800-Meter-MeisterinTanja Spill: Vom Kloster Knechtsteden auf dem Weg nach Tokio

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Tanja Spill, hier am 18. Februar 2018, will als 800-Meter-Läuferin zu den Olympischen Spielen nach Tokio.

von Uwe Bödeker (ubo)

Dormagen – Ihre harten Laufrunden durch den Chorbusch haben sich gelohnt, das intensive Training auf der Bahn auch: Tanja Spill (25, TSV Bayer Dormagen) hat aus den wenigen Wettkämpfen während der Corona-Pandemie das Beste rausgeholt. Ende Februar wurde die Dormagenerin Deutsche Meisterin in der Halle über 800 Meter (Zeit: 2:03,06 Minuten), bei der Hallen-Europameisterschaft im polnischen Torun erreichte sie Anfang März das Halbfinale. Wir sprachen am 18. März mit der schnellen Athletin über den Olympia-Traum in Tokio und die schwierige Vorbereitung.

  • Tanja Spill hat große Ziele nach dem Titel bei der deutschen Meisterschaft
  • 800-Meter-Läuferin aus Dormagen in der Weltspitze
  • Olympia in Tokio ist das große Ziel

Sind Sie zufrieden mit den letzten Wochen?

Ja, ich bin schon sehr zufrieden. Natürlich wäre das Finale bei der EM noch ein besonderes Highlight gewesen, aber insgesamt war es schon ein super Erlebnis.

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Was ist für Sie denn in Zukunft noch drin?

Meine Bestzeit über 800 Meter bin ich 2016 in 2:01,63 Minuten gelaufen, danach wurde ich von diversen Verletzungen ein wenig ausgebremst. Aber jetzt habe ich ein Fitnesslevel erreicht wie vielleicht noch nie zuvor. Die Zwei-Minuten-Schallmauer versuche ich natürlich zu brechen. Das ist ein Ziel.

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Tanja Spill (TSV Bayer Dormagen) erreichte bei der Hallen-Europameisterschaft in Torun am 5. März das Halbfinale über 800 Meter.

Wie können Sie denn in Corona-Zeiten die kommende Freiluft-Saison planen?

Das ist alles nicht so einfach, normalerweise absolviere ich ein Ostertrainingslager mit meinem Trainer Willi Jungbluth auf Texel. Aber das haben wir storniert, weil wir derzeit in Quarantäne müssten. Ich bleibe also hier und bereite mich weiter in der Heimat vor.

Olympia-Qualifikation: So kann Tanja Spill nach Tokio laufen

Wie sieht es mit Wettkämpfen aus?

Ein paar sind geplant, aber auch da ist es derzeit nicht leicht, denn man weiß nicht, ob man einen Startplatz bekommt, wie und wo die Wettkämpfe überhaupt stattfinden können.

Ein großes Sommer-Ziel ist Olympia in Tokio, wie können Sie das schaffen?

Tokio ist natürlich ein Traum, da wäre ich gerne dabei. Es gibt zwei Möglichkeiten für mich: Erstens: Die Qualifikationszeit von 1:59,5 Minuten laufen. Zweitens, worauf ich mich eher konzentriere: die Qualifikation über die Weltrangliste. Dabei zählen fünf Rennen, wonach aus der gelaufenen Zeit und der Platzierung die Weltrangliste erstellt wird. Die ersten 48 qualifizieren sich dann für Olympia, pro Nation allerdings maximal drei Läuferinnen.

Generell zu Olympia: Halten Sie die Austragung in der Corona-Pandemie für sinnvoll?

Das ist echt eine schwierige Frage. Als Athletin bin ich definitiv dafür, denn es ist ein großer Traum, einmal bei Olympia dabei zu sein. Das wäre schon echt cool. Aber ob es gesundheitlich passt, weiß ich nicht so genau, wie viele andere ja auch. Da muss ich auf passende Hygienekonzepte vertrauen und auf die Behörden, die für die Sicherheit aller sorgen sollen. Eins ist klar: Es werden keine Spiele, wie man sie bisher gewohnt war

Deutsche Meisterin: Studium, Job und 30 Stunden-Training in der Woche

Sie verdienen als Leichtathletin nicht Millionengagen wie Fußballer. Wie sieht ihr Leben mit der Spitzensport-Karriere aus?

Ich studiere Marketing-Management, habe meinen Bachelor im Sportmanagement schon in der Tasche und möchte Ende 2021 mein Studium mit dem Master abschließen. Nebenbei arbeite ich ein wenig in einem Triathlon-Geschäft und bin Werkstudentin bei Adidas. Sporthilfe bekomme ich keine, da ich nach meinen Verletzungen der vergangenen Jahre bereits 2018 aus dem Bundeskader geflogen bin. Aber ich werde von meinem Verein sowie der NRW-Stiftung und dem Rhein-Kreis-Neuss unterstützt.

Wie umfangreich ist das Training, um in der Weltspitze mitzuhalten?

Ich komme schon auf 30 Trainingsstunden pro Woche, meine Arbeit und das Studium kann ich zum Glück ganz gut flexibel darum planen, dass auch noch etwas Zeit für Regeneration und andere Hobbys bleibt.

Wie sind Sie eigentlich zum Laufen gekommen?

Ich mache seit 2002 Leichtathletik und war am Anfang natürlich in vielen Disziplinen aktiv. Doch die Laufstrecken haben mir am meisten gelegen und Spaß gemacht. Ich bin oft auch mit meinen Eltern gelaufen beim Lauftreff in Zons. 2009 bin ich dann zum TSV Bayer Dormagen in die Gruppe von Willi Jungbluth gegangen. Zeitgleich war ich auf dem Norbert-Gymnasium am Kloster Knechtsteden. Das ist eine Schule, die sehr viel für den Sport macht, sie pflegen auch eine Kooperation mit dem TSV, da konnte ich Wettkämpfe und Trainingslager immer gut absolvieren.

Haben Sie auch mal über andere Disziplinen nachgedacht als den 800 Meter-Lauf?

Ja (lacht), ich bin eine Zeit lang Hindernisse gelaufen, allerdings wurden die Strecken immer länger, desto älter ich wurde, und das lag mir nicht so. Dann wollte ich auch mal 400 Meter Hürden laufen, aber kurz vor dem Start hatte der Platzwart einen Hydranten zerstört, sodass die komplette Bahn unter Wasser stand. Da konnte ich den Lauf nicht absolvieren. Und danach habe ich es auch nicht mehr probiert.

Wie lange planen Sie mit dem Sport noch für die Zukunft?

Darüber habe ich auch gerade mit meinem Trainer gesprochen. Nach dem Studium möchte ich erst mal einen Job bekommen, und dann hoffe ich, dass es weiterhin mit Spitzensport vereinbar ist. Aktuell kann ich mir auch vorstellen, bis 2024 noch alles zu geben. Dann wäre Olympia in Paris ein Ziel. Aber dafür muss auch gesundheitlich alles passen.