Drama schockiert KölnMord an Karneval: Als der „Zoch“ an Petras (†24) Leiche vorbeizog

Am 14. Februar 1988 wurde Petra Nohl in Köln getötet. Im Verlauf des Tages zog ein Karnevalszug am Tatort vorbei.

Der 14. Februar 1988: links der Tatort, rechts Teile des Karnevalszugs.

Der „Karnevalsmord“ von 1988 wurde erst 35 Jahre später aufgeklärt.

von Ayhan Demirci (ade)

Der Fall ging als „Karnevalsmord“ in die Kölner Polizeigeschichte ein – seit Dienstag (14. Februar 2023) ist er nun aufgeklärt. Die Polizei hat im Fall der getöteten Petra Nohl (†24) einen heute 56-Jährigen verhaftet!

Am Dienstag vor 35 Jahren, am 14. Februar 1988, dem Karnevalssonntag, wurde die 24-jährige gelernte Friseurin und Mutter einer einjährigen Tochter, Petra Nohl, in der Kölner Innenstadt getötet. Ein Passant entdeckte frühmorgens die Leiche.

Karnevalsmord um Petra Nohl im Jahr 1988

Der frühere Polizeireporter Werner Schlagehan (76) schildert zum Jahrestag im EXPRESS seinen damaligen Einsatz im Mordfall, der auch wegen seiner Umstände in Erinnerung bleibt – der Schul- und Veedelszug zog am Tatort an der Albertusstraße, wo noch die Leiche lag, vorbei.

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Schlagehan, damals bei der „Bild“ beschäftigt (später wechselte er zum EXPRESS), erzählt: „Unsere Redaktion war damals in der Christophstraße. Ich bin zu Fuß über die Mohrenstraße zum Tatort rüber. Fotos machte ich dann selber – die Fotografen waren für den Karnevalszug eingeteilt. Und die Albertusstraße gehörte zur Route. Die Leiche lag quasi hinter dem Reibekuchenwagen.

In einem Haus im ersten Stock sah ich eine Frau aus dem Fenster gucken, ich habe sie angesprochen, ob ich zu ihr hoch könne. Sie sagte: ‚Kumm erup, Jung, von oben siehste alles.‘ Dann war ich ziemlich lange da oben.

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In der Redaktion hörte man über den Zwei-Meter-Funk, wie es an die Polizei vor Ort hieß: Bleiben Sie mal da stehen, der Polizeipräsident ist auch unterwegs, der Jürgen Hosse, der mittlerweile auch tot ist. Am Tatort waren Absperrungen aufgebaut worden.

Ich habe dann mitgekriegt, wie ein damaliger Kriminaldirektor, der offenbar zufällig vor Ort war, er war maskiert und trug eine Pappnase, mit den Uniformierten aneinandergeriet, er sei der Chef hier, er wollte unbedingt zum Tatort, aber die haben ihn nicht reingelassen. Es gab also bisschen Theater.

Ich hab mich dann mit Hosse länger unterhalten. Er sagte, wir versuchen den Zug umzuleiten, aber es geht nicht. Auf einem der Fotos sieht man, wie der Leichenwagen neben dem Karnevalswagen steht. Hosse sagte dann, man habe eine Lösung gefunden. Sobald der Zug von der Magnusstraße kommend die Albertusstraße erreichte, sollte der Zugleitung gesagt werden, dass nicht mehr gesungen werden soll, und es sollte auch keine Kamellerufe geben, aber da standen auch gar keine Leute. Um die Ecke waren aber Tribünen aufgebaut. Man hat das aus Pietätsgründen gemacht.

Dann aber passierte folgendes: Als 100 Meter weiter die Musik wieder losging, spielten sie das Lied ‚Rheinlandmädel‘ von Willi Ostermann. Über das Opfer haben wir an dem Tag nur erfahren, dass es sich um eine junge Frau handelte. Man wusste es ja noch nicht. Der Täter hatte die Tasche des Opfers, in der auch die Ausweispapiere waren, geraubt.”

Was passierte nach der Partynacht von Petra Nohl und ihrer Schwester?

Am folgenden Tag wird bekannt: Das Mordopfer heißt Petra Nohl. Eine verheiratete, aber in Trennung lebende Mutter eines eineinhalb Jahre alten Mädchens.

Die Rekonstruktion ihrer letzten Stunden ergibt: Die gelernte Friseurin, die ihren Job verloren hat und im Woll- und Strickwarengeschäft ihrer Mutter aushilft, war in der Samstagnacht mit ihrer Schwester und ihrer Schwägerin im „Bierdorf“ feiern, der damals beliebten Kneipen- und Discolandschaft unter der „Schweizer Ladenstadt“ (heute Opernpassagen).

Die Frauen verbrachten die meiste Zeit in der Disco „Chari Vari“. Gegen drei, vier Uhr zog Petra Nohl alleine weiter, nachdem sie sich von der Freundin 100 D-Mark geliehen hatte. Vermutlich über die Breite Straße ging sie in Richtung Im Klapperhof, wo sie in die Discobar „Big Ben“ wollte.

Ob sie ihren Mörder auf dem Weg dorthin kennengelernt oder ob der Mörder ihr auf dem weiteren Weg auf der ins Friesenviertel führenden Albertusstraße auflauerte, ist unklar, beides ist möglich. Der Mörder griff die 24-jährige an, fügte ihr durch Schläge schwere Verletzungen an Kopf und im Brustbereich zu und erwürgte sie mit ihrer Halskette. Eine Vergewaltigung fand nicht statt, jedoch kann der Täter dies versucht haben.

Mord verjährt nicht – 35 Jahre später lag der „Cold Case“, das ungeklärte Verbrechen an Petra Nohl, auf den Schreibtischen von „Cold Case“-Mordkommissionsleiter Markus Weber und seinem Team. Jetzt ist der mutmaßliche Täter gefasst.

Am Tatort sichergestellte Faserspuren lassen Rückschlüsse auf die Kleidung zu, die der Mörder in jener Nacht trug. Wahrscheinlich eine schwarze Lederjacke, Bluejeans („stonewashed“) sowie braune Cowboystiefel, damals ein großer Modetrend. Auch Hinweise aus der Sendung „Aktenzeichen XY“ im Dezember 2022 hatten wichtige Erkenntnisse gebracht.