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Biathlon-Star im InterviewDoll kritisiert ARD & ZDF: „Nicht nach Quoten schauen“ – Lob für Schalke

Benedikt Doll in Aktion bei der Biathlon-Staffel über 4 x 7,5 Kilometer.

Biathlet Benedikt Doll am 1. Dezember 2022 beim Weltcup-Einsatz für die deutsche Staffel in Kontiolahti/Finnland.

Den Start in den Biathlon-Weltcup verfolgten knapp drei Millionen Fans vor dem TV. Im Interview meint Ex-Weltmeister Benedikt Doll aber, dass ARD & ZDF nicht immer nach der Quote schauen sollten.

von Uwe Bödeker (ubo)

Benedikt Doll zählt zu den besten deutschen Biathleten der vergangenen Jahre. Der 32-jährige Schwarzwälder wurde 2017 Weltmeister und gewann 2018 bei Olympia in Pyeongchang zweimal Bronze.

Im Interview mit EXPRESS.de spricht er vor dem zweiten Weltcup-Rennen in Hochfilzen/Österreich (ab 8. Dezember 2022) über den Saisonstart, die anstehende Heim-WM und Biathlon auf Schalke.

Wie haben Sie den Saisonstart in den Weltcup empfunden, mit der Staffel wurden Sie Zweiter, im Einzel gab es Platz 11 und 12...

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Benedikt Doll: Es war sehr positiv. Ich habe mich in den Jahren zuvor immer läuferisch sehr schwergetan zum Start in die Saison. Jetzt fühle ich mich von der Form her schon sehr weit. Auch das Schießen war stabil – aber wenn ich ganz vorne landen will, muss ich besser werden und mehr als 90 Prozent treffen.

Das Material ist auch ein wichtiger Faktor, wie sehr sind Sie da involviert?

Doll: Ich weiß, was ich für Ski habe und was zu mir passt. Mit dem Präparieren habe ich aber nichts zu tun. Früher haben wir auch immer noch Tests kurz vor den Rennen gemacht, doch mittlerweile liegen die Rennen von Frauen und Männern so dicht beieinander, dass dafür keine Zeit mehr ist. Das Material war zum Start jedenfalls gut, dann macht es auch mehr Spaß.

Für den Spaß sorgt auch die neue Generation um David Zobel, der zum Start auf Rang drei landete.

Doll: Ja, unser Team hat wirklich einen guten Start in den Weltcup hingelegt, das war ein bisschen abzusehen, denn schon im Sommer hat man gespürt, dass die Jungs die Lücke geschlossen haben. Das ist wirklich cool – vor allem mit Blick auf die Staffel. Wir können jetzt Ausfälle eher kompensieren. Das war in den letzten Jahren nicht immer so.

Sind die Biathlon-Männer also für die Zukunft gerüstet?

Doll: Für den Weltcup sind wir breit aufgestellt für die nächsten drei bis vier Jahre. Aber im IBU-Cup nicht, da klafft eine Lücke. Wir haben also nicht super viele Männer im deutschen Biathlon.

Sie sind mit 32 im Herbst der Karriere – was sind Ihre Ziele für diese Saison auch mit Blick auf die Heim-WM in Oberhof im Februar?

Doll: Ich will 90 Prozent Trefferquote erreichen. Eine Platzierung gebe ich nicht als Ziel aus. Das habe ich sonst zwar immer gemacht, aber ich habe keine Lust mehr, mich selbst unter Druck zu setzen. Wichtig ist, dass ich gut reinkomme in die Saison, noch haben wir zwei Weltcups in Österreich und Frankreich vor Weihnachten, danach kann ich dann mal Richtung WM schielen. Die ist aber aktuell noch weit weg.

Es könnte ihre letzte Saison sein. Was kommt danach? Könnten Sie sich einen Job als TV-Experte oder als Trainer vorstellen?

Doll: Als TV-Experten sehe ich mich nicht, auch nicht als Trainer, eher ehrenamtlich. Ich will eher was im elektronischen Informatikbereich machen. Das interessiert mich. Ich werde nach der Karriere bestimmt auch nochmal studieren, in Freiburg gibt es einen entsprechenden Studiengang.

Benedikt Doll freut sich auf Biathlon auf Schalke am 28. Dezember 2022

Am 28. Dezember 2022 steht wieder der Biathlon auf Schalke auf dem Programm – was macht diese Veranstaltung so besonders für Sie?

Doll: Auf Schalke ist immer viel Spaß dabei. Man kann ein bisschen was ausprobieren und auch mal höheres Risiko gehen, schließlich geht es nicht um Weltcup-Punkte. Und die Fans sorgen immer für eine ganz besondere Atmosphäre – diese Idee, Biathlon in einem Fußballstadion zu veranstalten, ist schon ganz besonders. Das hat schon gefehlt in den letzten beiden Jahren als es ausgefallen ist.

Thema Klimawandel – da es immer wärmer wird und auch in den Skigebieten seltener Schnee liegt, wäre es ein Konzept, auch mit Weltcup-Veranstaltungen in Arenen wie auf Schalke zu gehen?

Doll: Wir müssen uns auf jeden Fall Gedanken über die Zukunft machen. Finden die Fans Wettbewerbe auf Skirollern genauso interessant? Einen brauchbaren künstlichen Schnee-Ersatz gibt es jedenfalls noch nicht. In vielen Wintersportregionen setzt man auf ein Schneedepot, aber das ist auch schnell leer und bei hohen Temperaturen kann man auch keine Pisten mit Schneekanonen präparieren. Wenn man für ein 3,3 Kilometer langes Weltcup-Rennen Schnee auf Schalke produziert, weiß ich auch nicht, ob das energetisch sinnvoller ist. Wir müssen auf jeden Fall flexibel sein und da sind wir bei unserem Weltverband IBU auch gut aufgestellt.

Wie feiern Sie Weihnachten?

Doll: Ich komme am 20. Dezember aus Frankreich heim in den Schwarzwald und bin dann fünf Tage daheim bei meiner Frau und unserem viermonatigen Sohn. Dann hoffe ich auf Schnee am Feldberg. Wenn kein Schnee liegt, müsste ich nochmal schauen, wo ich hinfahre, darauf habe ich eigentlich keine Lust. Weihnachten sieht dann so aus, dass ich zweimal am Tag trainiere und dann gut esse.

Braten und Plätzchen – ist da alles erlaubt?

Doll: Auf jeden Fall, da wird geschlemmt. Essen ist mir sehr wichtig. Wir haben das Glück, dass wir uns von den Eltern und Schwiegereltern bekochen lassen können. Die machen das immer äußerst lecker.

Biathleten aus Norwegen klagen nach Corona über Langzeitfolgen

Wie sind Sie als Sportler durch Corona gekommen? Gibt es Kollegen mit Langzeit-Problemen?

Doll: Im deutschen Team sind wir ganz gut bisher durchgekommen. Viele hatten am Ende der vergangenen Saison Corona. Ich auch, habe mich da einen Monat nicht gut gefühlt und hatte Druck auf der Lunge, aber das war in der trainingsfreien Zeit. Jetzt spüre ich keine Spätfolgen. Aber von anderen Nationen hört man ab und zu etwas. Die Norweger hadern, es gibt schon einige Sportler, die nicht mehr ganz so leistungsfähig sind.

Wie schützen Sie sich vor Krankheiten?

Doll: Im Sommer arbeiten und trainieren wir sehr hart, da wäre es natürlich blöd, wenn man im Winter krank ausfällt. Deshalb achten wir schon genau darauf, was wir machen. Wir müssen natürlich rumfliegen, das ist alles andere als toll. Doch dabei halten wir uns an das Hygienekonzept, tragen Masken und desinfizieren viel. Dabei geht es nicht nur um Corona. Wir wollen uns generell nichts einschleppen an Krankheiten.

Was darf bei Ihnen an einem Wettkampftag nicht fehlen?

Doll: Die Aufarbeitung nach dem Rennen. Das sind für mich immer besondere Momente – wir haben gearbeitet, etwas geleistet und setzen uns dann bei Kaffee und Kuchen zusammen und schauen zurück. Da hilft man einander, wenn es mal nicht so gut gelaufen ist.

Haben Sie auch Rituale vor den Rennen?

Doll: Nein, Aberglaube habe ich mir abgewöhnt, ich will mich da nicht von irgendetwas abhängig machen.

Biathlet Benedikt Doll: Lohnt sich, für Olympia in Deutschland zu kämpfen

Fänden Sie es gut, wenn Deutschland nochmal olympische Spiele ausrichten würde? Oder ist ein weiterer Anlauf sinnlos?

Doll: Ich denke, es ist schon möglich, in Deutschland Olympische Spiele auszurichten. München war doch im Sommer bei den European Championchips ein hervorragender Gastgeber. Das hatte ja schon was von Olympia und hat für große Begeisterung gesorgt. Es lohnt sich also schon, für die Spiele zu kämpfen. Aber das IOC muss umdenken und darf nicht nur nach dem Geld gieren. Zuletzt waren die Kosten viel zu groß und die Umwelt wurde zu sehr belastet. Aber auch Deutschland muss sich bewegen.

Inwiefern muss sich Deutschland bewegen?

Doll: Wir müssen wieder für einen besseren Stellenwert des Sports in der Gesellschaft sorgen. Das Interesse am Sport hat schon abgenommen, in den Vereinen sind immer weniger Menschen aktiv. Wir müssen wieder mehr Kinder und Jugendliche für den Sport begeistern. In Frankreich oder Italien ist das noch anders – da kommen 5000 Fans zu einer nationalen Biathlon-Meisterschaft, bei uns sind es 500.

Nehmen Sie hier an unserer Olympia-Umfrage teil:

Überstrahlt König Fußball in Deutschland alles?

Doll: Das würde ich auch gerne wissen, ob Fußball mit seiner Präsenz andere Sportarten verdrängt oder ob das nicht so ist. Im Wintersport geht es uns gut, da können Athletinnen und Athleten noch gutes Geld verdienen, weil die TV-Präsenz da ist. Und da nehme ich für die Zukunft die öffentlich-rechtlichen Sender auch wieder mehr in die Verantwortung. Sie sollen nicht nach Quoten schauen, sondern auch mal Interesse für gewisse Sportarten aufbauen in Deutschland.