Corona-Horrror im deutschen Sport67 Prozent aller Spitzenverbände vor dem Exitus

Alfons_Hoermann

DOSB-Chef Alfons Hörmann spricht über laufende Schäden der deutschen Sportverbände. Das Foto stammt vom SVS Verbandstag in Gailingen im Oktober 2019.

Frankfurt – Die Corona-Pandemie hält die Welt weiterhin auf Trab. Im deutschen Sport wird deshalb die Angst vor einem finanziellen Kollaps immer größer.

Laut einer vom Deutschen Olympischen Sportbund in Auftrag gegebenen neuen Studie zu den „Corona-Schäden für Sportdeutschland“ schätzen beim Anhalten der Krise die Hälfte der DOSB-Verbände bis Ende 2021 ihre Existenz als gefährdet ein.

Bei den Spitzenverbänden ist die Furcht sogar noch viel ausgeprägter: 67 Prozent von ihnen fürchten auf der Strecke zu bleiben. „Da liegt die Quote derer, die sagen, wir sind auf der absolut sicheren Seite nach heutiger Einschätzung nur noch bei einem Drittel“, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann (60).

Alles zum Thema Corona

Corona-Krise: Sportverbände müssen mit hohen Defiziten rechnen

Die Ergebnisse der Studie zur Lage der Verbände sei „nur ein Puzzlestein des Gesamtbildes der Schäden“ im organisierten Sport. Es gebe zudem noch die Sicht der Athleten, Vereine, Stützpunkte oder der Veranstalter.

Je nach Limitierung der Zuschauer müssen sie in diesem Jahr mit einem Ertragsrückgang von insgesamt rund 148 bis 162 Millionen Euro rechnen. Der größte Anteil entfällt auf Sponsoring (minus 25,1 bis 28,6 Millionen) und Ticketing (22,2 bis 26,0). Dem gegenüber stehen Einsparungen durch Absagen von Großveranstaltungen, Personal- und Reisekosten oder Fördermaßnahmen von rund 108 bis 124 Millionen Euro.

DOSB-Chef Alfons Hörmann: „Die Schäden werden immer größer“

Daraus ergibt sich ein Defizit von rund 40 Millionen Euro, welches laut Hörmann „verdammt viel“ sein kann für die meisten Verbände. „Es deutet vieles darauf hin, wenn wir in wenigen Monaten in die nächste Evaluierung dieser Befragung gehen, dass die Schäden von Mal zu Mal deutlich größer werden“, sagte der DOSB-Chef.

Außerdem sei die Situation bei den Verbänden völlig unterschiedlich. Der DSV veranstalte praktisch Weltcup um Weltcup. „Er hat damit natürlich ein völlig anderes Chancen- und Risikoprofil wie ein Verband, der selbst keine oder so gut wie keine Veranstaltungen umsetzt“, argumentierte Hörmann.

56 Profiklubs haben Anträge für das Corona-Soforthilfeprogramm gestellt

Das Corona-Soforthilfeprogramm des Bundes für die Klubs der professionellen und semiprofessionellen 2. und 3. Ligen mit einer Fördersumme von 200 Millionen Euro ist bisher nicht so genutzt worden wie erwartet.

Zuviel Bürokratie und zu komplexe Ausführungsbestimmungen sind Gründe dafür. Laut eines Berichts der „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“ hätten bis Montag bisher 56 Proficlubs Anträge gestellt und knapp 16,9 Millionen Euro beantragt. Diese Zahlen stammten vom Bundesverwaltungsamt in Köln. Der DOSB bemüht sich nun, das auf 2020 befristete Programm auf 2021 auszuweiten.

Von den Eishockey-Klubs der DEL hat noch kein Klub Geld gesehen aus dem angeblichen Fördertopf. Die Anforderungen sind für einen Sportverein kaum umsetzbar, da es sich wohl um einen EU-Kredit handelt. Antragsteller dürfen beispielsweise im Jahr 2019 keine  negative Bilanz vorweisen. Das ist im Eishockey-Sport nicht praktikabel, weil kein Klub auf Gewinnmaximierung fiviert ist, sondern auf sportlichen Erfolg.

Hörmann, der schon früh vor den Corona-Folgen für den Sport warnte und sogar einen Milliarden-Schaden prognostizierte, sieht sich durch die neue Studie und die aktuelle Lage bestätigt. Seine „Sorgenfalten nehmen eindeutig weiter zu“, sagte er. Die kommenden Jahre würden „sehr stark davon geprägt sein, wie wir es schaffen, wirtschaftlich, strukturell und personell zu überleben“. (jh / sid)