Schüsse in der Fußgängerzone: Warum feuerte ein Polizist auf Lorenz? Der Einsatz sorgte bundesweit für Entsetzen. Nun hat die Staatsanwaltschaft eine Entscheidung getroffen.
Todes-Schüsse in OldenburgPolizist wird angeklagt

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Am Tatort in der Oldenburger Innenstadt erinnern Fotos, Blumen und Kerzen an Lorenz, der durch Polizeischüsse tödlich verletzt wurde (Archivfoto).
Nach den tödlichen Schüssen auf den 21-jährigen Lorenz in Oldenburg am 20. April 2025 hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen einen Polizisten erhoben. Dies teilte eine Sprecherin mit.
„Ein vorsätzliches Tötungsdelikt kann dem Angeschuldigten nach Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht vorgeworfen werden, da er irrtümlich glaubte, sich in einer Notwehrlage zu befinden“, hieß es.
Der Beamte soll den Schwarzen in der Nacht zu Ostersonntag bei einem Einsatz in der Oldenburger Fußgängerzone von hinten erschossen haben. Den Ermittlungen zufolge wurde der Deutsche mindestens dreimal getroffen - in Oberkörper, Hüfte und Kopf. Er starb im Krankenhaus.
„Mit der Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft Oldenburg steht fest, dass die Frage der Strafbarkeit in diesem äußerst komplexen wie aufwühlenden Fall vor Gericht geklärt wird“, sagte Polizeipräsident Andreas Sagehorn. Dieser Schritt sei Teil des rechtsstaatlichen Verfahrens und kann - ganz unabhängig vom Urteil - den Angehörigen und Freunden des Verstorbenen bei der Verarbeitung dieses schrecklichen Ereignisses helfen. Sagehorn: „Ihnen gilt weiterhin mein Mitgefühl.“
Bis zur endgültigen Entscheidung durch die Justiz gelte wie immer die Unschuldsvermutung. „Die Anklageerhebung ist das Resultat professioneller und sorgfältiger Ermittlungsarbeit, wobei die Staatsanwaltschaft von der Polizei vollumfänglich, transparent und neutral unterstützt wurde. Eine Selbstverständlichkeit, die in diesem Fall jedoch leider besonderer Betonung bedarf, da sie von verschiedenen Seiten infrage gestellt wurde“, so Oldenburgs Polizeichef.
Staatsanwaltschaft: Polizist ging von Messerangriff aus
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ging der Polizist davon aus, er werde mit einem Messer angegriffen. Tatsächlich versprühte Lorenz Reizgas gegen den Beamten, ein mitgeführtes Messer benutzte er aber nicht. Demnach wollte der 21-Jährige fliehen, um nicht festgenommen zu werden. Zum Zeitpunkt der Schussabgabe gab es laut Staatsanwaltschaft daher keine Notwehrlage.
Der Polizist hätte erkennen können und müssen, dass das Opfer lediglich fliehen wollte, so die Staatsanwaltschaft. Daher werde der Deutsche wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Damit droht dem Polizisten eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Über die Eröffnung des Hauptverfahrens wird das Landgericht Oldenburg entscheiden.
Der gewaltsame Tod des jungen Mannes machte viele Menschen traurig und fassungslos - weit über die Grenzen der niedersächsischen Stadt hinaus. Nach den tödlichen Schüssen kam es bundesweit zu Demonstrationen gegen Polizeigewalt. (dpa)
