Milieu-DealerPille Rolf: Gegen den Drogenhund hatte ich keine Chance

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Pille Rolf, Schmidte Udo und Freunde während der Zeit des Chicago am Rhein.

von Markus Krücken (krue)

Köln – TV-Dokumentationen, Bücher wie „Wenn es Nacht wird in Köln“: Das berüchtigte Kölner Milieu der 1970er und 1980er Jahre.

Die einen halten die Protagonisten von einst für Haudegen mit Ganovenehre, viele empören sich dagegen, wenn die heute noch lebenden Gestalten wie Schmidte Udo auf der Straße jubelnd erkannt werden und sogar Autogramme geben.

Kölner Milieu: Pille Rolf packt aus

Auf EXPRESS.de erinnern wir mit Episoden an die wilde und oft kriminelle Vergangenheit, die als „Chicago am Rhein” zu Köln gehörte, aber nicht verklärt werden darf.

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Heute veröffentlichen wir Anekdoten von Milieu-Dealer „Pille Rolf” aus dem Buch von Roland Bebak.

Auf diesem Foto tragen Sie einen krassen Mantel. Wo bekam man den?

Früher beim Selbach in Düsseldorf, den gibt es heute noch den Selbach. Das ist der sehr wahrscheinlich teuerste Herrenausstatter in Deutschland.

Haben Sie auch mal gemodelt?

Ja, das hab ich nebenbei gemacht und hier war ich Hausmann – acht Monate bei Black und Decker. Nee, ist kein Witz. Da hab ich Werbung gemacht.

Wie viel haben Sie in den Hoch-Zeiten verdient mit den ganzen Jobs?

Ja, was hab ich verdient? Ich hatte immer ein Motto: Ich komm in die Welt, um zu leben – und das hab ich gemacht. Ich hatte ein Haus und bin Porsche gefahren, dat gefahren und dat gefahren, Motorrad gefahren und dat gefahren und wir hatten unser Geld genau wie heute.

Heute habe ich 30 Quadratmeter, einen Garten mit 25 Quadratmeter. Ich verbrate meine Kohle. Ich hab in Duisburg eine Eigentumswohnung, das ist eine Zusatzrente, normal krieg ich 750. Meine Frau geht drei Tage arbeiten, verdient ganz gut, und dann hab ich mir natürlich was aufgebaut mit den CDs aus meiner Zeit als DJ.

Sie galten als Dealer des Milieus schlechthin. War das zu viel, sind Sie auch mal richtig abgestürzt?

Ja, was heißt richtig abgestürzt? Ich hab auch viel verschenkt also z.B. die Zeit im „Titos“, da hat der Kleins Willi die Tür gemacht. Da kam ich rein. Ich trug immer einen Ledergürtel, den hab ich mir anfertigen lassen. Den gibt es heute noch den Laden auf der Ehrenstrasse.

Da gingen hier 15 Pillen rein und hier fünf. Von innen im Gürtel natürlich. Wenn der Drogenhund kommt, dann bist Du weg, aber wenn die so ohne Hund kommen, dann hast Du noch eine Chance. Ich kenn die alle, da hab ich schon mal drei Pillen verschenkt, das waren für mich ja Groschen. Ich habe die ja geteilt. Ich hatte ja das Pulver und da musstest Du Dir ja Hüllen besorgen. Die gab es in Sülz in so einem Laden. Die Pille kostete damals fünf DM. Ich hab die eine verkauft für 50 DM und an die Wiederverkäufer für 25 DM. Wenn dann einer 500 Pillen wollte, dann hatte ich natürlich Arbeit.

Wie viel haben Sie dann damit verdient?

Ja, was war das, ja 5000 DM bestimmt. Ja, und dann kam die Kombination mit Nase. Da musste dann aufpassen, wenn du dann Pillen nimmst und nimmst eine Nase und trinkst Alkohol.

Also ich bin damals so 1991 abgehauen. Ich hatte zu der Zeit 89.000 Mark in zwei Plastiktüten. Alles 20er, 50er, 100er. Dann hab ich den Willi angerufen, der hatte damals eine Kneipe namens „Insider“ und der hatte ein Haus gemietet.

Da gab es zwei Möglichkeiten, entweder ich wär tot gewesen oder acht bis zehn Jahre nach Ossendorf in den Knast – das war zu viel.

Sie hatten Ihren Ruf weg, führten ein irres Leben im Alltag, oder?

Wir hatten ja schon überall Agenturverbot (Escort, Anm. d. Red.). Wir haben ja schon in Düsseldorf angerufen, dass die Weiber kommen. Da kamen jetzt drei Weiber von der Agentur, wir saßen da mit drei Jungen und haben direkt gefragt. „Willst Du mal eine Nase haben?“ Zwei haben von denen gesagt „nein“. Alle mussten sie weg, dann kam die nächste Agentur. Dann hatten wir dann wieder drei Weiber, so ging das weiter. Es war doch scheißegal.

Was heißt das?

Bei mir im Kühlschrank, da lagen nur Spirituosen. Der eine trank Baileys auf Eis, der andere nur Chivas. Ich hab Asbach-Cola getrunken, aber da waren nie Eisklümmche. Dann haben wir zwei bis drei Tage durchgemacht und dann im Brauhaus auf der Friesenstraße, da haben wir hintereinander zwei Hämmchen gefressen. Ich hatte so einen Kohldampf. Und dann ging es wieder weiter.

Dann sind wir meistens freitags zum Feinkost. Den Laden gibt es immer noch, da sind wir freitags hin – Minimum für 100 Mark. Wir haben gesagt, da müssen wir vorher essen, um dann zu starten. Der Ebby und dann der Joe – wir haben manchmal das Essen weg geworfen. Das musst Du Dir mal vorstellen.

Was meinten Sie mit abgehauen 1991?

Nee, ich bin dann nach Mallorca, da war ich auch mit meiner Frau auseinander und das alles. Ich hatte meine 25 Kassetten und hab gedacht, da gibt es 1000 Kneipen, da verdienst Du ein paar Mark. Und dann hatte ich die Idee und bin an die Ballermann-6-Bude. Da fing das schon an, dass die Studenten eine Abschlussfahrt machten nach Mallorca, und dann fing das mit dem Eimersaufen an.

Wann haben Sie aufgehört mit den Pillen?

Mit den Pillen? Ja, Pillen nehm ich gar keine mehr. Nase nehm ich auch nicht mehr. Man soll aber nie nie sagen. Also mit den Pillen hab ich aufgehört, eine Nase hab ich glaub ich vor zwei Jahren Karneval das letzte Mal genommen.