Die aktuellen Bilder aus Los Angeles, Portland und Chicago lösen bei vielen blankes Entsetzen aus. Bei „Markus Lanz“ berichtete der ZDF-Moderator am Mittwochabend von seinen eigenen Erfahrungen in amerikanischen Großstädten und warnte vor einem Verschweigen offensichtlicher Probleme.
„Überfallen“Lanz packt „harte Geschichte“ aus
Aktualisiert
Amerikanische Nationalgardisten aus Texas sind mittlerweile im US-Bundesstaat Illinois stationiert. Nachdem es in traditionell demokratischen Großstädten wie Los Angeles und Portland bereits zu Einsätzen gekommen ist, soll nun auch Chicago ins Visier der Soldaten geraten.
Der demokratische Gouverneur von Illinois, JB Pritzker, verurteilte den Einsatz der Nationalgarde bereits scharf und schrieb auf X: „Wir müssen nun anfangen, es als das zu bezeichnen, was es ist: Trumps Invasion.“
Markus Lanz entsetzt: „Menschenjagden auf offener Straße“
Auch Markus Lanz zeigte sich entsetzt von den jüngsten Bildern aus Amerika: „Es sind Bilder von Menschenjagden auf offener Straße - einer Demokratie tatsächlich nicht würdig.“
ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen nickte und warnte vor einer weiteren Eskalationsstufe, denn: „Der Gouverneur von Illinois hat das ganz klar als rechtswidrige Invasion bezeichnet (...) und wir haben heute gehört, dass der Präsident dem Gouverneur von Illinois jetzt droht mit Gefängnis.“ Eine Zuspitzung, über die Theveßen sagte: „Das ist ein Schritt, der parallel zum Einsatz der Nationalgarde eben auch zweifeln lässt an den demokratischen Absichten des amerikanischen Präsidenten.“

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Grünen-Politiker Omid Nouripour erklärte im Gespräch mit Markus Lanz, wie er die Lage in den USA einschätzt. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Journalistin Annett Meiritz erläuterte dazu, dass das Ziel der US-Regierung sei, „dass sich Trumps Anhänger und auch Trumps Gegner an den Anblick gewöhnen sollen, wie es ist, wenn Straßen militarisiert sind in den USA“.
Omid Nouripour: „Wir müssen alles dafür tun, damit wir diese Spaltung nicht erleben“
Und damit nicht genug. Elmar Theveßen mahnte, dass die Vermutung nahe liege, dass der Einsatz der Nationalgarde auch dazu diene, „um eben Gewalt auf der anderen Seite zu erzeugen“. Daraus solle die Rechtfertigung entstehen, „das amerikanische Militär einzusetzen“. Der ZDF-Korrespondent stellte in dem Zusammenhang klar: „Hier wird ein System geschaffen, das ermöglicht, mit Staatsgewalt Dinge einfach durchsetzen und (...) auch Regeln zu brechen.“

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Journalistin Annett Meiritz glaubt, dass ein Verschweigen der Probleme am Ende Politikern wie Donald Trump helfe. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Grund genug für Markus Lanz, genauer nachzuhaken. Mit Blick auf die deutsche Politik wollte er wissen: „Was ist für Sie die Lehre daraus?“ Grünen-Politiker Omid Nouripour antwortete prompt: „Dass wir um Gottes Willen alles dafür tun müssen, damit diese Art von Politik zu uns nicht überschwappt. Wir müssen alles dafür tun, damit wir diese Spaltung nicht erleben.“

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ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen (rechts) warnte bei „Markus Lanz“ vor den schwerwiegenden Folgen, die der Einsatz texanischer Nationalgardisten in Illinois nach sich ziehen könnte. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Der Politiker ergänzte: „Wir sind nicht so eine gespaltene Gesellschaft (...) und das müssen wir uns erhalten.“ Dem konnte Annett Meiritz nur teilweise zustimmen. Die Journalistin erklärte, dass bei vielen Themen - unter anderem auch bei der Flüchtlingsdebatte - nicht immer jede Meinung willkommen sei. „In dem Moment, in dem man nicht ganz klar mehr benennen darf (...) oder sich nicht frei fühlt, zu benennen, was schiefläuft, machen wir ja den Raum auf für jemanden wie Donald Trump. (...) Die US-Bürger bekommen jetzt die Rechnung dafür“, so Meiritz deutlich.

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Im Studio diskutierte Markus Lanz am Mittwoch mit (von links) Omid Nouripour, Annett Meiritz und Jurist Kirk Junker. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
Markus Lanz nickte und offenbarte, dass er sich selbst nicht in jeder amerikanischen Großstadt sicher fühle: „Wir sind vor ein paar Jahren in San Francisco am helllichten Tag beim Mittagessen überfallen und ausgeraubt worden. Das war eine richtig harte Geschichte und daran ist man nicht so direkt gewöhnt als sensibler Europäer.“
Markus Lanz: „Ich habe da ein Störgefühl“
Hinzu komme laut Lanz, dass in vielen US-Großstädten unzählige Obdachlose und Drogenabhängige zu sehen seien: „Ich habe da ein Störgefühl.“ Letzteres werde „zu wenig adressiert. Es wird nicht darüber geredet.“ Daraufhin stellte Omid Nouripour klar: „Das ist für Deutschland ein Schlüssel, dass wir die Probleme beschreiben, wie sie sind (...) und dass wir sie angehen!“
Elmar Theveßen blickte derweil anders auf die Situation in einigen US-Städten. Er sagte: „Es gibt ein großes Problem, aber dieses Problem löst man nicht mit ICE-Agenten, die schwer bewaffnet und vermummt durch die Straßen laufen und das löst man erst recht nicht mit amerikanischem Militär, das mit scharfen Waffen durch die Gegend läuft.“ Die Lösung laut des Journalisten? Es wäre „wahrscheinlich effizienter, „wenn man die Wirtschaft so ins Laufen bekäme, dass weniger Leute möglicherweise kriminell werden“. (tsch)