20 Jahre Münsteraner „Tatort“Drogen, Geldwäsche und Kryptowährung – darum geht es beim Jubiläum

WESTDEUTSCHER RUNDFUNK KÖLN
Tatort Muenster - Axel Prahl und Jan Josef Liefers
Ein starkes Team: Der Pathologe Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers, r) und Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) ermitteln für den WDR am Tatort in Münster zum 20 Jährigen Jubiläum.

Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers, r.) und Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) feiern 20 Jahre Münsteraner „Tatort“. 

Vor über 20 Jahren flimmerte der erste Tatort aus Münster über die TV-Bildschirme. Zum Jubiläum bekommen es Hauptkommissar Frank Thiel und Professor Karl-Friedrich Boerne mit einem ungewohnt ernsten Fall zu tun. 

Der erste „Tatort“ aus Münster wurde am 20. Oktober 2002 erstmals ausgestrahlt. Das eigentliche Jubiläumsdatum haben Kriminalhauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Gerichtsmediziner Professor Boerne (Jan Josef Liefers) also um ein Haar verpasst. Ihr 42. Film, der den ohrwurmverdächtigen Titel „Ein Freund, ein guter Freund“ (Regie: Janis Rebecca Rattenni) trägt, läuft am 13.  November. Verglichen mit dem äußerst skurrilen Vorgänger „Propheteus“, in dem es um Echsenmenschen und außerirdische Verschwörungen ging, wird es dabei geradezu bodenständig, um nicht zu sagen gewöhnlich.

Während Prof. Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne „völlig unvorbereitet“, wie er behauptet, eine pointierte Rede auf der Abschiedsfeier seines Anwalts Friedhelm Fabian (Jan Georg Schütte) und dessen Gattin Veronika (Proschat Madani) hält, bekommt wenige Kilometer weiter ein anderer Anwalt, Nikolas Weber (Hadi Khanjanpour) unerfreulichen Besuch: Nino Aqostini (Claudio Caiolo), ein bekannter Mafiaboss, ist sauer über die Verurteilung seines Handlangers. Am nächsten Morgen liegt Weber erschossen in seiner Kanzlei. War Aqostini der Mörder?

Comic lässt grüßen

Könnte sein, vermuten Thiel und Boerne. Immerhin beschreibt letzterer den Tathergang in einer der wenigen wirklich klamaukigen Szenen dieses Krimis: „Genau wie in den alten schwarz-weißen Wild-West-Filmen“, sagt der Gerichtsmediziner: „Der Täter saß, das Opfer stand. Ich kann's Ihnen mal vorspielen.“ Es folgt eine Comic-reife Szene mit vielen „Puff! Tuck! Piu!“-Lauten. „Sie sollten auf gar keinen Fall Schauspieler werden“, kommentiert Thiel trocken.

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Überhaupt scheinen Comic-Hefte eine der Hauptinspirationsquellen von Regisseurin Janis Rebecca Rattenni gewesen zu sein: Immer wieder schneidet die 39-Jährige, die bis 2004 eine der Hauptdarstellerinnen in der RTL-Daily „Unter uns“ war, in ihrer ersten „Tatort“-Arbeit mehrere Szenen getrennt durch einen schwarzen Balken nebeneinander, was gut zu den parallel stattfindenden Handlungssträngen passt: Während Thiel Webers psychisch kranken Partner Erik Nowak (Hendrik Heutmann) verhört, wird Boernes befreundet Anwalt Friedhelm Fabian am helllichten Tag entführt. Veronika hat Angst, die Polizei zu alarmieren, Boerne jedoch springt seiner heimlichen Liebe engagiert zur Seite. Er bietet sich sogar als Bote für die von den Entführern geforderte Festplatte aus Fabians Safe an.

Tatort Münster: Zu viele Themen, zu wenig Tiefgang

Ehe es sich versieht, befindet sich das Fernsehpublikum also in einem vielschichtigen Film wieder, der neben dem Toten und dem Entführten auch noch von Drogen, Geldwäsche, Lizenzverlust und Kryptowährung erzählt. Bei dieser Fülle an Themen gehen leider sowohl der Tiefgang als auch der Humor ein wenig verloren: Statt über die Risiken digitaler Vermögenswerte oder auch den psychischen Druck, der auf vielen Juristinnen und Juristen lastet, zu berichten, werden diese und weitere gesellschaftlich relevanten Themen lediglich angerissen.

Immerhin: Die verglichen mit anderen Münsteraner „Tatort“-Folgen recht selten vorkommenden Kabbeleien zwischen Thiel, Boerne und dessen Kollegin Silke Haller (ChrisTine Urspruch) sitzen, dank des „Tatort“-erprobten Drehbuchautors Benjamin Hessler, der unter anderem die Münster „Tatort“-Folgen „Es lebe der König!“ (2020) und „Spieglein, Spieglein“ (2018) schrieb, punktgenau.

Ob dies jedoch für einen neuen Quoten-Rekord reicht, bleibt abzuwarten. Eingefleischte „Tatort“-Fans beklagen sich schon länger darüber, dass die Fälle oft albern, aber wenig spannend seien. Zu albern ist es diesmal jedenfalls nicht. Der bislang beliebteste „Tatort“ aus Münster war der Film „Fangschuss“, der bei seiner Erstausstrahlung im April 2017 14,56 Millionen Menschen und damit die höchste Zuschauerzahl einer „Tatort“-Folge seit 1992 erreichte.

Im Hinblick auf den Marktanteil brach der vorletzte „Tatort“, „Des Teufels langer Atem“ (Erstsendung: Januar 2022), mit 41 Prozent den allgemeinen „Tatort“-Rekord seit 1992. Der eingangs erwähnte erste Fall aus Münster, der den Titel „Der dunkle Fleck“ trug, erreichte immerhin 8,82 Millionen Menschen und wurde für den Grimme-Preis nominiert.

Die Dreharbeiten für den 43. „Tatort“ aus Münster sind bereits abgeschlossen: Unter dem Arbeitstitel „MagicMom“ tauchen Boerne und Thiel dabei in die ihnen unbekannte Welt der Mütter-Influencerinnen. Regie führt Michaela Kezele ("Zimmer mit Stall"). Das Drehbuch stammt von Regine Bielefeldt. Ein Sendetermin ist noch nicht bekannt. (tsch)