„Rosins Restaurants“TV-Eklat: Wirt provoziert Sterne-Koch mit T-Shirt – der bricht Einsatz prompt ab

Seit über 200 Jahren befindet sich der „Gasthof Schütz“ in Langgöns in Familienbesitz. Seit 36 Jahren bedient Hartmut nur den Zapfhahn. In der Küche rührt er keinen Finger. Selten wirkte Frank Rosin so fassungslos.

In einem Land vor unserer Zeit: Auf den ersten Blick wirkt die mit Holzmöbeln und Spielautomaten vollgestellte Wirtsstube im „Gasthof Schütz“ in Langgöns, wenige Kilometer vor den Toren Gießens, ganz gemütlich. Wenn man mal großzügig von den Spinnweben an der Decke, den Hundehaaren auf dem Teppich und den Brandlöchern in den Polstern absieht. Und ja: Die Wände sind vom jahrzehntelangen Zigarettenrauch komplett vergilbt. Und natürlich sollte man besser auch nicht mit der flachen Hand auf die Sitzbank klopfen. Dann wirbelt nämlich Staub auf.

Ansonsten wirkt der Raum, über den Wirt Hartmut hinter dem Tresen wacht, trotz aller Schauerlichkeiten allerdings ganz behaglich. Ein Ort, an dem man Bier erwartet. Und dazu unkomplizierte Kneipengerichte wie Bratwurst und Strammer Max.

„Einkonservieren – und ein Museum daraus machen“

Der erste, staunende Befund von Frank Rosin: „Einkonservieren – und ein Museum daraus machen.“ Es sind nostalgische Anwandlungen, die den heutigen Sternekoch für einen kurzen Moment sentimental werden lassen in der aktuellen Kabel-Eins-Folge von „Rosins Restaurants“. Immerhin stammt er selbst aus dem Ruhrpott. Und in Wirtschaften wie diesen wurde er mit seinen Eltern, die auch einen Imbiss betrieben, groß.

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Doch als Gastro-Historiker ist Rosin ja nicht nach Mittelhessen gekommen. Es geht dem Betrieb, in dem Hartmut seit 36 Jahren so etwas wie ein, nun ja, Wirt ist, nicht gut. Zwar besteht sein „Gasthof Schütz“ nun schon in der fünften Generation – über mehr als 200 Jahre hinweg. Allerdings kommen immer weniger Gäste. Teilweise liegt der Tagesumsatz im niedrigen zweistelligen, an ganz schlimmen Tagen sogar nur im einstelligen Bereich.

„Bevor du fragst: Nein!“ Den T-Shirt-Aufdruck von Wirt Hartmut fasst Frank Rosin als blanke Provokation auf. Es kommt zum Eklat.

„Bevor du fragst: Nein!“ Den T-Shirt-Aufdruck von Wirt Hartmut fasst Frank Rosin als blanke Provokation auf. Es kommt zum Eklat.

„Es geht auf Dauer nicht mehr“, klagt Ehefrau Verena. „Ich bin mit meinem Latein am Ende.“ Was sie sagt, stimmt. Allerdings ist sie nicht Teil des Problems. Ganz im Gegenteil: Sie könnte Teil der Lösung sein. Dass Verena hart arbeiten und beherzt zupacken kann, sieht man ihr an – leider aber auch die enorme Belastung, bei der alles letztlich auf ihren Schultern liegt.

Zapfhahn auf, Zapfhahn zu: Wirt Hartmut liebt überschaubare Aufgaben

Je mehr Frank Rosin herausfindet, desto fassungsloser wirkt er: Tatsächlich steht Verena ganz allein in der Küche, um dort Gastro-Verlegenheitsangebote wie Pizza, Pommes, Burger und Nudeln zuzubereiten. Alle Planungs- und Kalkulationsaufgaben liegen zudem wie selbstverständlich bei ihr. Und um das wenige Geld zu erwirtschaften, mit dem die beiden überleben sollen, arbeitet Verena halbtags noch als Sekretärin.

Kein Wunder, dass sie sich am sichtbarsten über Frank Rosins Ankunft freut. „Mir ist ein ganzes Gebirge vom Herzen gefallen“, sagt Verena, als der Restauranttester vor Ort loslegt. Sie droht an der Mehrfachbelastung zu zerbrechen. Und Hartmut? Der bedient den Zapfhahn. „Ich bin Chef hier im Gastraum.“ Alles andere macht Verena. So sieht zumindest sein „Geschäftmodell“ aus. Wer Frank Rosin kennt, weiß natürlich, dass das nicht lange so bleiben kann.

Zunächst bleibt der Küchenexperte, der durchaus auch mal ruppig werden kann, wenn es die Lage vor Ort erfordert, ruhig. „Nette Leute“, sagt er über Verena und Hartmut. „Eigen – aber nett.“ Allerdings kann er dann doch schon am ersten Tag mit der Kern-Wahrheit nicht mehr zurückhalten: „Ihr seid ein katastrophales Team“, konzediert Rosin.

Der Angriff zielt natürlich auf Hartmut. Rosin meint, er habe noch nie einen Mann gesehen, der nur so wenig wie möglich tut. Und sich trotzdem Gastronom nennt.

Zurück zu klassichen Kneipen-Wirtshausgerichten

Trotzdem rollt dann erst einmal die übliche Maschinerie der Sendereihe an: Der sympathische Österreicher Flo, Ausstattungsexperte auch für wirklich harte Fälle, nimmt sich der behutsamen Überarbeitung des Gastraums an. Angedacht ist eine Auffrischung, die allerdings den alten Charakter und den Rest von Charme durchaus bewahrt – unter Berücksichtigung von Hygienestandards, versteht sich.

Frank Rosin schnappt sich nach einem desaströs verlaufenen Test-Essen Verena. Die ist zwar ungelernte Köchin. Aber sie kann kochen. Und arbeiten. Und sie weiß natürlich auch selbst, wo man ansetzen muss. „Katastrophe, Katastrophe, Katastrophe“, stöhnt sie nach der vergeigten Prüfung durch die Testesser. Aber nun soll es ja weitergehen.

In einem angemieteten Kochstudio – fern vom Chaos – nimmt Frank Rosin Verena unter die Fittiche und übt mit ihr ein, womit man einem einfachen Dorfgasthof wie dem „Schütz“ punkten kann. Mit authentischen, unkomplizierten Wirtshausklassikern wie einem schmackhaften Geschnetzelten auf Röstkartoffeln. Natürlich schmeckt alles, wenn man es richtig macht und wenn die Zutaten frisch sind.

Weniger erfrischend wirkt der Praxistest zurück im Familienbetrieb, wo Rosin nun auch Hartmut mit in die Pflicht nimmt – als Küchenhelfer. „Hartmut ist ein sehr eigener Mensch“, sagt der Restaurantprofi. „Jetzt muss er mir zeigen, dass er sich wirklich verändern kann.“ Und tatsächlich: Hartmut versucht zu helfen. Allerdings überfordern ihn selbst einfachste Küchenangelegenheiten – etwa das zackige Schälen von Kartoffeln.

„Komm, beweg dich!“

Aus der Ruhe bringen lässt sich Hartmut allerdings zunächst kaum. „Welches Messer würdest du mir empfehlen?“, fragt er naiv und geht seiner hart werkelnden Verena damit gehörig auf die Nerven. „Bei der dritten Kartoffel wird das schon besser.“ Frank Rosin fällt es nicht leicht, nicht komplett auszuflippen. „Komm, beweg dich“, sagt er nur.

Tatsächlich kommt es dann aber doch zum Wutausbruch. Dann nämlich, als Frank Rosin nach einigen Tagen – der Gastraum wurde aufgehübscht, Verena hat sich eine neue, ehrliche Kneipenkarte ausgedacht – wieder an den „Tatort“ zurückkehrt. Und leider herausfindet: In der Küche flutscht es immer noch nicht. Hartmut bockt.

Noch einmal steht Rosin bei den beiden mit am Herd. Und wieder muss er die Ahnungslosigkeit es „Gasthof Schütz“-Wirts miterleben. Hartmut hat doch tatsächlich nach 36 Jahren Berufspraxis offenbar noch nie einen Pürierstab in der Hand gehabt. „Du hast überhaupt kein Talent für die Sache, die ihr hier macht“, schimpft Rosin.

Frank Rosin schäumt: „Das ist für mich totale Ignoranz“

Und Hartmut? Der meckert jetzt zurück. „Da kann einem die Lust vergehen“, sagt er. „Wenn man wie ein kleiner Bub hingestellt wird.“ Bitteres Fazit des Restauranthelfers: „Es funktioniert einfach nicht.“ Nur um einen Tobsuchtsanfall zu verhindern, bricht Rosin das Testkochen ab – für eine Nacht Bedenkzeit.

Als er tags darauf wiederkehrt, eskaliert die Lage im „Gasthof Schütz“.  Auf Hartmuts T-Shirt zu lesen: „Bevor du fragst: Nein“, prangt auf seiner Brust. Er räumt ein, dass er die Faust in der Tasche ballt. „Ich habe das Gefühl, dass hier jemand extremst auf die Bremse tritt“, sagt Rosin. Und das ist noch freundlich formuliert. Wenig später brüllt er!

„Dein Mann hat sich seit 30 Jahren nicht für deinen Job interessiert“, sagt Rosin zu Verena. „Das ist für mich totale Ignoranz.“ Man kommt nicht mehr zusammen. „Das T-Shirt, das Hartmut da trägt, ist natürlich ein Arschtritt“, tobt der Sternekoch. Und dann gibt er die Mission auf – ein Moment, den die Sendereihe eigentlich nicht vorsieht.

Kein Happy End. Ein Scherbenhaufen. „Scheiße“, klagt Verena da nur noch. „Ich hätte nicht gedacht, dass es zum Abbruch kommt.“ Man kann ihr nur wünschen, dass sie trotzdem etwas gelernt hat von den vielen, eigentlich ja völlig richtigen Anregungen. Dass Hartmut sich noch mal ändert, kann man wohl nicht erwarten. (tsch)