Bundesliga-Restart im „Endlich-Treff“Gladbachs Kult-Wirt im Interview

BMG Kultwirt Mustafa Cetin

In den „Endlich-Treff“ von Mustafa Cetin kommen regelmäßig Fohlen-Fans.                                                                                                     

Mönchengladbach – Die Fußball-Bundesliga soll am Samstag aus der Coronavirus-Zwangspause erwachen. Die Fohlen haben dann das sogenannte Topspiel bei Eintracht Frankfurt (18.30 Uhr) vor der Brust. Es wird das zweite Geisterspiel nach dem Derby vom 11. März gegen Köln (2:1) für den VfL sein.

Es ist auch für die Fans eine Art Re-Start. Unsere Redaktion hat sich daher mit Mustafa Cetin zum Interview getroffen. Der 56-jährige Türke lebt seit 1978 in Mönchengladbach, sagt, er sei ein „echter Jlabbacher Jung“, ist begeisterter Borussia-Anhänger und betreibt in der Altstadt die Kult-Kneipe „Endlich-Treff“, die auch Treff- und Anlaufpunkt des gleichnamigen Fan-Klubs ist.

Mustafa Cetin:„Coronakrise tat finanziell weh“

EXPRESS: Herr Cetin, Sie sind Gastronom, wegen der Coronakrise ist es Ihnen wochenlang nicht erlaubt gewesen, Ihre Gaststätte zu öffnen. Wie sehr hat Sie als Klein-Unternehmer die Pandemie getroffen? Müssen sich die Borussia-Anhänger Sorgen machen, dass Ihre bekannte Fan-Kneipe „Endlich-Treff“ eventuell schließen wird?

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Mustafa Cetin: Die Auswirkungen dieses Virus haben mich als Gastronom sehr getroffen. Neun Wochen hatten wir geschlossen, ohne Gäste – das ist hart, solch einen Umsatzeinbruch muss man erst einmal verkraften. Das ist finanziell schon ein Schlag. Aber: Wir leben noch. Ich werde nicht schließen müssen.

Die Bundesliga startet trotz der Pandemie wieder. Sind Sie erleichtert?

Ja, natürlich. Endlich mal etwas Abwechslung. Das ist aus meiner Sicht gut für die Menschen. So kommen sie mal wieder auf andere Gedanken, vergessen ihren Alltagsstress, können wieder über Fußball reden.

Borussia soll am Samstagabend in Frankfurt antreten. Haben Sie dann geöffnet und können Fans bei Ihnen das Spiel live im TV verfolgen?

Ja, Samstag ist der erste Tag, an dem ich meinen Betrieb wieder öffne. Allerdings mit einigen Einschränkungen. So wird es keinen Ausschank an der Theke geben. Dieser Bereich ist gesperrt. Ich habe 35 Sitzplätze in meinem Lokal, 16 davon werde ich wohl für unsere Kunden nutzen können. Mehr geht nicht. Es müssen Abstandsvorschriften eingehalten werden. Aber es ist wieder ein Anfang.

Erinnerungsstücke im Endlich-Treff

Die Wände und Decken der Fan-Kneipe sind voller Fohlen-Erinnerungsstücke. 

Wie sehen die Hygiene-Vorschriften aus?

Die sind sehr umfangreich. So werden die Kunden von uns mit Mundschutz bedient. Bereits am Eingang wird ein Spender mit einem Desinfektionsmittel aufgestellt sein. Im Geschäft, auf den Toiletten, es gelten strenge Sauberkeits-Vorschriften. Sobald Kunden das Lokal verlassen, müssen die freien Plätze desinfiziert werden, bevor sich neue Gäste dort hinsetzen können.

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Mönchengladbach hat am 11. März im Derby gegen Köln das erste Geisterspiel in der Bundesliga-Geschichte erlebt. Was halten Sie von solchen Partien ohne Zuschauer?

Das Spiel ist ganz seltsam gewesen. Sicher, wir waren glücklich im Anschluss, weil unsere Mannschaft das Derby gewonnen hatte. Aber es war ein Derby ohne Salz in der Suppe, da die Fans gefehlt haben. Geisterspiele sind ein Albtraum. Klar ist aber auch: Unser Verein braucht dieses TV-Geld. Wir müssen einfach jetzt mit den Geisterspielen leben.

Gehaltsverzicht: Die Fohlen setzten ein Zeichen

Borussias Profis verzichten wegen der Coronakrise auf Teile ihres Gehaltes. Wie ist das bei Ihnen angekommen?

Ich finde das toll von unseren Jungs. Diese Solidarität ist vorbildlich. Borussia spielt in Mönchengladbach, in dieser Stadt, eine ganz wichtige Rolle. Wir leben für und von Borussia, ich als Gastronom profitiere auch von diesem Verein. Borussia holt die Menschen von außerhalb in die Stadt.

Haben Sie Sorgen, dass durch die Coronakrise Borussia wirtschaftlich solch ein Schaden zugeführt wird, dass die Insolvenz drohen könnte?

Davon gehe ich nicht aus.

Mustafa Cetin: „Auf Rückerstattung verzichten“

Weil?

Borussia ist wirtschaftlich hervorragend aufgestellt, hat eine Top-Infrastruktur. Natürlich haben wir nicht solche Geldgeber im Rücken wie Leverkusen, Leipzig oder Wolfsburg. Gladbach ist einer der beliebtesten Vereine in der Bundesliga. Und wir Fans von Borussia lieben unseren Verein so sehr. Ich kann mir vorstellen, dass viele von uns sich solidarisch mit Borussia zeigen und auf eine Rückerstattung des Geldes für ihre Karten oder Dauerkarten verzichten. Damit unser Verein auf den Beinen bleiben kann, verzichte ich zumindest gerne auf das Geld für die Karten. Das ist mir dieser Verein wert. Ich weiß, dass es auch Stimmen gibt, die sagen: Warum sollte ich diesen Millionären das Geld schenken? Aber ich gehe nicht von Personen aus, mir geht es um den Verein. Und wenn ich noch etwas offen bemerken dürfte…

Bitte...

Ich wünsche mir, dass Borussias Sponsoren in Sachen Finanzen sagen: lass' laufen! Dass sie das gleiche Interesse wie wir Fans haben, in der kommenden Saison wieder eine gesunde Borussia zu sehen. Zumal ich sagen muss, soweit ich als Fan das aus der Ferne beurteilen kann: Das ist exzellent, wie Borussia sich seit Wochen und Monaten präsentiert. Da scheint jeder seinen Job zu machen. Was der Herr Königs und sein Team leisten, ist top.

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Was halten Sie von der Pappkameraden-Aktion im Borussia-Park?

Ich habe auch einen bestellt. Ich finde das gut. Für mich ist das eine Aktion, mit der ich meine Solidarität für den Verein zum Ausdruck bringen kann. Soweit ich weiß, hilft das auch, dass im Fan-Haus Arbeitsplätze erhalten bleiben können.

Mustafa Cetin: „Ängste vor Coronavirus sind da“

Haben Sie gewisse Ängste, dass Sie sich als Wirt und Unternehmer bei der Ausübung Ihres Berufes mit dem Coronavirus infizieren könnten?

Natürlich sind Ängste vorhanden. Das kann ich nicht leugnen. Aber wenn man sich an die Vorgaben hält, die Hygienevorschriften ordnungsgemäß umsetzt und Schutzmasken trägt, dann bin ich guter Dinge, dass nichts passieren wird. Ängste hat man. Ich nehme das sehr ernst und bin entsprechend vorsichtig. Ich werde alles unternehmen, damit meine Gäste sich in meiner Kneipe wohlfühlen können.

Mustafa Cetin Mundschutz

Mit Borussia-Mundschutz bedient Kult-Wirt Mustafa Cetin am Samstag, wenn die Fohlen in Frankfurt zum Geisterspiel antreten, seine Gäste.

Hat sich in den vergangenen Wochen Ihre Einstellung zum Profifußball – Stichwort Salomon-Kalou-Video – geändert? Oder sind Sie weiterhin begeisterter Anhänger?

Es gibt immer einen, der sich nicht an die Regeln hält. Deshalb sollte man nicht alles über einen Kamm scheren. Ich liebe den Fußball und Borussia – das wird auch so bleiben.

Borussias Kultwirt: Königsklasse ist der Traum

Blicken wir auf das Sportliche: Trauen Sie Borussia zu, auch ohne eigene Fans im Stadion den Weg bis in die Champions League zu meistern?

Ich hoffe es! Das wäre so wichtig. Ich sehe Leverkusen als den Verein, der Borussia dabei noch so richtig gefährlich werden kann. Wenn es gelingt, diesen Kontrahenten auf Abstand zu halten, bin ich sehr zuversichtlich, dass Borussia es wieder in die Königsklasse schaffen wird.

Befürchten Sie ansonsten Spielerverkäufe? Es soll bereits Interessenten, beispielsweise für Denis Zakaria, geben.

Borussia hat immer wieder Top-Spieler abgeben müssen. Selbst in den Meisterjahren. Ich weiß, dass bei anderen Klubs noch ein ganz anderes Geld verdient werden kann. Meiner Meinung nach sollte Denis noch bei Borussia bleiben. Der Junge ist so wichtig für uns. Andere Spieler auch, aber was der Denis in den vergangenen Monaten gezeigt hat – er ist unser Juwel. Ich habe allerdings auch volles Vertrauen zu Max Eberl. Er findet immer wieder einen Spieler, der sich wie ein Denis Zakaria bei uns entwickeln kann. Es wäre allerdings schön, wenn Borussia solche Spieler mal halten könnte. Damit der Verein weiterhin da ganz oben in der Tabelle mitspielen kann.

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Abschließend: Wie sollte der Samstag aus Ihrer Sicht als Unternehmer und Fan verlaufen, damit Sie nach Feierabend sagen können: Das war ein guter Tag?

Also, ich freue mich einfach darauf, endlich mal wieder Kundschaft in meinem Geschäft zu haben. Ich hoffe, dass die Gäste trotz aller Umstände Spaß haben werden, mal loslassen können von ihren Alltagssorgen. Ich habe bereits Nachrichten von mehreren Stammkunden bekommen, die sich darauf freuen, nach langer Zeit ein frisch gezapftes Bier zu trinken. Sollte dann Borussia auch noch in Frankfurt gewinnen, wäre ich natürlich sehr zufrieden. Ein Sieg gleich zum Start nach der Corona-Pause wäre enorm wichtig. Mir ist auch wichtig, noch zu sagen: Unsere Jungs sollen wissen, dass wir alle hinter ihnen stehen – auch, wenn wir zurzeit nicht bei ihnen im Stadion sein können. Wir Fans sind da für Borussia!