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Mehr als nur der DrachenfelsSagenhafter Naturschatz im Siebengebirge

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Das Siebengebirge bietet so viel mehr als Drachenfels und Petersberg. Eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt nämlich, echte Wildnis und sagenhafte Ausblicke. 

von Stefanie Monien (smo)

Sieben „große“ Berge, mehr als 40 Erhebungen, Grenzlandschaft mit seltenen Tier- und Pflanzenarten: Das Siebengebirge ist völlig zu Recht seit 100 Jahren Naturschutzgebiet, noch dazu das größte zusammenhängende in NRW.

Und weil so ziemlich jeder Rheinländer Drachenfels und Petersberg kennen dürfte, lohnt es sich, auch einmal hinter die sieben Berge zu schauen. Denn hier öffnet sich eine eigene, zauberhafte Welt.

Siebengebirge: Naturschutzgebiet mit kleinen Sensationen

Warum die Natur im Siebengebirge seit 1923 besonders schützenswert ist, erläutert Klaus Striepen von Wald & Holz NRW: „Das Siebengebirge liegt an der Grenze zwischen dem warmen Rheintal und den kühlen Höhen der Mittelgebirge sowie der atlantischen und kontinentalen Klimaregion. Einige Tier- und Pflanzenarten, die sonst nur im warmen Mittelrheintal vorkommen, haben hier ihre nördliche Verbreitungsgrenze.“ Wie der Zweiblättrige Blaustern, der am Ennert wächst. 

„Das Siebengebirge ist ein besonders artenreiches Waldgebiet, mit einem hohen Anteil naturnaher Wälder“, so Klaus Striepen: „Hier finden sich fast alle Waldtypen aus NRW, wie Buchenwälder, Auwälder, Blockschutt- und Schluchtwälder, Trockenwälder auf Felsen.“

Blaustern

Am Ennert findet sich die nördlichste Verbreitung des Blausterns.

Es gebe zwar weder Tier- noch Pflanzenarten, die ausschließlich im Siebengebirge vorkommen, „aber es sind viele seltene und gefährdete Arten und Lebensräume vorhanden, die in unserer intensiv genutzten Kulturlandschaft selten geworden sind“. Dazu zählen unter anderem: 

  • artenreiche Waldlabkraut-Eichen-Hainbuchenwälder mit Traubeneiche, Elsbeere und Feld-Ahorn
  • Wildtulpen
  • Berg‐Steinkraut
  • Sichelblättriges Hasenohr 
  • Goldhaar‐Aster

Siebengebirge: Erst „Preußenbäume“, dann gesunder Mischwald

Klaus Breuer vom Verschönerungsverein für das Siebengebirge (VVS) kennt das Gebiet wie seinen Wanderrucksack und sagt im Gespräch mit EXPRESS.de schmunzelnd: „Es soll Menschen geben, die den Begriff Gebirge für maßlos übertrieben halten. Ein Bekannter aus der Schweiz spricht angesichts der Bergeshöhen gern von Irritationen am Horizont.“ Auch Dichter Karl Simrock (1876; Übersetzer des Nibelungenliedes) ging mit dem Siebengebirge garstig um, „er bezeichnete es als Vorhölle“, so Breuer. Und das, wo Simrock in Bonn vis-à-vis mit dem Siebengebirge aufwuchs ...

Aber zurück zur Natur, der die Preußen nach dem Wiener Kongress 1815 einen bis heute nachhallenden ökologischen Bärendienst erwiesen: Sie forsteten mit anspruchslosen Fichten massiv auf – weswegen die Fichte auch heute noch Preußenbaum genannt wird (wie in der Eifel übrigens auch). Die Folgen solcher Monokulturen sind bekannt: Trockenheit und Schädlingsbefall. „Allein der VVS hat in den vergangenen Jahren rund 20.000 Neuanpflanzungen von trockenheitsresistenteren Bäumen, wie zum Beispiel der Traubeneiche, gemacht“, erläutert Breuer.

Für Wanderer und Genießer: 7 Orte, die man so nie in Deutschland vermuten würde

Auf insgesamt 850 Hektar haben VVS, Wald und Holz NRW, das Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft und die NRW-Stiftung ein Wildnisgebiet ausgerufen, in dem keine Forstwirtschaft betrieben, der Wald sich selbst überlassen wird. Fünf sehenswerte „Wege zur Wildnis“ führen hindurch.

Und was ist für einen Siebengebirgskenner wie Klaus Breuer denn nun die schönste Erhebung? „Aus landschaftlicher Sicht die Löwenburg mit dem Ausblick bis in die Eifel. Und der Oelberg, der die schönste Toilette NRWs hat – von dort aus kann man die Spitze des Kölner Doms sehen!“

Siebengebirge: Zu schön, um leer zu sein 

Wo es schön ist, knubbelt es sich. Das ist im Siebengebirge nicht anders. Nur, dass sich hier die Touri-Ströme zum Großteil auf zwei Punkte konzentrieren, wie Klaus Breuer erläutert: „Zum einen auf die Achse Königswinter-Drachenfelsbahn-Drachenburg-Nibelungenhalle-Drachenfels und auf die Margarethenhöhe.“ Es müsse weitere Attraktivitätspunkte geben, wie Kloster Heisterbach. Der Ennert mit dem „Skywalk“ an der Rabenlay werde gefragter, ebenso der Himberger See.

Gleich hier an der EXPRESS.de-Umfrage teilnehmen:

Ewiger Zankapfel zwischen Naturschützenden und Freizeitsportlern und -sportlerinnen ist die Einhaltung des Wegegebots: „Das interessiert viele nicht“, sagt Breuer. Gerade Bikerinnen und Biker wollten herausgefordert werden und würden querfeldein fahren.

„Wenn zwei- bis dreimal in der gleichen Spur gefahren wurde, sieht es aus wie ein Pfad, über den dann Wanderer gehen – so entstehen völlig unnütze Wege“, so Breuer, der sich im Namen des VVS für den Einsatz von Rangern wie im Nationalpark Eifel ausspricht. Denn das Siebengebirge habe eine faszinierende Fauna, die es zu bewahren gelte.

Eine junge Wildkatze auf einem undatierten Foto

Eine junge Wildkatze lugt aus dem Geäst eines Baumes. Die scheuen Tiere, die zwar Hauskatzen ähneln, aber größer sind und etwas „plumper“ wirken, sind auch im Siebengebirge heimisch.

Siebengebirge: Besonderes Quartier für Fledermäuse

Laut Klaus Striepen von Wald und Holz NRW gehören zur sensiblen und schützenswerten Tierwelt des Siebengebirges unter anderem:

  • Wildkatzen
  • Uhu
  • Schwarzstorch
  • Wanderfalke
  • Steinkrebs
  • Gelbbauchunke
  • Hirschkäfer
  • Zauneidechse
  • Gestreifte Quelljungfer (Libelle)

Klaus Breuer betont die Bedeutung der Ofenkaulen (in diesem Stollensystem wurde bis etwa 1910 Tuffstein für Backöfen, zum Beispiel für die Pumpernickelherstellung in Westfalen, abgebaut): „Heute sind die bis zu 35 Meter tiefen Ofenkaulen verschlossen, es gibt Einflugschlitze für Fledermäuse, die hier Winterschlaf halten.“ Es ist laut Striepen „eines der bedeutendsten Fledermaus-Quartiere in Westdeutschland. Hier überwintern acht Fledermausarten.“

Siebengebirge: Wandern – aber abseits der üblichen Strecken

Drachenfels, Petersberg, Margarethenhöhe: wohlbekannte und vergleichsweise überlaufene Touri-Magnete im Siebengebirge. Klaus Breuer vom VVS kennt das Gebiet wie kaum ein Zweiter und hat drei tolle Tipps abseits der bekannten Hügel und „Hotspots“ parat:

  • Tretschbachtal: Führt von Bad Honnef-Rommersdorf hoch zur Löwenburg und ist das wohl schönste Tal im Siebengebirge. „Hier bekommen Wanderer die Idee, was Wildnis bedeuten kann“, sagt Breuer. Der Weg entlang des Tretschbaches führt über Stege und kleine Brücken aus dem Holz von Robinien, die im Siebengebirge geschlagen wurden.
Tretschbachtal

Traumhaftes Tretschbachtal: Wie ein verwunschener Märchenwald schaut es in dem Waldgebiet in Bad Honnef aus. Kleine Brücken und Steige wurden aus heimischem Robinienholz gefertigt.

  • Umläufer am Stenzelberg: „Offenlandschaft, herrlich von der Sonne beschienen“, schwärmt Breuer und erklärt: „Die sogenannten Umläufer sind senkrecht stehende Steinsäulen, die von den Arbeitern im damaligen Steinbruch umlaufen, also stehengelassen, wurden, weil sie als Baumaterial ungeeignet waren.“ Hier wurde Quarz-Latit abgebaut, unter anderem für das Bonner Münster.
Umläufer am Stenzelberg im Siebengebirge.

Bizarr ragen die von Steinbrucharbeitern verschmähten Umläufer am Stenzelberg in die Luft. Hier wurde früher Quarz-Latit abgebaut.

  • Rahmbuschwald am Ennert: Hier wachsen besondere Bäume mit großer Bedeutung für den Weinbau vergangener Zeiten. „Bis in die 1940er Jahre gab es im Weinberg keine Drähte, jede Rebe wuchs an ihrem eigenen Pflanzstock (Rahmen) hoch“, erklärt Klaus Breuer, „alle drei Jahre etwa mussten diese ausgetauscht werden.“ Im Rahmbusch, einem Niederwald, wurden Buchen in 60 bis 70 cm Höhe abgeschlagen. Bis zu zehn Sprösslinge wuchsen dann, die nach einiger Zeit gekappt wurden und als Stock für Reben dienten.
Ein Waldweg im Bonner Ennert, dem Ausläufer des Siebengebirges.

Im Ennert locken tolle Wanderwege und der Rahmbuschwald.

Siebengebirge: Sagenhafter Riesen-Wirbel

Das Siebengebirge ist der Sage nach natürlich nicht „einfach so“ entstanden, Gott bewahre! In alter Zeit staute sich der Rhein vor Königswinter, die Menschen dort hatten kein Wasser. So baten sie sieben kräftige Riesen um Hilfe. Die gigantischen Gesellen kamen, jeder mit einem Spaten bewaffnet, herbeigeeilt und machten den „Durchstich“. Der Rhein konnte fließen und machte die Landschaft ringsumher fruchtbar.

Als die sieben Riesen nach getaner Arbeit ihre Belohnung bekommen hatten, klopften sie ihre schmutzigen Spaten ab. Und aus den herabgefallenen Dreckklumpen entstanden sieben Berge, während die Riesen mit sauberen Spaten von dannen zogen. (smo)