Die EM ist mit tollem FuĂball gestartet, Fans aus ganz Europa genieĂen ihre Zeit in Deutschland. Nur die Bahn sorgt immer mal wieder fĂŒr Ărger â und fĂŒr Verwunderung bei manchen GĂ€sten.
âDeutsche Effizienz? Vergessen Sie alles!âBahn-Chaos bei der EM â das Ausland lĂ€stert hemmungslos

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In der ersten EM-Woche gab es viel Kritik â vor allem aus dem Ausland â an der Deutschen Bahn.
Philipp Lahm grinste fĂŒr den Schnappschuss in die Kamera, im Hintergrund rauschte am Fenster die Landschaft vorbei. Der EM-Orga-Chef war am zweiten Turnier-Wochenende wieder einmal im Zug unterwegs.
Dabei war er nur zwei Tage zuvor wegen Bahn-Problemen deutlich verspĂ€tet fĂŒr die Partie Ukraine - Slowakei in DĂŒsseldorf eingetroffen. Einen kleinen Seitenhieb mit Zwinkersmiley konnte sich der Ex-Profi auf der Plattform X deshalb nun nicht verkneifen: âPS: @db_bahn wie ihr seht, ich bleibe treuer Bahn-Kunde.â
EM 2024: Friedliches Fan-Fest und sportlich top
Eine derartige Lahm'sche Nachsicht wurde in der ersten EM-Woche in Deutschland von etlichen Bahn-Reisenden verlangt. Denn wĂ€hrend das Kontinentalturnier insgesamt sehr reibungslos, friedfertig, sportlich interessant und von einer ansteckenden Fan-Euphorie geprĂ€gt ist, sorgte die Bahn fĂŒr Ărger.
Die Deutschen sind diesbezĂŒglich Kummer gewohnt, manch auslĂ€ndischer Gast aber zeigte sich verblĂŒfft bis fassungslos von den Zug-Pannen der jahrzehntelang als Organisations- und GrĂŒndlichkeits-Weltmeister gefeierten Deutschen.
Zur angeblichen deutschen Effizienz schrieb ein Reporter der renommierten âNew York Timesâ schon nach den ersten EM-Tagen als Hinweis an die Leser: âVergessen Sie alles, was Sie meinten zu wissenâ.
In dem Artikel wurde dann vor allem von verstopften U-Bahnen in MĂŒnchen vor dem Eröffnungsspiel und stundenlangem Warten auf Gelsenkirchener Bahnsteigen referiert. Negativ aufgefallen seien zudem die Organisation der FuĂwege an den Stadien und die deshalb langen Schlangen beim Einlass.
Die âNew York Timesâ war nicht das einzige auslĂ€ndische Medium, das sich auf derartige Pannen stĂŒrzte. Die englische âDaily Mailâ etwa berichtete von âentsetzlichen Szenenâ, als tausende Fans nach der Partie England gegen Serbien am frĂŒhen Morgen stundenlang auf Trambahnen warten mussten, die sie vom Schalker Stadion in Richtung Hotels brachten.
Auch Fangruppen klagten, darunter etwa eine Vereinigung von schottischen AnhĂ€ngern (Atac). Deutschland habe sie als Gastgeber zwar herzlich willkommen geheiĂen, schrieb Atac in einem Facebook-Eintrag. Mit dem öffentlichen Verkehr aber habe man âschlechte Erfahrungenâ gemacht. Die ZĂŒge in MĂŒnchen und Köln seien âunzuverlĂ€ssig und glĂŒhend heiĂâ gewesen und darĂŒber hinaus ĂŒber jede Art von Limit mit FahrgĂ€sten vollstopft worden.
Der ehemalige deutsche Nationalspieler, FunktionĂ€r und TV-Experte Thomas Hitzlsperger brachte â als auch er in einem Zug festsaĂ â seinen englischsprachigen Followern bei X ein neues Wort bei. âArmutszeugnisâ, schrieb er jĂŒngst in Versalien.
Besonders heftig erwischte es österreichische Fans, die in der vorigen Woche zum EM-Auftakt ihrer Auswahl gegen Vizeweltmeister Frankreich (0:1) mit dem Zug anreisten. Die âKronenâ-Zeitung erzĂ€hlte die Geschichte von einem Vater, der mit dem Sohn frĂŒhmorgens in Wien losfuhr, dann in Passau und WĂŒrzburg strandete, zwischendurch auf Taxi und Bus ausweichen musste und schlieĂlich erst mit mehrstĂŒndiger VerspĂ€tung im Stadion von DĂŒsseldorf ankam. Als die beiden ihre PlĂ€tze erreichten, waren schon 70 Minuten gespielt. âEs war alles wie verhextâ, sagte der Wiener.
Der Deutschen Bahn bleibt da kaum etwas anderes ĂŒbrig, als um Verzeihung zu bitten. âEs tut uns leid, dass es Philipp Lahm nicht rechtzeitig zum Spiel geschafft hat. Immerhin die zweite Halbzeit konnte er im Stadion schauen. Entschuldigung, lieber Philipp Lahm!â, sagte ein Bahn-Sprecher auf Anfrage.
âDie DB dankt dabei allen Fans fĂŒr ihre Geduld und Umsichtâ
Es habe immer wieder Störungen auf Hauptachsen des Schienenverkehrs gegeben, hieĂ es von dem Unternehmen am Wochenende. âDie DB dankt dabei allen Fans fĂŒr ihre Geduld und Umsicht.â Zugleich wurde darauf verwiesen, dass in der Woche drei Millionen Reisende mit IC- und ICE-ZĂŒgen quer durch die Republik unterwegs waren. âSo viel Bahn wie bei der EM in Deutschland gab es noch nie bei einem internationalen FuĂballturnierâ, hieĂ es.
Bahn-Fernverkehrsvorstand Michael Peterson hatte vor dem Turnier angekĂŒndigt, dass das Unternehmen pro Tag 10.000 zusĂ€tzliche SitzplĂ€tze im Fernverkehr anbiete. Anstehende Bauarbeiten seien zudem vorgezogen worden, um VerspĂ€tungen und BeeintrĂ€chtigungen auf wichtigen Strecken wĂ€hrend des Turniers zu verhindern. Die Bahn bietet zudem spezielle Euro-24-Tickets an, mit denen die Fahrt zum Spielort nur 29,90 Euro kostet.
Und tatsĂ€chlich haben lĂ€ngst nicht alle Bahnreisenden Grund zur Klage in diesem EM-Sommer 2024: WĂ€hrend sich die einen ĂŒber UnpĂŒnktlichkeit und zu vollgestopfte Waggons wundern, sind andere positiv ĂŒberrascht davon, was DB-Bordbistros zu bieten haben.
Die Bahn bestĂ€tigte einen Bericht der âBild am Sonntagâ und zĂ€hlte auf: Zwischen dem 14. und 19. Juni wurden 44.588 Liter Bier und damit doppelt so viel wie sonst verkauft. DarĂŒber hinaus wurde etwa 7105 Bratwurstbrötchen wurden bestellt, das sind 63 Prozent mehr als ohne EM. Auch Buttercroissants, Chili con/sin Carne und die Focaccia verkauften sich deutlich hĂ€ufiger als sonst.
Ob sich Philipp Lahm am Sonntag auf dem Weg nach Frankfurt zusammen mit anderen Fans einen Snack und ein GetrĂ€nkt holte, das verriet der EM-Vielfahrer ĂŒbrigens nicht. (dpa)
