Prozess in KölnFrau fast tot gewürgt: Anwalt lotst „blinden“ Angeklagten in Saal

Der Anwalt hält seinen Mandanten an der Hand und lotst ihn in den Gerichtssaal.

Weil er wegen des Aktenordners nicht sieht, lotst Verteidiger Christoph Klein seinen Mandanten beim Prozessauftakt am Dienstag (28. September 2021) in den Gerichtssaal. 

Die Kölner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen einen 22-Jährigen aus Rösrath erhoben. Er soll die Hilfsbereitschaft seines späteren mutmaßlichen Opfers eiskalt ausgenutzt haben.

von Iris Klingelhöfer (iri)

Rösrath/Köln. Die junge Frau (22) dachte, sie müsse sterben ... Die junge Frau (22) dachte, sie müsste sterben… Nach einem mutmaßlichen Würge-Drama in einer Wohngruppe in Rösrath begann am Dienstag (28. September 2021) der Prozess vor dem Kölner Landgericht gegen einen ehemaligen Bewohner.

Der Angeklagte (19), der in U-Haft sitzt, wurde mit einer Akte vorm Gesicht von seinem Anwalt in den Saal gelotst. Die linke Schulter des 19-Jährigen zuckte, als er dann gegenüber seines mutmaßlichen Opfers Platz nahm. Der zierlichen Frau war die Anspannung anzumerken. Sie tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf, wird von Dagmar Schorn vertreten. So zerbrechlich die 22-Jährige auch wirkt - sie erklärte, dass sie an der Verhandlung teilnehmen möchte. Auch, wenn das bedeutet, dass sie jedes Mal ihrem mutmaßlichen Peiniger gegenüber tritt.

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Dessen Schulterzucken verstärkte sich, als wenig später die Staatsanwältin die Anklage vorlas. Anschließend verkündete Verteidiger Christoph Klein, dass sein Mandant keine Angaben zur Sache machen werde. Für den Prozess sind Verhandlungstage bis Mitte November angesetzt, an denen unter anderem Gutachter gehört werden. Die Staatsanwaltschaft hat bereits beantragt, im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorzubehalten.

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Die Anklage wirft dem 19-Jährigen vor, in der Nacht zum 7. Januar 2021 die 22-Jährige, die in der Einrichtung als Betreuerin beschäftigt war, in sein Zimmer im Keller gelockt zu haben. Dort soll er sie bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und sich anschließend sexuell an ihr vergangen haben. Die Anklage lautet daher auf gefährliche Körperverletzung und besonders schwere Vergewaltigung.

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Der 19-Jährige soll anschließend die bewusstlose Frau über eine Außentreppe nach draußen gebracht, im Außenbereich der Jugendhilfeeinrichtung abgelegt und ihr mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Nach rund einer Stunde rief der Bewohner schließlich gegen 4.05 Uhr selbst den polizeilichen Notruf an. Als die Einsatzkräfte eintrafen, war das Opfer nicht ansprechbar. Es bestand Lebensgefahr, die junge Frau musste intensivmedizinisch behandelt werden. 

Wie die Ermittlungen der Polizei damals ergeben hatte, hatte der Angeklagte die Betreuerin angerufen und gebeten, ihm zu helfen. Er soll behauptet haben, dass er sich aus seinem Zimmer im Keller der Jugendhilfeeinrichtung am Gammersbacher Weg ausgesperrt habe.

Weil der 19-Jährige von sich aus vom Würgen abgelassen haben soll und selbst den Notarzt alarmierte, beantragte die Kölner Staatsanwaltschaft damals nicht Haftbefehl wegen eines versuchten Tötungsdeliktes, sondern „nur“ wegen gefährlicher Körperverletzung. Seit dem 8. Januar sitzt der 19-Jährige, der einschlägig vorbestraft ist, in Untersuchungshaft.