Obdachlos, drogensüchtig – und 140.000 Euro auf dem Konto. Der untypische Fall von Heinz K. wurde vor dem Kölner Landgericht verhandelt.
Drogen in der UnterhoseKölner Obdachloser hat prallgefülltes Konto

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Am Josef-Haubrich-Hof (hier ein Archivfoto eines anderen Polizeieinsatzes am 28. Juni 2022 am Josef-Haubrich-Hof) wurde Heinz K. im April 2025 kontrolliert und festgenommen.
Aktualisiert
Drogen in der Unterhose, ein Messer in der Tasche und 140.000 Euro auf dem Konto – die Geschichte von Heinz K. (46), die jetzt vor dem Kölner Landgericht aufgerollt wurde, ist an Widersprüchen kaum zu überbieten.
Der Mann ist obdachlos, aber wohlhabend. Der Prozess offenbarte eine zutiefst tragische Lebensgeschichte.
Rückblick: Im April dieses Jahres kontrollieren Polizisten und Polizistinnen den 46-Jährigen in der Kölner Innenstadt am Josef-Haubrich-Hof. In seiner Bauchtasche und der Unterhose finden sie einen ganzen Batzen harter Drogen: 4,8 Gramm Kokain, 9,5 Gramm Crack und 2,3 Gramm Heroin. Dazu ein Messer. Für Heinz K. klicken die Handschellen.
Die Anklage ist knallhart: bewaffneter Drogenhandel. Darauf stehen mindestens fünf Jahre Knast. Doch wie rutscht ein Mann mit 140.000 Euro auf dem Konto in die Obdachlosigkeit und Drogenszene ab? Vor Gericht packt sein Verteidiger Jonas Bau die ganze Geschichte aus.

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Der Angeklagte mit Verteidiger Jonas Bau beim Prozess im Kölner Landgericht
Geboren 1979 in Sachsen, reist die Familie 1986 aus der DDR aus. In Bayern soll alles besser werden. Doch für den kleinen Heinz beginnt ein Albtraum. „Er erlebte erhebliche Gewalt durch den Vater, lief mit 13 von zu Hause weg“, schildert Anwalt Bau. Der Junge kommt in Heime, darunter eine kirchliche Erziehungsanstalt.
Trotzdem schafft er die Kurve, macht eine Ausbildung zum Bäcker, wird später Lkw-Fahrer und gründet sogar eine eigene kleine Spedition. Doch die Firma geht insolvent, nachdem ein Mitarbeiter einen Unfall baut. Auch privat gibt es nur Rückschläge: Den Kontakt zu seiner Tochter verliert er, als diese drei Jahre alt ist. Seinen 2012 geborenen Sohn hat er nicht mehr gesehen, seit dieser acht ist. Laut seiner Aussage wollen die Mütter keinen Kontakt.
Der endgültige Wendepunkt im Leben des Heinz K. ist ein schlimmer Motorradunfall im Jahr 2015. Seine Beine sind gebrochen, eine Schwellung unter dem Gips wird offenbar zu spät erkannt. „Das Fleisch fing an zu faulen“, beschreibt K. die schrecklichen Folgen im Gerichtssaal. Er leide seitdem unter erheblichen Schmerzen, laufe „wie ein Rentner“. Seine Drogensucht eskaliert daraufhin völlig, er verliert die Kontrolle über sein Leben.
Nach zwei bereits verbüßten Haftstrafen landet er schließlich obdachlos in Köln. Plötzlich dann der Geldsegen: Durch eine Erbschaft kommt K. an eine Eigentumswohnung in München, die für 200.000 Euro verkauft wird. Mitten in der Drogenabhängigkeit hat er aber keinen Plan, wie er sich damit einen Neuanfang schaffen könnte. „Ich wollte mir vielleicht einen Wohnwagen kaufen“, sagt er.
Bei Razzia: Heinz K. will Polizei seinen Kontostand zeigen
Den Tattag beschreibt sein Anwalt so: K. sei zum Neumarkt gefahren, um seinen Drogenvorrat aufzufüllen. Dem erstbesten Dealer habe er für 660 Euro direkt den ganzen Bestand abgekauft. „Da habe ich einen guten Rabatt bekommen“, erklärt der Angeklagte mit bayrischem Akzent. So habe ihn ein Gramm Kokain nur 20 statt der üblichen 30 Euro gekostet. Zum Weiterverkauf sei das alles nicht gedacht gewesen.
Zum Verhängnis wird ihm, dass er einem anderen Drogenabhängigen einen kleinen Beutel Kokain für 25 Euro weiterverkauft – also fast zum Einkaufspreis. Bei der Razzia habe Heinz K. den Beamten und Beamtinnen noch erklären wollen, gar kein richtiger Dealer zu sein. Er habe ja genug Geld. „Er wollte mit uns zur Sparkasse gehen und seinen Kontostand zeigen“, schildert ein Polizist als Zeuge vor Gericht.
„Ein obdachloser Drogenabhängiger mit so einem Vermögen ist untypisch“, räumt selbst der Staatsanwalt in seinem Plädoyer ein. Dennoch sieht er den Tatbestand des bewaffneten Handeltreibens als erfüllt an und fordert eine harte Strafe: fünf Jahre und fünf Monate Gefängnis.
Das Gericht sieht es am Ende anders. Zwar habe Heinz K. das Kokain verkauft, der Großeinkauf für den Eigenkonsum sei aber plausibel. Das Urteil: drei Jahre und drei Monate Gefängnis. Dazu kommen noch 21 Monate Haft aus einer anderen Sache, die zur Bewährung ausgesetzt war. Die 140.000 Euro auf dem Konto von Heinz K. dürften damit bald Geschichte sein – denn das Land NRW kann Haftkosten geltend machen. (red)