Abo

Kölner Disco „Coconut“Skurriles Foto von Alfred Biolek aufgetaucht

Tanzszene aus der Kölner Discothek Coconut

Aus einer Autowerkstatt wurde die Discothek „Coconut“ – hier ist Alfred Biolek mit Hut und Clownsmaske auf der Tanzfläche zu sehen. Hinten wird am Pittermänchen Bier gezapft. Michael Steffen

Köln und seine Discos – das ist ein Kapitel bunte Stadtgeschichte für sich. Einer, der seit den 1970ern mittendrin in der Szene steckte, ist Igor Tillmann (73). Vor genau 50 Jahren startete sein Clubabenteuer

Tillmann lud mit seinem Kompagnon zum Start des Wochenendes zur Eröffnung des „Coconut“ in die Pfeilstraße 42. Im Erdgeschoss des Wohnhauses hieß es am 19. Dezember 1975 ab 22 Uhr: Ab die Party!

Und das „Coconut“ wurde ein beliebter Kölner Treff – in dem zum Beispiel Alfred Biolek in den ersten Jahren seiner TV-Karriere Gast war. Ein bemerkenswertes Foto erinnert daran – und Igor Tillmann hat „Bio“, der später zu einem der größten deutschen Talkmaster werden sollte, in jener Nacht persönlich erlebt.

Kölner Club „Coconut“: Biolek tanzte hier mit Clownsmaske

„Es war die runde Geburtstagsparty eines Konzertveranstalters. Biolek war Gast und er trug eine Clownsmaske – das hat er, wenn er ausging, damals öfter gemacht.“ Andere, auch internationale Prominente, die im „Coconut“ mal auftauchten, waren Jon Lord von der Rockband Deep Purple („der saß bei mir an der Bar“) und der israelische Sänger Abi Ofarim. Auch sonst stecken in der Geschichte des „Coconut“ einige Besonderheiten.

Igor Tillmann war als Lehrling im Schallplattengeschäft „Rhein-Radio“ am Rudolfplatz auf die Discjockey-Schiene gekommen. Ab 1972 legte er im „Panoptikum“ auf (der Laden wurde später zum „Roxy“). Dann eröffnete er mit dem „Coconut“ seinen eigenen Laden – als Geschäftspartner hatte er Dieter Dommermuth, der zu einem der führenden Kölner Gastronomen werden sollte („Spitz“).

Einladungskarte

So luden die Gründer des „Coconut“ vor 50 Jahren zur Eröffnung in die Pfeilstraße.

Igor Tillmann erzählt die Story von der Pfeilstraße: „In dem Haus befand sich damals eine Autowerkstatt mit dem Namen Töff-Töff, die zur Taxizentrale an der Ecke Ehrenstraße gehörte. In der Autowerkstatt war eine Rampe aus Beton aufgeschüttet, die es ermöglichte durch einen Schacht unter die Autos zu gelangen, um sie zu reparieren. Diese Rampe war für uns nur zu nutzen, indem man quasi die Tanzfläche aus dem Boden heraus stemmt und die Reste der Rampe als Sitzgelegenheit, wie in einer Arena, konzipiert.“

Das Haus habe einem recht strengen katholischen Ehepaar gehört – dass die eine Disco zuließen, zumal die Eheleute selbst im schmalen Haus wohnten, war beachtlich.

Porträt Igor Tillmann

Igor Tillmann war DJ und betrieb mit Dieter Dommermuth das „Coconut“

Die technische Raffinesse der „Coconut“-Macher war dabei behilflich – Tillmann erinnert sich genau, wie. Üblicherweise seien Discotheken damals mit zwei großen Boxen ausgestattet gewesen, um die Tanzfläche zu beschallen. An den Boxen sei es natürlich derart laut gewesen, „dass man seine Haare darin föhnen konnte“.

Dieses akustische Konzept sei für sie nicht passend gewesen. Aber es fand sich eine Lösung: „In Fachzeitschriften wurde damals das sogenannte Satellitensystem vorgestellt, was die Distanz zwischen Lautsprecher und Hörer um die Hälfte mindern konnte. So bauten wir einen Bass-Lautsprecher (Sub-Woofer) in den Boden der Tanzfläche ein und installierten viele kleine Satellitenboxen direkt an der Decke, was bewirkte, dass wir die Lautstärke um die Hälfte reduzieren konnten und es kaum Beschwerden gab.“

Foto der Pfeilstraße in Köln

Im Ladenlokal Pfeilstraße 42 (graues Haus) befand sich das „Coconut“.

Das „Coconut “ ist lange Geschichte. „Später entwickelte es sich zu einer bekannten Schwulenkneipe“, erzählt Igor Tillmann, der nach zwei Jahren aus dem Geschäft ausgestiegen war. Im Ladenlokal Pfeilstraße 42  befindet sich heute das Geschäft „Lampenatelier“. Igor Tillmann blieb der Musik treu, wechselte aber die Sparte: Er arbeitete später als Toningenieur im Musikstudio „N“ in Bickendorf.