Diagnose kam plötzlichWie Nikos (23) aus Köln sein Leben als fast Blinder meistert

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Nikos (23) hat eine schwerwiegende Diagnose bekommen, will aber positiv durchs Leben gehen.

Köln – Nikos ist 23 Jahre alt, liebt das Reisen, studiert, musiziert und treibt gerne Sport. So weit, so normal. Aber Nikos ist seit zwei Jahren fast blind. Wie geht der Kölner mit dieser Diagnose um und wie kann man trotzdem ein erfülltes, selbstbestimmtes Leben führen?

Nikos aus Köln ist fast blind: Alles begann mit einem Strich

Eines Morgens im April 2017 bemerkt Nikos beim Kaffee trinken im Büro einen weißen, diagonalen Strich, der sich durch das Sichtfeld seines linken Auges zieht. „Ich dachte damals nur an eine Entzündung und bin sicherheitshalber damit mal zum Augenarzt gegangen”, erzählt Nikos. Dort erwähnte er auf Anraten seiner Mutter hin, dass einige seiner Familienmitglieder an der seltenen erblichen Augenkrankheit Lebersche Heriditäre Optikus Neuropathie (LHON) erkrankt sind.

Von dieser sehr seltenen Erkrankung sind in Deutschland nur ca. 3000 Menschen betroffen; jährlich kommen ungefähr 40 Neuerkrankungen dazu. Die LHON wird durch einen Gendefekt ausgelöst und stört die Zellerneuerung der Netzhaut, eine Heilung ist eher unwahrscheinlich.

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Daraufhin schickte man ihn in die Kölner Uniklinik. Nach einem neunstündigen Untersuchungsmarathon hatte er die Gewissheit: Die LHON war auch bei ihm ausgebrochen.

Kölner Nikos: „Das war erstmal ein Schock”

„Natürlich war das erstmal ein Schock für uns alle”, so Nikos. Nach der Diagnose versuchte er, sich noch möglichst viel von der Welt anzuschauen. „Meine Tante hat mir gesagt: Junge, schau dir noch so viel von der Welt an, wie du kannst.”  

Mittlerweile sieht Nikos seine Welt nur noch verschwommen, Farben verblassen und Gesichter kann er nicht mehr deutlich erkennen. Was andere Menschen aus zehn Metern Entfernung erkennen können, sieht Nikos nur noch aus 50 Zentimetern. „In der Mitte meines Gesichtsfelds ist alles stärker verschwommen als zum Beispiel am rechten Rand”, beschreibt Nikos.  

Die Angst vor der Erblindung

Es ist sehr unwahrscheinlich, an der LHON zu erblinden, jedoch besteht ein geringes Risiko, dass dies passieren könnte. Die Betroffenen können dieses Risiko aber selbst beeinflussen. „Wenn ich keinen Alkohol trinke, nicht rauche und mich gesund ernähre, dann müsste alles so bleiben, wie es jetzt ist, aber Angst zu erblinden habe ich trotzdem irgendwie”, sagt der 23-Jährige.

Und vielleicht wird ja irgendwann auch alles besser. Es soll bereits LHON-Erkrankte gegeben haben, welche plötzlich eine Sehverbesserung erlebt haben. Nikos gibt die Hoffnung nicht auf. Ganz im Gegenteil: Er lässt sich von seiner Behinderung nicht aufhalten.

Nikos aus Köln ist fast blind und die Uni legt ihm Steine in den Weg

Meist sind es andere Stellen, die ihn aufhalten. Seit dem Sommersemester 2019 studiert er Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Bonn-Rheinsieg. Doch dort läuft es leider nicht so gut wie erwartet. „Ich wusste vor dem Studium schon, dass ich Prüfungen nicht klassisch mit Stift und Papier ablegen kann”, so Nikos.

Aus diesem Grund traf er sich mit dem Behindertenbeauftragten der Uni, der ihm umfangreiche Unterstützung zusicherte: So sollte ihm ein Prüfungslaptop mit Sprachausgabe, eine Zeitverlängerung sowie die Möglichkeit mündlicher Prüfungen gewährt werden. „Leider musste ich für jede Hilfe kämpfen und habe am Ende nur 25 Prozent Schreibzeitverlängerung bekommen”, erzählt der 23-Jährige.

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Außerdem sei auf dem Laptop keine Sprachausgabe installiert gewesen. „Nur mit der Windows-Bildschirmlupe kann ich mit zwei Prozent Sehvermögen nur mühsam arbeiten”, erklärt Nikos.

Deshalb möchte er nächsten Sommer an die TH Köln wechseln, um dort Online-Redaktion zu studieren. Im Moment ist Nikos deshalb auf der Suche nach einem geeigneten Praktikumsplatz für sein Vorpraktikum.

Mit Lupe und Vorlesebrille zurück ins Leben

Auch wenn man Nikos sein Handicap nicht anmerkt: Ganz ohne technische Hilfsmittel geht es dann doch nicht. So benutzt Nikos zum Beispiel eine Lupe, um sich Texte vergrößern zu lassen. Außerdem verwendet er die sogenannte OrCam – ein kleines magnetisches Gerät, das sich an jeder Brille befestigen lässt. Die OrCam liest ihm dann zum Beispiel Bücher vor.

Außerdem geht er immer noch seinen alten Hobbys nach: Er kocht, macht Musik, treibt Sport und geht auf Reisen.

Um über das Leben mit Behinderung aufzuklären und anderen Menschen mit Handicap Mut zu machen, hat sich Nikos einem Blog angeschlossen, auf dem junge Menschen aus ihrem Leben mit Beeinträchtigung erzählen. Außerdem gibt er seinen Followern auf seinem Instagram-Kanal Einblicke in sein Leben mit Sehbehinderung. Dort teilt er auch seine Musik. „Die Musik ist meine beste Freundin. Sie ist ein Mittel für mich, um mit Herausforderungen umzugehen”, sagt Nikos.