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Letzte Rolle in ARD-DauerbrennerRolf Becker mit 90 gestorben

Ein Mann und eine Frau sitzen an einem Tisch.

Schauspieler Rolf Becker ist mit 90 Jahren gestorben. Auf dem Archivfoto  Januar 2011 stehen er (als Otto Stein) und Ursula Karusseit (als Charlotte Gauss) für eine Folge aus „In aller Freundschaft“ vor der Kamera. 

Aktualisiert

Schauspielerisch und politisch aktiv bis zuletzt: Rolf Becker ist mit 90 gestorben.

Er drehte noch fast bis zuletzt – doch mit 90 Jahren ist der Schauspieler Rolf Becker nun verstorben. Becker starb wenige Monate nach seinem runden Geburtstag in einem Hospiz in seiner Wahlheimat Hamburg.

Vor allem aus dem ARD-Dauerbrenner „In aller Freundschaft“ (IAF) ist er bekannt, sein Lebenswerk umfasste aber verschiedenste Rollen. Dazu war er politisch aktiv: Als Zeitzeuge des Zweiten Weltkriegs lebte Becker seinen Pazifismus aus eigener Lebenserfahrung.

Seine ältesten Kinder Ben und Meret Becker aus der gescheiterten Ehe mit Monika Hansen sind die bekannteren Schauspieler, der Vater hielt sie auch für begabter. Am Rande der Dreharbeiten für einen gemeinsamen Auftritt in „IAF“ meinte der Vater einmal über seinen Sohn: „Ich sage mal ganz krass, Ben ist der bessere Schauspieler.“

Während dieser in seinem Spiel wie ein Seiltänzer ohne Netz „Tod und Teufel“ riskiere, sei es bei ihm anders gewesen. „Ich habe da immer abgesichert gearbeitet, also mit Netz - und das ist flacher und hat nicht die Substanz.“

Schauspieler Rolf Becker: Erste Fernsehrolle 1962 in „Die Firma Hesselbach“

Dennoch war Rolf Becker als Schauspieler ein Fernsehgesicht, das die Zuschauer irgendwie kannten - und das schon seit vielen Jahren. Seine erste Fernsehrolle hatte er 1962 in „Die Firma Hesselbach“, einem der ersten deutschen Straßenfeger, der längst in Vergessenheit geriet.

Seine letzte Rolle war seit 2006 die des Otto Stein in der fiktiven Leipziger Sachsenklinik. „In aller Freundschaft“ ist eine Seifenoper mit konstant hohen Beliebtheitswerten. Selbst die 2011 gestorbene Schriftstellerin und Büchner-Preisträgerin Christa Wolf wollte dienstags nie gestört werden, um in Ruhe die neueste Folge sehen zu können.

Für den über 50 Jahre im Hamburger Stadtteil St. Georg lebenden Becker schloss sich mit der in Leipzig spielenden Rolle auch privat ein Kreis. Er war am 31. März 1935 in Leipzig zur Welt gekommen. Sein Vater war Wehrmachtsoffizier und starb im Zweiten Weltkrieg. Becker wuchs dann in Schleswig-Holstein auf, in Bremen machte er Abitur.

Nach der klassischen Schauspielausbildung Ende der 50er Jahre in München wäre in Bremen auch fast seine Karriere zu Ende gewesen. Becker wagte als Regisseur einen aus dem Ruder laufenden Versuch und überließ seinem Ensemble die Regie - danach wurde er an allen deutschsprachigen Bühnen gesperrt.

Doch der Schauspieler fand schnell Engagements bei Film und Fernsehen, ab den 70er Jahren kehrte er auch ins Theater zurück. Eine Lehre zog Becker aber: „Ich habe mich nie wieder an einer Leitungsfunktion beteiligt - ich wusste nun, ich gehöre nach unten, wollte Schauspieler sein“, sagte er der „Sächsischen Zeitung“.

Becker setzte sich gegen Faschismus und Antisemitismus ein

Schauspieler allein war Becker aber nie. Er war auch politisch engagiert wie kaum ein anderer. Becker setzte sich zusammen mit der 2021 gestorbenen Holocaustüberlebenden Esther Bejarano gegen Faschismus und Antisemitismus ein. Als überzeugter Gewerkschafter organisierte er in der Eurokrise Solidaraktionen für Griechenland und gegen Spardiktate.

Becker zeigte dabei auch streitbares Engagement. So engagierte der in zweiter Ehe seit 45 Jahren mit der Schauspieldozentin Sylvia Wempner - das Paar hat drei Kinder - verheiratete Becker sich im internationalen Komitee zur Verteidigung des als Kriegsverbrecher angeklagten serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic.

2003 unterstützte er ein Gnadengesuch für den damals mehr als 20 Jahre in Haft sitzenden RAF-Terroristen Christian Klar. Im Januar las er öffentlich ein Grußwort der im vergangenen Jahr gefassten mutmaßlichen RAF-Terroristin Daniela Klette vor. „Sind Sie ein Linker?“, fragte die „Sächsische Zeitung“ Becker im Interview zum 90. Geburtstag. Seine damalige alterskluge Antwort: „Ich bin ein kritischer Vogel, der gern verscheucht wird.“ (AFP)