„Die größte Kapriole der FC-Geschichte“Littbarski und Steiner über Daums Rauswurf während der WM 1990

Christoph Daum musste den FC während der WM 1990 verlassen.

Christoph Daum musste den FC während der WM 1990 verlassen.

Köln – Der 28. Juni 1990 - ein Wendepunkt in der Geschichte des 1. FC Köln... Tatort: Erba, das italienische WM-Camp der Nationalmannschaft, drei Tage vor dem Viertelfinale gegen die CSFR.

Hauptdarsteller: FC-Präsident Dietmar Artzinger-Bolten mit Vize Hans Neukirch, Schatzmeister Jupp Söller und Geschäftsführer Wolfgang Schänzler, die im dunklen Anzug und mit finsterer Miene ins sportlich-lockere Ambiente eindringen. Und natürlich (Noch-)Trainer Christoph Daum.

Der war damals – auch als WM-Kolumnist für den EXPRESS – in Italien vor Ort, während Erich Rutemöller am Geißbockheim bereits den Trainingsauftakt der Kölner leitete.

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Artzinger hatte Daum aus seinem italienischen Ferienhaus in den Tresorraum des Mannschaftshotels zitiert. Dort erklärt er seinem leitenden Angestellten, er sei gefeuert. Gekracht hatte es schon länger zwischen Vorstand und Trainer. Dennoch sagte Daum, der Rauswurf habe ihn ,,wie ein Blitz aus heiterem Himmel“ getroffen.

Und dies galt umso mehr für seine Spieler! Auf der nächsten Seite erfahren Sie, warum!

Pierre Littbarski, Paul Steiner, Bodo Illgner und „Icke“ Häßler waren in dieser Zeit die Kölner Nationalspieler und kurz darauf Weltmeister. Sie wurden von der Entscheidung des Vorstands total überrascht.

Im EXPRESS erinnern sich Litti und Steiner noch genau an den unfassbaren Nachmittag im Juni. „Wir saßen auf der Terrasse, als es hieß, da sind Leute vom FC im Anmarsch. Wir haben uns eigentlich gefreut“, berichtet Littbarski.

„Doch dann teilten uns Artzinger-Bolten und Co. ihre glorreiche Idee mit, dass sie etwas Neues machen wollten und der Trainer entlassen sei. Die Sache war unglaublich, das Timing eine Katastrophe. Es geschah ohne Vorwarnung. Franz Beckenbauer hätte so etwas nie zugelassen, wenn er vorher davon erfahren hätte.“

Auch Mitspieler Steiner traute seinen Ohren kaum: „Wenn wir in Köln gewesen wären, hätten wie die Mannschaft zusammengetrommelt und das Gros wäre für Daum gewesen. Aber so waren uns die Hände gebunden. Es ging um Machtspiele und Eitelkeiten.“

Genau so erklärte der Vorstand dem Quartett auf Nachfrage auch die Entscheidung. Litti: „Sie sagten: Der Daum ist zu mächtig. Wir Spieler fragten: Kann man da nichts mehr machen? Die Antwort war: Nein, die Entscheidung ist getroffen. Das war die größte Kapriole der Klubgeschichte. Es war ein großer Fehler. Wir waren damals Vize-Meister, mit den Bayern ebenbürtig - aber danach ging es stetig bergab.“

Auf der nächsten Seite eirnnert sich das damalige Verwaltungsrat-Mitglied Dr. Bernhard Worms

Dr. Bernhard Worms (85) war 26 Jahre lang Funktionär beim FC. 1990 saß er im zwölfköpfigen Verwaltungsrat - und war nach eigener Aussage im „Fall Daum“ machtlos.

Im EXPRESS erinnert er sich: „Es war unverkennbar, dass unser Verein und Christoph Daum dabei waren, sich auseinander zu leben. Aus welchen Gründen auch immer. Dann kam die WM. Es war gang und gäbe, dass der Trainer mal dorthin fährt und sich den internationalen Markt ansieht. Diese Auseinandersetzung, die Absicht, Daum die Trennung dort zu eröffnen, die ist nicht im Verwaltungsrat erörtert worden,“ erzählt er.

„Ich gebe mein Ehrenwort: Es hat keiner im Verwaltungsrat das gewusst. Es war eine Überlegung des Vorstands. Dem geht voraus, dass zwischen dem Vorstand und den wirklich wichtigen Leuten des DFB das auch erörtert worden ist und dass es von Herrn Beckenbauer keine Bedenken gegeben hat im Vorfeld. Es hieß nie: Das können Sie nicht machen. Die sind erst aufgetaucht, als RTL das gebracht hat. Ich will das wirklich sagen, weil es wahr ist.“

Der Pulheimer weiter: „Ob das nun klug war es dort zu machen oder nicht, lasse ich außen vor. Wir hatten im Verwaltungsrat keine Chance das wertend zu diskutieren. Es war dann nun mal Fakt. Alles, was nachher diskutiert worden wäre, hätte nicht mehr zum rückgängig machen führen können. Das Schicksal nahm seinen Lauf. Wenn man bilanziert, hat man sicher in der Folge zu viele Trainer gehabt. Keiner hatte die notwendige Zeit, etwas aufzubauen. Das ist das Bewundernswerte heute, dass Herr Stöger diese Zeit bekommen hat.“