurz vor Weihnachten, als viele Anwohner und Anwohnerinnen schon im Urlaub oder im Weihnachtsstress waren.
In dem neuen Suchthilfezentrum sollen suchtkranke Menschen die Möglichkeit haben, Drogen zu konsumieren. Darüber hinaus ist geplant, dass sie sich dort aufhalten, duschen und mit Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen sprechen können. Das Konzept ist an ein Modell aus Zürich angelehnt. Hintergrund ist die angespannte Lage rund um die offene Drogenszene am Neumarkt.
Das Ziel der Stadt ist, dass das Suchthilfezentrum mit Drogenkonsumraum bereits im kommenden Jahr seinen Betrieb aufnimmt. Geplant ist ein Angebot rund um die Uhr. Mit der Eröffnung soll der bestehende Drogenkonsumraum am Neumarkt geschlossen und zum neuen Standort verlegt werden.
Die Festlegung auf den Standort am Perlengraben sei das Resultat eines intensiven Prüfprozesses verschiedener Flächen, teilte die Stadt mit. Genau diesen Prozess stellt Wetz infrage. Er und andere Anwohner und Anwohnerinnen haben damit begonnen, eine Interessengemeinschaft zu bilden und stehen laut eigenen Angaben mit Rechtsanwälten in Kontakt.
Zudem haben sie eine Petition gestartet, die bis Montagnachmittag (22. Dezember) ungefähr 1500 Unterschriften gesammelt hatte. Darin fordern sie einen Planungsstopp und eine Prüfung alternativer Standorte – deutlich weiter weg von Wohngebieten, Schulen, Spielplätzen und Kitas. „Hätte die Stadt die Menschen einbezogen, hätte die Planung länger gedauert, aber am Ende hätte es ein tragfähiges Ergebnis gegeben“, sagt Wetz.
Initiativen vom Neumarkt begrüßen die Entscheidung
Unterstützung für die Entscheidung der Stadt kommt dagegen von der Bürgerinitiative Zukunft Neumarkt. Deren Vorstand Walter Schuch bezeichnet den geplanten Standortwechsel als eine „gute Nachricht“. „Darauf haben wir als Bürgerinitiative zehn Jahre hingearbeitet“, sagt er. Er rechnet „mit hundertprozentiger Sicherheit mit einer Entlastung“ für Anwohner, Anwohnerinnen und Geschäftsleute am Neumarkt.
Wichtig sei nun eine gründliche Analyse des bisherigen Drogenkonsumraums aus seiner Sicht. „Da müssen Zahlen, Daten und Fakten auf den Tisch, erst dann kann am neuen Standort sinnvoll geplant werden“, sagt Schuch. Entscheidend sei, wie viele Menschen das Angebot nutzen und welchen Bedarf sie haben. „Köln kann nicht immer wieder das Gleiche machen und auf andere Ergebnisse hoffen. Der Kölner ist tolerant. Aber wenn sich solche Auswirkungen vor der eigenen Haustür zeigen, hört diese Toleranz oft auf.“
Auch Guido Köhler, Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaft Neumarkt, begrüßt den geplanten Umzug. „Wir freuen uns, dass Stadtverwaltung und Stadtpolitik erkannt haben, dass das Experiment am Neumarkt gescheitert ist“, sagt er. Es benötige nicht nur einen Konsumraum, sondern umfassende Betreuungs- und Hilfsangebote nach dem Vorbild aus Zürich.
Es bleibe aus ihrer Sicht zu hoffen, dass die Verantwortlichen in Verwaltung und Politik diesmal die richtigen Entscheidungen treffen, sich bestehende Angsträume auflösen, keine neuen entstehen und der öffentliche Raum in der Innenstadt wieder allen zugänglich ist und nicht von der Drogenszene dominiert wird.
Streit um Nähe zu Schulen und Kitas
Die Stadt betont, im unmittelbaren Umfeld des geplanten Grundstücks gäbe es keine Kitas, Schulen oder vergleichbare Einrichtungen. Dieser Darstellung widersprechen die Initiatoren und Initiatorinnen der Petition: Allein in unmittelbarer Nähe gebe es fünf Kindertagespflegestellen. Der Hintereingang des Humboldt-Gymnasiums liege zudem nur rund 400 Meter entfernt und werde von vielen Schülern und Schülerinnen genutzt, so Wetz.
Sorge bereitet ihm auch die räumliche Beschaffenheit des geplanten Standorts. „Am Neumarkt sind zehntausende Passanten unterwegs. Wie soll das in einem kleinen, abgeschlossenen Viertel funktionieren?“, fragt Wetz. Er befürchtet, dass sich Dealen, Beschaffungskriminalität und Nutzungskonflikte nicht auf das Gebäude beschränken, sondern in angrenzende Straßen und Wohngebiete verlagern.
„Sollen Schwerstsuchtkranke dieselben Schulwege nutzen wie Fünftklässler?“, fragt Wetz. Es gehe den Anwohnern und Anwohnerinnen nicht darum, suchtkranken Menschen Hilfe zu verweigern. „Unsere Kritik richtet sich gegen eine Standortentscheidung, die absehbar erhebliche Sicherheitsprobleme mit sich bringt und die Belastungen einseitig auf ein dichtes Wohn-, Schul- und Betreuungsviertel verlagert“, heißt es in der Petition (red).
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