„Hartz und herzlich”Mutter hat kaum Geld für Essen, will aber Hochzeit mit dem Neuen

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Florian und Angela (r.) planen mit Dagmar zusammen die Hochzeit. Budget: 600 Euro.

von Sebastian Oldenborg (so)

Pirmasens – Florian (26) und Angela (33) wollen keine Zeit verlieren. Obwohl sich das Paar erst vor vier Wochen lieben gelernt hat (alles hatte in einer Kneipe angefangen), wohnt es bereits seit einer Woche zusammen, als das Team der RTL-2-Sendung „Hartz und herzlich“ sie besucht.

Doch damit nicht genug: In zwei Wochen soll nun sogar geheiratet werden. „Ich kann mir ein Leben ohne ihn gar nicht mehr vorstellen“, sagt Angela. Und so stürzen sie sich zusammen mit Mama Dagmar (57) in die Vorbereitungen.

Doch so einfach ist die Planung einer Hochzeit nicht. Da wären wichtige Fragen wie „Wie viele Kuchen brauchst du?“ und wichtige Besorgungen wie Anstecknadeln für den Anzug. Schnell kommt das Trio zu der Erkenntnis: Eine dreistöckige Torte vom Bäcker ist bei einem Gesamt-Hochzeitsbudget von 600 Euro (bei 20 Gästen) wohl eher nicht drin…

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Oft reiche es nur für „Nudeln mit Haschee“, sagt Angela in die Kamera. Das Geld sei knapp. Trotzdem steht ihre drastische Entscheidung.

„Hartz und Herzlich“: Angela hat 200 Euro für die Hochzeit gespart

Zum Glück hat Angela schon fleißig gespart. Doch wie fleißig, will Mama Dagmar wissen und bohrt noch. „Ich habe ein bisschen was auf die Seite gelegt“, rückt die 33-jährige Zweifach-Mama nur langsam mit der Sprache raus. 200 Euro habe sie weggelegt und gibt zu: „Wir wissen noch nicht, wie wir es machen.“ Ihr Zukünftiger Florian gibt sich optimistisch: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“

Und so machen sie sich auf die Suche nach einem Lokal für die Feier. Als der Inhaber von den Vorstellungen hört, muss er schlucken: „300 Euro bei 20 Leuten? Das heißt: kein Kaffee und kein Kuchen.“ Dafür soll es immerhin Schnitzel geben. Kuchen wollte die Hochzeitsgesellschaft sowieso selbst mitbringen, wie Mama Dagmar erklärt. Da macht der Gaststätten-Chef ein Angebot: Mit Getränken und Kuchen 400 Euro. Billiger ginge nicht mehr.

Ob sich Angela und Florian darauf einlassen? Fraglich. „Das Bauchgefühl sagt nichts Gutes“ und „die Sympathie ist nicht übergesprungen“ sind die ersten Reaktionen nach dem Gespräch.

Angela nach vier Wochen Beziehung: „So einen Mann hab ich immer gesucht“

Mama Dagmar ist sowieso noch nicht vollends begeistert von den extrem schnellen Hochzeitsplänen ihrer Tochter. „Du kennst noch nicht die ganzen Macken und Ticks, die er hat. Und er bei dir auch nicht.“ Wohl war. Das sieht auch Angela ein: „Das stimmt, es ist schwierig. Aber er steht hinter mir und den Kindern und so einen Mann hab ich immer gesucht.“

Dann geht es auf den großen Tag zu. Die Braut hat das zehn Jahre alte Kleid ihrer ersten Hochzeit umnähen lassen, auch die Ringe sind für 37 Euro pro Stück ein echtes Schnäppchen. Dagmar hat mit einer Freundin zusammen die Kuchen gebacken. Gefeiert wird im Restaurant eines Freundes, das für 250 Euro angemietet werden konnte.

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Angela und Florian haben nach nicht mal acht Wochen Beziehung geheiratet. Angelas Mama Dagmar (3.v.r.) feiert mit.

Einziger Haken: So überstürzt, wie die Hochzeit ist, kann Florians Familie nicht dabei sein. Auch die Gästezahl hat das Paar von 20 auf zehn runtergeschraubt. So bleiben sie mit 590 Euro immerhin im Budget und lassen sich ihren großen Tag nicht verderben – auch nicht von einem plötzlichen Kreislaufzusammenbruch bei Angela. Die Aufregung ist zu viel für sie. 

Die macht kurzerhand ein Nickerchen und feiert danach weiter. Nach sieben gemeinsamen Wochen sind Angela und Florian ein Ehepaar.

„Hartz und Herzlich“: Jens hat einen Job – aber nur für acht Tage

Zum Feiern ist kurzzeitig auch dem 52-jährigen Jens zumute. Nachdem er erst noch „mit den Idioten rumdiskutieren“ (gemeint ist das Jobcenter) musste, hat er plötzlich einen neuen Job als Leiharbeiter. „Das ist wie ein Lottogewinn, das werde ich jetzt mal in vollen Zügen genießen“, verkündet der ehemalige Lkw-Fahrer großspurig.

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Jens wurde nach gerade mal acht Tagen schon wieder gekündigt.

Eine Woche später bekommt er erneut Besuch vom TV-Team, das die Menschen im Winzler Viertel von Pirmasens über mehrere Monate begleitet hat. „Aus dem Job ist nichts geworden“, erzählt Jens. „Das war wieder mal Verarsche Nummer zwei. Naja, gut. Leben geht weiter.“

Nach gerade mal acht Tagen wurde der 52-Jährige bereits wieder gekündigt. Offenbar hatte er nicht schnell genug gearbeitet und nicht den besten Arbeitseindruck hinterlassen.

Kurz darauf erhält er den nächsten Rückschlag: eine erneute Job-Absage. Begründung: Er sei zu dick für die vorgeschriebene Arbeitskleidung. Das will Jens nicht auf sich sitzen lassen. „Wenn ich ungerecht behandelt werde, kommt der Kämpfer in mir raus.“ Er schreibt Leserbriefe an Zeitungen, geht sogar zum Anwalt. Doch der kann nichts machen und so bleibt Jens nichts anderes übrig, als in sein altes Hartz-IV-Leben zurückzukehren.

„Hartz und Herzlich“: Mike will sich selbstständig machen

Große Pläne hat auch Mike (35). Nach der Trennung wohnt er zwar in einer noch notdürftig zusammengeschusterten Wohnung – er spült Geschirr in einer Kiste, hat sich Küche, Couch, Bett und Wohnzimmer-Tisch aus Holzpaletten zusammengebaut –, für die Zukunft will er an seiner Situation aber etwas ändern und sich mit einem Hausmeister-Service selbstständig machen.

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Lisa, Daniel und Mike (v.l.) planen ihre Selbstständigkeit mit einem Hausmeister-Service.

Seine Freunde Lisa und Daniel (die ein Paar sind) wollen dabei sein. Daniel: „Ein Hausmeister-Service wäre schon was Cooles.“ Dabei hatte der 28-Jährige kurz zuvor noch gesagt: „Ich bin ganz offen und ehrlich: Ich würde schon gerne in dem Beruf (Forstamt, Anm. d. Red) arbeiten. Sesselpupser oder Leute in der Bank – da bleibe ich lieber bei Hartz IV, weiß, dass das Gehalt da ist.“

Mike: „Man ist nicht der Handlanger von irgendwelchen Chefs“

Jetzt also ein Hausmeister-Service. Das Problem: Mike sagt ganz offen, dass er „zwei linke Hände“ hat. Natürlich fehlt auch ein Meisterbrief. Trotzdem hat das Trio schon große Pläne: „Ein Zweitauto kommt sowieso noch“, meint Mike, den vor allem die Vorstellung reizt, sein eigener Chef zu sein:

„Man kann sich die Zeit selbst einteilen und ist nicht der Handlanger von irgendwelchen Chefs, die sagen: „Du musst das machen, du musst das machen, du musst das machen.‘“ Über den Gründungszuschuss vom Amt will er am liebsten drei Autos für seine neue Firma finanzieren lassen. Einen konkreten Businessplan hat er allerdings nicht.

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So sieht es aus, wenn „Hausmeister“ Mike an der Arbeit war.

Und dass vielleicht doch etwas zu einem guten Hausmeister fehlt, zeigt sich wenig später. Beim Entrümpeln seiner alten Wohnung schmeißen Mike und Daniel alle Möbel einfach aus dem Fenster im Obergeschoss. Und als in der neuen Bleibe eine Sicherung durchbrennt, wissen sie sich nicht zu helfen und holen sich Rat auf YouTube.

Die arbeitslose Dagmar muss ihren Strom im Voraus zahlen

Apropos Sicherung durchbrennen. Das kann bei Dagmar oft nicht passieren. Denn wenn die seit 1999 arbeitslose 57-Jährige aufsteht, bleibt es in der Wohnung oft dunkel. Auch der Kühlschrank ist aus. Der Grund: Dagmar hat 1800 Euro Stromschulden. Deshalb wurde ihr ein Prepaid-Zähler eingebaut: Strom gibt es nur gegen Vorkasse – 24 Stunden Strom kosten sie acht Euro. Ein Viertel davon wird zum Abbezahlen der Schulden genommen.

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„Hartz und Herzlich“: Dagmar muss ihren Strom im Voraus bezahlen. Immer wieder bleibt er deshalb einfach aus.

Dass das nicht gut für ihre Tiefkühl-Kost ist, ist wohl klar. Doch Dagmars fachmännischer Blick ins Gefrierfach reicht für die Feststellung: „Geht gerad noch so.“

Jeden Tag Strom ist bei ihr einfach nicht drin. Zumal sie auch noch weitere Schulden abbezahlen muss, wie sie bei „Hartz und Herzlich” (Hier lesen: Hartz und herzlich RTL 2: Rainer tot, jetzt stirbt die nächste) verrät.

Da kommt es wie gerufen, dass sie am Ende der Folge einen neuen Job gefunden hat. Auf 450-Euro-Basis fährt sie 20 Stunden pro Woche für einen Behindertenfahrdienst. 180 bis 190 Euro kann sie davon wohl behalten. Ein Anfang. (so)