Johannes B. Kerner exklusivTV-Star über deutschen WM-Frust und Katar-Protest: „Ein Rätsel“

Johannes B. Kerner, WM-Moderator bei Magenta TV, wird von einer Maskenbildnerin abgetupft.

Johannes B. Kerner in der Maske. Der Fernseh-Star moderiert aus dem WM-Studio für MagentaTV.

Der Schock saß auch im MagentaTV-Studio tief nach der Auftaktpleite gegen Japan. Johannes B. Kerner präsentiert dort die WM 2022 mit Michael Ballack und Tabea Kemme. Das EXPRESS.de-Interview.

von Alexander Haubrichs (ach)

TV-Moderator Johannes B. Kerner (57) moderiert bei der Fußball-WM in Katar für MagentaTV. EXPRESS.de hat mit dem Talk-Master über die brisanten Themen rund um das Wüsten-Turnier gesprochen – und über die deutsche Auftaktpleite gegen Japan.

Herr Kerner, der Auftakt bei der Fußball-WM 2022 in Katar ging für die deutsche Mannschaft gründlich in die Hose. Wie fällt ihr Fazit nach der Japan-Pleite aus? Johannes B. Kerner: Ich habe das Spiel natürlich mit den Expertinnen und Experten im Studio verfolgt. Wir waren alle ganz schön konsterniert. Das erinnert an den WM-Auftakt 2018, die Niederlage gegen Mexiko, und es macht ein bisschen Sorge, weil wir wissen ja, wie die Geschichte ausgegangen ist. Wir wollten ja ein Endspiel, aber dass es das gefühlt schon am Sonntag gegen Spanien ist ... So früh wollten wir es doch nicht haben.

Wie nahmen Sie den deutschen Maulkorb-Protest wahr? Kerner:  Ich hab mich gefreut, dass die Spieler, zumindest im Rahmen ihrer Möglichkeiten, ein Zeichen setzen. Es war ja ein Rätsel, ob das überhaupt in der Mannschaft ein großes Thema ist. Ich glaube, die Frage ist beantwortet.

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Johannes B. Kerner über die „One-Love“-Binde

Wie haben Sie den Streit um die „One-Love“-Binde erlebt? Kerner: Man könnte beinahe das Gefühl bekommen, die FIFA habe den Showdown bei der Weltmeisterschaft gewollt, deshalb haben sie das Thema offenbar so lange laufen lassen. Das Verbot war eine Reaktion auf die Aktion der Verbände. Ich hätte mir natürlich eine klarere politische Haltung der Europäer gewünscht. Aber ich finde es auch nachvollziehbar, dass jetzt nicht die Sportler das Thema alleine auf die Schultern gepackt bekommen. Für einige Spieler ist die WM der Karriere-Höhepunkt. Man kann diese Verantwortung nicht van Dijk, Neuer oder Kane alleine aufbürden – und schon gar nicht 17- oder 18-jährigen Spielern. Wenn, dann muss der Verband voll dahinter stehen und die Verantwortung mittragen.

Warum kommen die Verbände nicht gegen die FIFA an?Kerner: Ich sehe die FIFA sehr kritisch, der Reformbedarf ist riesengroß. Aber ich kann die Verbände bei dem Thema nicht freisprechen. Wenn man Infantino nicht mehr will, dann hätten sich einer aus der FA, einer aus Frankreich oder die norwegische Verbands-Chefin aufstellen lassen sollen als Gegenkandidaten. So hat die Nichtunterstützung durch den DFB einen Tag nach Ende der Bewerbungsfrist einen Beigeschmack – denn Infantino steht bislang alternativlos zur Wiederwahl.

Jetzt berichten Sie aber auch über die WM. Wie gehen Sie dieses Turnier an? Kerner: Wir fragen, was zu fragen ist, wir sagen, was zu sagen ist. Wir dürfen aber auch nicht in die Falle tappen und nur aus unserer europäischen Sicht urteilen. Das Einzige, das nicht diskutabel ist, sind Menschenrechte. Journalisten haben die Aufgabe, sehr genau hinzusehen, denn das Thema „Sportwashing“ nimmt immer mehr an Fahrt auf.

Warum?Kerner: Wissen Sie, wo die asiatischen Winterspiele 2029 stattfinden? In Neom in Saudi-Arabien. Das ist eine Stadt, die gibt es noch gar nicht! Und Schnee gibt es da natürlich auch nicht. Die Saudis haben an Katar gesehen, dass die Strategie funktioniert. Kronprinz Mohammed bin Salman hat neben Gianni Infantino gesessen bei der Eröffnungsfeier. Das ist der, der des Mordes und der Zerstückelung des Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul beschuldigt wird. Und der will jetzt den Sport nutzen, um das Image seiner Herrscherfamilie aufzupolieren.

Johannes B. Kerner mit TV-Expertin Tabea Kemme und Ex-Nationalspieler Michael Ballack.

Johannes B. Kerner mit TV-Expertin Tabea Kemme und Ex-Nationalspieler Michael Ballack.

Bei aller politischen Themen freuen sich viele aber auf ein Fußball-Turnier der Extraklasse. Die Freude am Sport lassen auch Sie sich nicht nehmen? Kerner:  Nein, es ist doch großartig, die besten Fußballer der Welt bei diesem Turnier zu erleben. Wir begleiten alle Spiele, Wolff Fuss und Co. sind vor Ort, im Studio haben wir mit Tabea Kemme und Michael Ballack sehr meinungsfreudige Expertinnen und Experten. Toni Kroos wird bei uns das Halbfinale und Finale kommentieren. Von daher ist bei MagentaTV einiges geboten.

Wer sind Ihre Favoriten? Kerner: Die Franzosen haben einen starken Kader, man muss sehen, wie sie die vielen Ausfälle wegstecken. Holländer, Engländer und Deutsche haben individuell viel Talent, aber da muss sich ein Teamgeist entwickeln, der die Mannschaft durch das Turnier trägt. Dann sind die Südamerikaner immer Kandidaten auf den WM-Titel. Brasilien hat herausragende Qualität, Argentinien muss jetzt erst mal den Rückschlag gegen Saudi-Arabien verdauen.

Johannes B. Kerner muss Helene Fischer erneut ersetzen

Im Dezember macht der Sport wieder Pause. Bei Ihrem Heimatsender ZDF stehen große Prime-Time-Auftritte an. Es geht los mit „Ein Herz für Kinder“. Kerner: Ja, das ist mein Jubiläum, ich bin sehr froh, die Show zum zehnten Mal zu moderieren. Wir haben große Probleme in der Welt, aber auch hier in Deutschland, vor der Haustür. Und darauf hinzuweisen, im ZDF mit einer großen Show, halte ich für eine wichtige Aufgabe.

Es gibt genügend Nöte in diesen Tagen. Kerner: Ich war im vergangenen Jahr in einem Kinderheim in Berlin. In der deutschen Hauptstadt. Da war die Heizung kaputt, die Säuglinge aus der Kinderklappe mussten in einen eigenen Raum, um ihre Körpertemperatur stabil zu halten. Das ist mitten unter uns, in einem der reichsten Länder der Welt. Aber ich war auch in aller Welt unterwegs. Ich war in Peru in einer Ziegelei, wo Kinder zwölf Stunden in der Hocke unter unwürdigsten Bedingungen arbeiten müssen. Das macht was mit dir. Das nimmst du mit nach Hause.

An Weihnachten gibt es „Dalli Dalli“ statt Schlager, Sie müssen schon wieder Helene Fischer ersetzen. Geht das überhaupt? Kerner: Zugegeben (lacht): Helene sieht besser aus, singt besser und tanzt besser. Aber trotzdem werden wir viel Spaß haben. Helene Fischer ist da und macht ihre Konzerte. Aber „Dalli Dalli“ ist so großartig angenommen worden, bei Zuschauern und den Stars, das wird wieder ein Riesenspaß. Bastian Pastewka zum Beispiel hat gleich gesagt: Klar bin ich dabei! Das wird gute Fernsehunterhaltung am Abend des ersten Weihnachtsfeiertags.

Dann kommt die Silvester-Show. Wie schwierig ist es, am Ende eines solchen Jahres da Fröhlichkeit zu verbreiten? Kerner: Wir können ja nicht den Menschen, die dieses Jahr verabschieden und voller Hoffnung ins neue Jahr gehen wollen, die ganze Bürde von 2022 auf die Schultern packen. Wir müssen versuchen, den Ton zu treffen. Das ist unsere Aufgabe. Wir müssen mit einer gewissen Ernsthaftigkeit und einer gewissen Leichtigkeit durch den Abend führen. Dabei helfen uns Stars wie Sasha und die Scorpions, um den Zuschauerinnen und Zuschauern eine gute Zeit zu machen, mit den vielen Menschen am Brandenburger Tor und vor den TV-Geräten!