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KommentarFeingefühl einer Dampfwalze – warum die Verdi-Streiks zur Unzeit kommen

Verdi-Warnstreik bei den Stadtwerken in Kiel

Die Gewerkschaft Verdi hat vielerorts (hier bei den Stadtwerken in Kiel) zu Warnstreiks aufgerufen.

Berlin – In Nordrhein-Westfalen haben am Dienstag einzelne Warnstreiks im öffentlichen Dienst begonnen. Und Gewerkschaftschef Frank Werneke bleibt stur: 4,8 Prozent mehr Geld im öffentlichen Dienst – sonst gibt es Streiks. Aber wie passt das zusammen mit gleichzeitig wegbrechenden Staatseinnahmen und Entlassungen in der Privatwirtschaft? Der Corona-Herbst 2020 ist ohnehin die falsche Saison für Arbeitskämpfe in Kitas und an Kliniken. Ein Kommentar.

Stur sein gehört für einen Gewerkschaftschef zur Jobbeschreibung, klarer Fall. Man kann es aber auch übertreiben. Wie das geht, führt jetzt Frank Werneke vor, Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. 

4,8 Prozent mehr Geld will Werneke durchsetzen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, sonst gibt es Streiks. Die Besonderheiten, mit denen es Land und Leute gerade angesichts der Pandemie zu tun haben, behandelt Werneke mit dem Feingefühl einer Dampfwalze. 

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Dass zum Beispiel die Steuereinnahmen auf breiter Front eingebrochen sind, rührt ihn nicht. Spricht man den Verdi-Vorsitzenden auf diesen Punkt an, wird er sogar pampig: „Wenn es nach den Arbeitgebern geht, gibt es nie einen richtigen Zeitpunkt für Gehaltserhöhungen.“

Wird Verdi jemals einsehen, dass im öffentlichen Dienst das feindselige Gerede über „die Arbeitgeber” noch weniger passt als sonst? Das Geld derer, die im öffentlichen Dienst tätig sind, muss nun mal von uns allen aufgebracht werden, von jedem einzelnen Steuerzahler.

Und deshalb ist die Frage berechtigt, ob es in einem Moment, in dem die öffentlichen Einnahmen tatsächlich wegbrechen wie noch nie und die Neuverschuldung auf Rekordwerte hochschnellt, richtig ist, dem öffentlichen Dienst 4,8 Prozent mehr Gehalt zu zahlen.

Unternehmen leiden unter Corona: Verdi weicht trotzdem nicht von Forderungen ab

Dies ist nicht allein eine finanzielle Frage. Es geht auch um Ethik, um einen gesamtgesellschaftlichen Ausgleich der Interessen. Zahllose Beschäftigte der privaten Wirtschaft bangen derzeit um ihren Arbeitsplatz oder haben ihn schon verloren.

Lufthansa, Airbus und TUI etwa wissen nicht, wann und wie es weiter geht. In der Automobilbranche wächst eine nie dagewesene Beklommenheit. Conti schließt bereits ganze Werke, MAN und Opel könnten als nächste folgen. Ist es gerecht, in solchen Zeiten ausgerechnet jenen Beschäftigen fast fünf Prozent mehr Geld aus Steuermitteln zu geben, deren Arbeitsplätze sicherer sind als die von allen anderen?

Verdi-Chef Frank Werneke

Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke will von seinen Forderungen für den Öffentlichen Dienst nicht abweichen.

Verdi könnte sympathischer auftreten. Etwa wenn die Gewerkschaft ihre Forderungen auf bestimmte schlecht bezahlte Gruppen in den Kitas und Kliniken konzentrieren würde. Die Absicht ist aber eine andere.

Alle öffentlich Beschäftigten sollen die 4,8 Prozent bekommen, auch die besser verdienenden. Kitas und Kliniken indessen sollen, wie immer, dazu dienen, der Allgemeinheit Stiche zu versetzen – und auf diese Art die Politik zur Unterschrift zu bewegen.

Werneke verschränkt schon mal die Arme: „Vertretbar sind Streiks grundsätzlich in allen Bereichen.“ Will Verdi sich im Corona-Herbst allen Ernstes an so neuralgischen Punkten wie Kitas und Kliniken anlegen mit einer ohnehin gereizten Öffentlichkeit?

Die Gewerkschaft muss aufpassen: Die Zeit der Routinen ist vorbei. Diesmal könnte ein Übermaß an Sturheit ihr selbst am meisten schaden. (RND)