Gesellschaftliche VerantwortungAuch der Profisport muss in den Corona-Lockdown

Neuer Inhalt (2)

Der Profisport muss auch in den Lockdown und den Spielbetrieb unterbrechen, findet unser Autor. Im Bild bejubeln die Spieler des 1. FC Köln das 1:0 gegen Mainz 05.

von Michael Eham (eham)

Köln – Das öffentliche Leben wird ab Mittwoch für mindestens drei Wochen drastisch heruntergefahren. Jetzt muss auch der Profisport in den Lockdown, findet unser Autor Michael Eham. Ein Kommentar.

Bis zum 10. Januar sollen nicht mehr nur Restaurants und Kultureinrichtungen geschlossen bleiben, sondern auch der Einzelhandel mit Ausnahme der Geschäfte für den täglichen Bedarf. Kurz gesagt: Deutschland steht still.

Lockdown in Deutschland: Nicht-Äußerung der Politik ist keine Erlaubnis

Also nicht ganz. Deutschland steht fast still. Denn zum Profisport haben sich Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten nicht geäußert. Und die Verantwortlichen bei den Verbänden und Vereinen sehen in dieser Nicht-Äußerung die Erlaubnis, so weiterzumachen als wäre Deutschland bei den Infektionszahlen vom September stehengeblieben.

Alles zum Thema Corona

Doch stattdessen bieten die Zahlen stets neue Rekorde. Am vergangenen Donnerstag meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) mit 29.875 Neuinfektionen ein Allzeithoch. Und im Vergleich zum Montag in der Vorwoche (12.332) sind die Zahlen auch heute (16.362) um ein Drittel höher.

Harter Lockdown ab Mittwoch: Der Profisport wie Galliens letzte Bastion

Wie die letzte Bastion Galliens gegen die Römer sträubt sich der Profisport gegen den Lockdown. Spätestens jetzt muss der Profisport seiner gesellschaftlichen Verantwortung, auf die er sich bei allen sich bietenden Gelegenheiten beruft, gerecht werden. Gerade der Schock der Verletzung des Ex-Kölners Mark Uth im Spiel von Augsburg gegen Schalke sollte die Liga wieder einmal daran erinnert haben, dass die Gesundheit aller – auch der Sportler – vorgeht.

In Tagen, in denen nur noch Geschäfte für den täglichen Bedarf wie Lebensmittelläden oder Apotheken geöffnet bleiben dürfen, in denen sogar Schulkinder vom Präsenzunterricht fernbleiben sollen und Kindergärten schließen und in denen Familien an Weihnachten getrennt bleiben – in diesen Tagen sollen ausgerechnet Sportereignisse wie die Fußball- oder Handballbundesliga weitergehen oder wie die Deutsche Eishockeyliga (DEL) am Donnerstag in die Saison starten.

Corona: 8,11 Prozent der Bundesligaspieler wurden positiv getestet

Und erlauben Sie ein kleines Rechenspiel: Bisher wurden nach einer „RP“-Auflistung 43 Bundesligaspieler positiv auf das Corona-Virus getestet. Bei 530 Spielern, die Transfermarkt.de zu den Kadern der Klubs zählt, ergibt das eine Quote von 8,11 Prozent infizierter Spieler. Deutschlandweit wurden bis heute 1.337.078 Menschen positiv getestet – das sind 1,61 Prozent der deutschen Bevölkerung.

Natürlich erlaubt das jetzt nicht den Schluss, dass die Infektionszahlen in der Bundesliga dramatisch höher ausfallen als im Rest der Bevölkerung, denn die Massentests in der Liga lassen die Dunkelziffer gen Null gehen.

Hygienekonzept der DFL hat Lücken

Allerdings lässt sich mit sicherer Gewissheit sagen: Das DFL-Hygienekonzept hat Lücken und trägt zum Infektionsgeschehen bei. Anders als beispielsweise bei Restaurants und Friseuren, wo dies nur vermutet wird und noch keine aussagekräftigen Studien vorliegen.

Freilich spielt der Spitzensport eine bedeutende Rolle unserer Gesellschaft. Dennoch gilt auch hier, eine Abwägung durchzuführen. Auf der einen Waagschale liegen der Wirtschaftszweig und die gesellschaftliche Funktion des Sports und auf der zweiten Waagschale die gesundheitlichen Auswirkungen und die Vorbildrolle des Profisports.

Für mich ist Lösung einfach: Die Entscheider bei Verbänden, Ligen und Klubs müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und ungeachtet der politischen Entscheidungen sich selbst in einen Lockdown begeben!