Druck wird größerKann neue DFL-Taskforce das überhitzte Fußball-Geschäft eindampfen?

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Viele Fans, wie hier beim Spiel HSV gegen Stuttgart im Mai 2020, kritisierten DFB und DFL in der Vergangenheit scharf.

Frankfurt – Muss im Fußball ein Umdenken stattfinden? Und werden die Fans nach Corona auch wieder so zahlreich in die Stadien strömen wie zuvor?

Unter anderem mit diesen Fragen beschäftigt sich die neu ins Leben gerufene „Taskforce Zukunft Profifußball“ von der DFL ab Dienstag (11 Uhr). Die Projektgruppe könnte das überhitzte Milliarden-Geschäft auf ein gesünderes und verantwortungsvolleres Maß eindampfen. Die Erwartungen sind hoch.

Bundesligisten gaben weniger als 300 Millionen Euro aus

Es sollen „zentrale Fragestellungen für die Zukunft des Profifußballs in Deutschland aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet“ werden, schreibt DFL-Boss Christian Seifert (51) an die insgesamt 35 Experten vor der Schalte der ersten von drei Arbeitsgruppen.

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Ein „Weiter so!“ kann es nach Ansicht von immer mehr Fans und Experten nicht geben – nicht zuletzt die Pandemie mit all ihren wirtschaftlichen Folgen hat das offengelegt. Noch werden Millionen-Gehälter bezahlt, noch ist kein großer Klub pleite gegangen. Aber die neue, erzwungene Sparsamkeit in der gerade zu Ende gegangenen Transferperiode – nach der Rekord-Summe von 705 Millionen Euro im Vorsommer gaben die Erstligisten diesmal weniger als 300 Millionen aus – ist ein starkes Indiz dafür.

„Ausverkauftes Stadion kein Beleg für gesellschaftliche Verankerung des Fußballs“

Sieben Kernthemen sind für die Task Force aufgelistet. Unter anderem geht es um Maßnahmen zur Wettbewerbsbalance, um Gehaltsobergrenzen, gesellschaftliche Verankerung, finanzielle Rücklagen bei den Klubs, einen Verhaltenskodex für Spieler und Fans und die Förderung des Frauenfußballs. Seifert spricht von einem „in dieser Form im deutschen Profi-Sport noch nie praktizierten Vorgehen“.

Das Szenario, dass die Zuschauer nach Corona aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr so zahlreich in die Stadien strömen könnten, hat die Branche aufgeschreckt. „Kicker“-Kolumnist und Ex-Weltmeister Jürgen Kohler (55) warnte deshalb: „In vielen Familien haben sich die Prioritäten verschoben. Wirtschaftliche Nöte und Kurzarbeit hier, weiter extrem hohe Gehälter und Ablösesummen dort. Das führt zu einer Entfremdung zwischen Fußball und Fans.“

„Ein ausverkauftes Stadion ist sicherlich kein Beleg für die gesellschaftliche Verankerung des Fußballs. Vielleicht haben wir das so gesehen und es uns damit zu leicht gemacht. Auch ich“, bekannte Christian Seifert im „Stern“-Interview. „Wenn wir morgen die Stadien wieder komplett füllen dürften, wären sie möglicherweise nicht so voll wie zuvor.“

„Unser Fußball“: „Stimmen sind deutlich leiser geworden“

Die Fan-Szene hat die Zeit, in der sie nicht oder nur vereinzelt in die Stadien durfte, bestens genutzt: Arbeitsgruppen des Projekts „Zukunft Profifußball“ haben – initiiert vom Bündnis „Unsere Kurve“ – ausführliche Analysen und Vorschläge erarbeitet. „Die Zeit der Ausreden muss endgültig vorbei sein. Vielmehr sind alle Akteure des Fußballs nun aufgerufen, den vollmundigen Worten auch Taten folgen zu lassen“, sagen die Vertreter.

Die Fan-Initiative „Unser Fußball“, der sich nach eigenen Angaben inzwischen rund eine halbe Million Personen angeschlossen haben, forderte Verbände und Vereine zum Saisonbeginn erneut zum Handeln auf und kritisierte: „Einen Grundsatzbeschluss gibt es bis heute nicht. Stattdessen sind die Stimmen, die sich noch im Frühjahr für einen Wandel ausgesprochen haben, deutlich leiser geworden.“

Das DFL-Präsidium und die Mitgliederversammlung mit ihren 36 Profiklubs sollen sich mit den Erkenntnissen der Arbeitsgruppen befassen. „Mein Wunsch wäre, dass wir danach eine Roadmap haben, damit da ein Zeitplan und eine Verbindlichkeit reinkommt“, sagte Schenk der Deutschen Presse-Agentur. Spannend ist die Frage, ob sich der Profifußball auch zu Einschnitten bereit erklärt, die die internationale Konkurrenzfähigkeit beeinträchtigen könnten. (dpa/tsc)