Seit fünf Jahren bettelt Rosa (75) in Köln. Sie erzählt ihre Geschichte.
„Ich habe mich geschämt“Rumänin (75) enthüllt, warum sie in Köln bettelt

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Rosa (Name geändert) bettelt seit rund fünf Jahren in Köln.
Keine Arbeit, keine Zukunft: Das ist die traurige Realität in Fagaras, der Heimatstadt von Rosa (75). Die rumänische Stadt leidet seit dem Ende des Kommunismus unter dem industriellen Niedergang.
„Da hat man nicht viel Heimweh“, sagt Rosa, die ihren echten Namen nicht nennen möchte. Seit fünf Jahren kommt die 75-Jährige jeden Winter nach Köln, um auf der Schildergasse zu betteln. Sie hat sich bereit erklärt, ihre Geschichte zu erzählen. Friederike Bender, eine Streetworkerin der Oase, die Rumänisch spricht, übersetzt das Gespräch.
Aus Verzweiflung auf die Straße gesetzt
„Zum ersten Mal bin ich 2020 nach Köln gekommen, kurz nachdem mein Mann gestorben ist“, erzählt Rosa. In Rumänien hielt ihr Mann die Familie mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Eine ihrer Töchter fand Arbeit bei einer Reinigungsfirma in Köln und holte Rosa nach.
„Ich hatte kein Geld mehr, konnte das Haus im Winter nicht mehr heizen. Also habe ich mich dazu entschieden, auch nach Köln zu kommen“, sagt sie. Anfangs putzte sie wie ihre Tochter, doch der Job war körperlich zu hart. „Die Arbeit habe ich körperlich nicht lange durchgehalten.“
In ihrer Verzweiflung sah sie die bettelnden Menschen in der Innenstadt und fasste einen schweren Entschluss. Mit einer gepolsterten Tasche zum Knien und einem Pappbecher setzte sie sich selbst auf die Straße.
„Das erste Mal war sehr schwer“, sagt sie. „Ich habe mich geschämt, habe geweint.“
Doch es funktionierte. Schon am ersten Tag verdiente sie genug für mehrere Tage. Seitdem verbringt Rosa jedes Jahr rund vier Monate auf Kölns Straßen. Von 10.30 Uhr bis etwa 15.00 Uhr hat sie ihren festen Platz auf der Schildergasse. Ihr Verdienst schwankt zwischen 7 und 35 Euro pro Tag. „Wenn es gut läuft, reicht es für Essen, Miete und etwa 50 Euro im Monat, die ich für Rumänien zurücklegen kann“, erklärt sie.
Ein Engel auf der Straße und Ärger mit anderen
Soziale Kontakte hat die 75-Jährige in Köln kaum. Außer ihrer Tochter und einer Bekannten in Kalk, bei der sie wohnt, kennt sie fast niemanden. Angebote der Stadt oder sozialer Träger nimmt sie selten wahr.
Die Kölnerinnen und Kölner empfindet Rosa als hilfsbereit. Anfeindungen habe sie noch nicht erlebt. „Wenn jemand kein Geld gibt, bringt er mir manchmal Essen oder Kleidung“, sagt sie. Besonders eine Frau sei ihr eine große Hilfe: „Sie ist wie ein Engel für mich.“ Sie komme fast jede Woche vorbei und bringe ihr Medikamente gegen ihren Diabetes.
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Dennoch ist Rosa vorsichtig. Sie spricht kein Deutsch und ist unsicher, was die Leute von ihr wollen. Mehrmals wollten Passanten und Passantinnen Fotos von ihr machen, um sie auf Youtube oder Facebook zu posten. „Das möchte ich nicht“, sagt sie. „Deshalb bleibe ich lieber für mich.“
Doch das gelingt nicht immer. Vor allem in der Vorweihnachtszeit komme es immer wieder zu Konflikten mit anderen Bettlerinnen und Bettlern. „Dann werde ich beschimpft, mein Becher wird umgeschmissen oder sie versuchen, mir Geld zu stehlen“, berichtet Rosa. Zu ihnen hält sie Abstand. Dass viele ebenfalls aus Rumänien kommen, überrascht sie nicht: „In unserer Heimat gibt es keine Arbeit, keine Wohnungen, keine Zukunft.“
Streetworkerin: „Der Hauptgrund ist Armut“
Rosas Schicksal ist kein Einzelfall. Streetworkerin Friederike Bender von der Oase hört viele solcher Geschichten. „Der Hauptgrund, warum die Menschen aus Rumänien hierher zum Betteln kommen, ist Armut“, bestätigt sie. Oft seien es Angehörige von Minderheiten, die in ihrer Heimat diskriminiert werden.
Eine organisierte Bettelmafia gebe es ihrer Erfahrung nach nicht. Dass manche Familien auf der Straße leben, habe oft praktische Gründe, wie zum Beispiel die besten Plätze nicht zu verlieren oder als Familie zusammenbleiben zu können, was in Notschlafstellen oft nicht möglich sei.
Trotz allem freut sich Rosa, nach dem Winter wieder nach Hause zu fahren. „Denn außer meiner Tochter hier wohnen noch alle meine Kinder mit ihren Familien in Fagaras.“ Die Familie ist der einzige Grund für ihre Rückkehr.
Für die Zukunft hat Rosa nur bescheidene Wünsche. „Ein Stück Brot zum Essen jeden Tag, mehr brauche ich nicht.“ Und noch etwas: „Gesundheit. Gesundheit ist das Wichtigste.“ (red)
Dieser Inhalt wurde mit Hilfe von KI erstellt.
