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Kölner KlingelpützLetzter Ausbrecher: Das macht Walter Köller heute

Alte Zeitungsseite des EXPRESS aus dem Jahr 1968

So berichtete der EXPRESS 1968 über den Gefängnisausbruch.

In der Reihe „Kölner Geheimnisse“ geht es diesmal um einen aufsehenerregenden Kölner Fall aus dem Jahr 1968. Einer der sieben Männer, die damals aus dem Klingelpütz ausbrachen, lebt heute in Köln-Vingst. EXPRESS.de hat ihn getroffen.

„Der Klingelpütz gehörte einfach zu Köln. Ich denke mit Wehmut an die Zeit zurück. Auch wenn man es von mir nicht erwarten würde“, sagt Walter Köller, Jahrgang 1943. Anders als die allermeisten kannte er das berühmte und auch berüchtigte, im Sommer 1969 gesprengte Zentralgefängnis in der Kölner Innenstadt von außen wie von innen, denn Köller saß hier hinter Gittern. Bis er ausbrach.

Am Schauplatz der Geschichte befindet sich heute der Klingelpützpark. Ein Gedenkstein erinnert an die dunkelste Zeit der Haftanstalt, als die NS-Justiz zahlreiche politische Gegner und rasseverfolgte Menschen im Klingelpütz hinrichten ließ. Ein schauriger Ort. Auch der Serienmörder Peter Kürten starb hier 1931 durch die Guillotine.

Unter den Kriminellen der Stadt gehörte Walter Köller zu den Hehlern. Wegen Geschichten um gestohlene Autos sollte ihm der Prozess gemacht werden, schon die Untersuchungshaft habe sich aber schier endlos hingezogen. Es war Köllers erste Knasterfahrung. Von Anfang an habe er sich in den Kopf gesetzt rauszukommen. „Ich wollte auf die Mauer, unbedingt.“

„Massenausbruch aus Klingelpütz!“. Mit dieser Nachricht titelte der EXPRESS am 23. Juli 1968. Sieben Männer waren entkommen. Die Polizei gab Fotos zur Fahndung heraus, die Zeitung zeigte jeden Ausbrecher im Bild und mit vollem Namen, darunter Walter Köller. Im Bericht hieß es: „Die Verbrecher hatten den Ausbruch raffiniert ausgeklügelt. Er war von langer Hand vorbereitet.“

Ein Mann sitzt auf einem Gefährt.

Walter Köller lebt als Rentner in Köln-Vingst. 1968 gehörte er zu den sieben Häftlingen, die aus dem „Klingelpütz“ genannten Kölner Gefängnis ausbrachen.

So viel scheint klar: Das 1838 als „Arrest- und Correctionshaus am Klingelpütz zu Cöln“ in Betrieb genommene Zuchthaus, dessen Tage im Jahr 1968 schon gezählt waren, war kein Hochsicherheitsgefängnis, wie man es aus der Gegenwart kennt.

Köller erzählt, er habe in unbeobachteten Momenten über Monate an den Gittern eines Fensters gesägt, das vom Innen- in den Außenhof führte. Die Säge hatte ein Kumpel über die Gefängnismauer geworfen.

Ansicht des Gefängnis Klingelpütz in Köln

Der Klingelpütz befand sich am Gereonswall nahe Hansaring.

Aus einem Bettgestell hatten Köllers Komplizen einen Enterhaken gebastelt und sie hatten Laken zusammengeknotet. In der Stunde des Ausbruchs – als die meisten Aufseher in einem Lehrgang waren – klappte alles wie erhofft.

Köller - sportlicher Typ, Nichtraucher, Hobby-Handballer – zwängte sich durchs Fensterloch, schaffte es, mit einem gezielten Wurf den Haken zu befestigen, kletterte als erster auf die Mauer, sprang auf der anderen Seite herunter, blieb dabei unverletzt. Die anderen folgten. Jeder flüchtete seines Weges. Anwohner der dem Klingelpütz gegenüberliegenden Mietshäuser alarmierten die Gefängnisleitung.

Köller war damals 25, verheiratet und Vater einer kleinen Tochter. Unterschlupf fand er bei einer Bekannten. Aber schon nach zwei Wochen war ihm die Polizei auf die Spur gekommen: Köller wurde in einer Wohnung im Stadtteil Vingst verhaftet. Auch alle anderen Ausbrecher, darunter ein Juwelendieb, ein Gewaltverbrecher und ein Zuhälter, wanderten bald wieder ins Gefängnis.

Im Hehlerprozess wurde Köller zu fünf Jahren Haft verurteilt, die er fast komplett absaß, in Gefängnissen außerhalb Kölns. Auf krumme Sachen habe er sich später nie mehr eingelassen. Köller ging bis zur Rente geregelten Arbeiten nach. Seine Tochter besucht ihn regelmäßig.

Dort, wo sich das Abenteuer seines Lebens ereignete, war Köller schon lange nicht mehr. Einen Teil der Gefängnistrümmer hatten die Stadtplaner dazu verwendet, in der neuen Parkanlage einen Hügel aufzuschütten. Am Hang wurde eine steile Rutsche installiert. Am historischen Ort spielen heute regelmäßig Kinder.

Die Geschichte der sieben Ausbrecher stammt aus dem neuen Köln-Buch „Kölner Geheimnisse Band 2/ 50 neue spannende Geschichten aus der Dom-Metropole“.

Die Geschichte der sieben Ausbrecher stammt aus dem neuen Köln-Buch „Kölner Geheimnisse Band 2/ 50 neue spannende Geschichten aus der Dom-Metropole“.

Diese Geschichte stammt aus dem neuen Köln-Buch „Kölner Geheimnisse Band 2/ 50 neue spannende Geschichten aus der Dom-Metropole“, die im Bast-Verlag erschienen ist (192 Seiten, 24 Euro). Sieben Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes sind es diesmal die Autoren Ayhan Demirci und Maira Schröer, die sich auf die Spuren Kölner Geschichte begeben haben und ausgehend von Objekten und Relikten in der Stadt von außergewöhnlichen Begebenheiten erzählen.