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Ehrliche WorteBeim DFB-Comeback: Weltmeister Ginter über Belastung, Katar und Bayern-Krise

Matthias Ginter bedankt sich nach dem Schlusspfiff bei den Fans.

Bisher zum letzten Mal stand Matthias Ginter am 14. November 2021 für Deutschland beim WM-Qualifikationsspiel in Armenien auf dem Platz.

Nach seinem Wechsel von Borussia Mönchengladbach zum SC Freiburg kommt Matthias Ginter wieder in Form. Daher wurde der Verteidiger auch wieder zur Nationalmannschaft berufen.

von Marcel Schwamborn (msw)

Matthias Ginter (28) kommt auf den ersten Blick so unscheinbar daher. Doch der Innenverteidiger ist für deutsche Auswahl-Mannschaften seit über zehn Jahren eine feste Größe. Die Erfolgsbilanz liest sich beeindruckend: Weltmeister, Confed-Cup-Sieger, Silber bei Olympischen Spielen, Nationalspieler des Jahres 2019.

Sein letztes der bisher 46 Länderspiele absolvierte der frühere Gladbacher allerdings schon im November 2021. Nach seinem Wechsel von der Borussia zum SC Freiburg greift der Routinier nun auch beim DFB neu an. Für EXPRESS.de nahm sich Ginter in Frankfurt ausführlich Zeit für ein Gespräch über seine Situation.

Matthias Ginter über den Traum-Start beim SC Freiburg

Wie fällt Ihre erste Bilanz nach den ersten zehn Pflichtspielen für Freiburg aus? Matthias Ginter: Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl – das hat sich bestätigt. Nach sieben Bundesliga-Spieltagen ist es noch ein wenig früh für ein Fazit, aber ich fühle mich einfach super wohl. Ich kann mich wirklich nicht beschweren.

Sie haben schon fünf Torbeteiligungen – und das als Verteidiger. Matthias Ginter: Dafür tue ich auch viel. Nach dem Training übe ich immer noch Abschlüsse. Da versuche ich mich stetig weiterzuentwickeln. Aktuell kommen die Bälle in den Spielen ganz gut, und ich stehe richtig (lacht).

Wie ist der Freiburger Höhenflug zu erklären? Matthias Ginter: Die Entwicklung des Vereins ist seit zwei, drei Jahren sehr gut. Das neue Stadion gibt auch noch mal einen Push. Die Euphorie aus der Vorsaison mit den Erfolgen Europapokal-Qualifikation und DFB-Pokalfinale spürt man im Verein und im Umfeld. Es ist mein Ziel, zu helfen, dass diese Entwicklung weitergeht. Wo das hinführt, ist schwer vorherzusehen.

Was genau macht Trainer Christian Streich so besonders? Matthias Ginter: Wir profitieren immer sehr vom Kollektiv, das Christian Streich fördert. Die Bereitschaft, zusammenzuarbeiten, ist in unserer Mannschaft enorm groß. Auch individuell macht Christian Streich viele Besprechungen mit einzelnen Videoszenen. Er arbeitet sehr detailliert, gefühlt 24 Stunden am Tag. Diese Akribie gepaart mit der Energie und Emotionalität, die er hat, ist für uns Gold wert.

Selfie von Marcel Schwamborn und Matthias Ginter.

Matthias Ginter sprach im Teamhotel der Nationalmannschaft am 21. September 2022 mit EXPRESS.de-Reporter Marcel Schwamborn.

Wie beschreiben Sie Ihr Verhältnis zu Hansi Flick? Matthias Ginter: Mein Verhältnis zu Hansi Flick ist sehr gut, wie zu seinem Vorgänger Joachim Löw auch. Beide sind fantastische Trainer. Mein Start bei Hansi Flick war etwas schwierig, weil ich zunächst wegen meiner Corona-Infektion ausgefallen bin. Gerade im vergangenen halben Jahr, als es um meinen Wechsel weg aus Mönchengladbach ging, haben wir uns oft ausgetauscht, weil mir seine Meinung auch sehr wichtig war.

Im vergangenen Sommer hat er Sie aber nicht nominiert. Matthias Ginter: Das war natürlich bitter und enttäuschend für mich. Wir haben uns damals offen und ehrlich ausgetauscht. Am Ende meiner Zeit in Gladbach, als es um nicht mehr viel ging, habe ich nicht mehr gespielt, es lief nicht mehr so richtig prickelnd bei mir. Ich habe den freien Sommer dann als Chance gesehen, mal komplett vom Fußball abzuschalten.

Ist das vielleicht auch jetzt Ihr großer Vorteil? Matthias Ginter: Ich hatte erstmals seit rund zehn Jahren einen richtigen, längeren Urlaub. Mir ist schon bewusst, dass es belastendere Jobs gibt, etwa in der Pflege oder im medizinischen Bereich, wo Großes geleistet wird. Aber es tat mal echt gut, drei Wochen lang vom Kopf her abzuschalten. Anschließend habe ich mit aufgeladenen Akkus eine komplette Vorbereitung absolviert.

Und: Haben Sie einen Unterschied gespürt? Matthias Ginter: Das wollte ich bisher nicht so wahrhaben, weil ich immer spielen will. Keiner verzichtet freiwillig auf Spielzeit, aber im Nachhinein war es vielleicht auch ganz gut, dass ich mal mental komplett runterfahren konnte. So bin ich jetzt topfit und angriffslustig.

Matthias Ginter: „Ich habe große Lust auf die WM in Katar“

Wie viel Lust haben Sie denn auf eine WM-Teilnahme? Matthias Ginter: Große Lust! Natürlich ist die Situation in Katar nicht zufriedenstellend. Aber für einen Spieler sind Welt- und Europameisterschaften etwas ganz Besonderes. Da will, denke ich, jeder dabei sein. Deswegen sitzen wir Spieler zwischen den Stühlen. Man darf die Themen abseits des Sportlichen nicht unbeachtet lassen, da werden wir vom DFB gut vorbereitet. Aber letztlich wollen wir auch ein Turnier gewinnen und müssen top vorbereitet sein.

Wie denken Sie generell über die zunehmende Belastung als Fußball-Profi? Matthias Ginter: Auf der einen Seite will man die Wettbewerbe immer mehr aufblähen, will Turniere und Wettbewerbe für alle zugänglich machen, auch für kleinere Nationen und Vereine. Andererseits wollen die Fans die höchste Qualität sehen. Beides zusammen ist aber sehr schwierig. Ich bin selbst Fußball-verrückt und möchte am liebsten jeden Abend ein Spiel schauen. Darunter leidet dann aber oft die Qualität des Spiels, weil es einfach zu viele Spiele für manche Mannschaften sind.

Haben Sie noch Kontakt zu Ex-Klub Gladbach? Wie denken Sie über die Entwicklung? Matthias Ginter: Ich war nach unserem Duell in Freiburg in der Borussia-Kabine. Florian Neuhaus habe ich alles Gute nach seiner Verletzung gewünscht. Mit Jonas Hofmann spiele ich bei der Nationalmannschaft, mit Lars Stindl und anderen Mitarbeitern habe ich kurz gesprochen. Es freut mich, dass wieder Ruhe eingekehrt ist im Verein und alle wieder gut und vernünftig arbeiten können. Grundsätzlich bin ich, wenn ein Gladbach-Spiel im TV kommt, natürlich weiterhin für Gladbach. Mir bleiben die vielen schönen, auch emotionalen Momente aus den ersten vier Jahren in Erinnerung, auch wenn die Zeit in Gladbach nicht wie gewünscht zu Ende ging. Auch privat werde ich immer schöne Dinge mit meiner Borussia-Zeit verbinden: Ich habe in diesen Jahren geheiratet und wir haben ein Kind bekommen. Wir haben uns immer sehr wohlgefühlt.

Freiburgs Matthias Ginter bejubelt das Tor zum 1:1.

Matthias Ginter präsentiert sich im Trikot des SC Freiburg (hier am 3. September 2022 gegen Leverkusen) sehr treffsicher.

Und was sagen Sie zum neuen Leipzig-Duo Marco Rose und Max Eberl? Matthias Ginter: Ich hatte schon Kontakt zu Marco und ihm viel Glück gewünscht, für ihn freut es mich riesig. Er ist ein super Trainer und ein noch besserer Mensch. Wir hatten ein super Verhältnis. Ich wünsche ihm in seiner Heimat alles Gute. Zu Max kann ich nicht viel sagen, da ich zu ihm keinen Kontakt habe. Es ist natürlich schön, dass er sich so schnell wieder erholt hat.

Matthias Ginter über das neue Leipzig-Duo Marco Rose/Max Eberl

Sie stehen mit Freiburg in der Tabelle vor Bayern. Erlebt die Bundesliga in dieser Saison einen neuen Meister? Matthias Ginter: Wenn es jetzt nicht der siebte, sondern der 30. Spieltag wäre, könnte man spekulieren. Aber wir alle kennen doch die Bayern: Wenn man denkt, dass sie zu packen sind, dann schlagen sie zurück. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn es mal einen anderen Meister geben würde. Aber letztlich waren die Bayern immer da, wenn es drauf ankam. Das ist eben auch eine Riesen-Qualität, in den Spitzenspielen Leistung zu bringen. Für Teams wie Freiburg oder Union ist die Tabelle eine schöne Momentaufnahme. Auf uns warten aber noch happige Monate mit vielen englischen Wochen. Bayern ist weiterhin das Maß aller Dinge. Aber es würde sicher viele freuen, wenn am Ende mal ein anderes Team das Rennen macht.

Sie hatten auch immer mal den Traum, im Ausland zu spielen. Ist dieser Plan noch aktuell? Matthias Ginter: Ich habe nie gesagt, dass ich den Traum hätte, im Ausland zu spielen. Klar hätte ich mir das Ausland auch zugetraut, aber ich habe einfach eine große Verbundenheit zu Deutschland und der Bundesliga. Und in Deutschland hatte ich bei Freiburg das beste Gefühl, dort wurde jemand auf meiner Position gesucht, der Trainer ist sehr wichtig für mich, im Team steckt viel Potenzial. Dazu kamen familiäre, emotionale Aspekte, ich bin schließlich dorthin zurückgekehrt, wo alles seinen Anfang genommen hat. In meiner Vita stehen mit Freiburg, Dortmund und Gladbach auch ohne einen Abstecher ins Ausland drei absolute Traditionsmannschaften in Deutschland. Darauf bin ich stolz.