„Die Aldi-Brüder“Arnd Klawitter: „Ich mache einen Bogen um solche Märkte“

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Karl Albrecht (Christoph Bach, l) und sein Bruder Theo (Arnd Klawitter) teilen das Unternehmen in Aldi Nord und Aldi Süd.

Köln – Gestatten, „Die Aldi-Brüder“! Im gleichnamigen ARD-Film über das Leben von Theo und Karl Albrecht geben Arnd Klawitter und Christoph Bach am Montagabend überzeugend das wohl bekannteste und gleichzeitig (wegen seiner scheuen Art) unbekannteste Gründer-Duo der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Dabei sind sie privat nur selten im Discounter anzutreffen…

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„Ich kaufe nie bei Aldi ein, ich mache einen Bogen um solche Märkte“, betont Arnd Klawitter, der als Albrecht im Film selbst das Mantra „So lange es billig ist, wird alles akzeptiert“ vor sich her trägt, beim Treffen mit EXPRESS. Seine persönliche Meinung: „Die billigen Preise dort werden auch auf Kosten von anderen erzielt. Greenwashing soll Sauberkeit suggerieren, was bei genauem Hinsehen nicht funktioniert. Der Schwerpunkt unseres Films liegt aber nicht auf einer, aus heutiger Sicht sicher berechtigten Firmen-und Kapitalismuskritik, sondern versucht sich dem Innenleben Theo und Karl Albrechts in der Extremsituation der Entführung Theos anzunähern. Wie reagieren solche Männer in dem Moment des Ausgeliefert-Seins und der Fremdbestimmung. Was treibt diese Generation, die zum Teil in Kriegsgefangenschaft war, im Nachkriegsdeutschland an.

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Wo kauft er ein? „Ich kaufe Fleisch, Eier und Milch nur im Biomarkt ein. Bei den anderen Sachen gibt’s eine Mischung aus Bio und normalen, aber möglichst auch hochwertigeren Produkten.“

Arnd Klawitter hat eine ganz klare Meinung zu Aldi

Bach kaufte vor dem Dreh aber bewusst öfter bei Aldi ein, erzählt er. „Ich hatte ja sonst vorher keine Berührungspunkte mit dem Thema – außer, dass ich ab und zu bei Aldi eingekauft habe. Zur Vorbereitung auf den Film war ich deshalb wieder öfter da. Heute ist ja alles noch sehr ähnlich wie am Anfang. Vielleicht von der wieder verstärkten Werbung abgesehen, ist das Konzept noch immer voll sichtbar. Die komplette Reduktion ist noch immer erkennbar.“

Er habe sich über die Märkte seiner in der Realität ja bereits verstorbenen Figur Karl Albrecht genähert. „Das Unternehmen ist ja, - trotz der absoluten Normalität, die es ausstrahlt -, ziemlich mysteriös. Ein Grund dafür ist sicher die absolute Verschwiegenheit der Familie. Man bekommt praktisch keine Auskünfte. Das war auch für uns völlig illusorisch. Aber so geheimnisvoll das Unternehmen sich auch gibt, so vertraut sind uns die Märkte. Und daraus kann man einige Charaktereigenschaften der Brüder ablesen. Eiserne Sparsamkeit, Disziplin, Reduktion aufs Wesentliche, auch diese Härte gegen sich und andere. Das weht ja als Geist durch die Läden. So waren die Brüder wohl auch.“

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Auch Klawitter betont: „Das ist eine der Figuren, die man sich als Schauspieler erstmal am wenigsten wünscht, weil man vorher nichts über sie rausbekommt. Wir hatten natürlich ein bisschen Sekundärliteratur, Gerichtsakten und Prozessprotokolle. Außerdem hat einer der Entführer seine Tat – natürlich sehr subjektiv – zu Papier gebracht. Ansonsten hatten wir aber ein unbeschriebenes Blatt. Das hat auch Vorteile. Wir waren sehr frei in der Arbeit.“ 

Einziges Problem: „Fast alles, was die Albrechts ausmacht, lässt sich schwer erzählen: Askese, Sparsamkeit, Verschlossenheit, Abgeschiedenheit, Kontrollzwang“, so Klawitter weiter. „Stattdessen haben wir uns Situationen herausgenommen, in denen diesen beiden Kontrollfreaks die alles bestimmen wollen, die Kontrolle entgleitet.“ 

Wie die Entführung von Karl Albrecht 1971, die im Zentrum des Films steht. „Ich wollte, dass man mir bzw. ihm die Ohnmacht ansieht. Es gab für diesen Mann keinen Erlösungsmoment. In dieser Nachkriegszeit hatten die Männer seiner Generation keinen Zugang zu ihren Gefühlen. Damals ist man selbst bei Traumata nicht zum Psychologen gegangen. Die haben das mit sich ausgemacht. Das fand ich spannend.“

Bach ging’s ähnlich. „Ich hatte auch solche Charaktere in der Familie, vor allem in der Generation der Aldi-Brüder. Die kennen alle, die Deutsche sind, glaube ich. Man hat Bilder dieser Generation im Kopf, auch reale Vorbilder. Darüber habe ich mich der Figur genähert.“

Der Film endet kurz nach der Entführung Anfang der 70er. Bis zum Tod der Brüder 2010 bzw. 2014 passierte danach natürlich auch noch viel. Gibt es also  eine Fortsetzung des Films? „Das kommt immer drauf an, wie es erzählt wird“, sagt Klawitter. „Wenn es noch eine Frage gibt, die interessiert und fesselt, warum nicht?“ 

Auch Bach wäre nicht abgeneigt: „Vielleicht löst dieser Film ja auch etwas aus, damit wir etwas mehr erfahren über dieses Unternehmen, das uns im Guten wie im Schlechten so sehr geprägt hat und immer noch prägt. Dann hätten wir auch die Basis für einen weiteren Film.“