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TV-Blaublut August WittgensteinAdel verpflichtet – stimmt das immer noch?

Ein junger Mann mit gegelten Haaren und akkurat sitzendem schwarzen Anzug mit Einstecktuch und Fliege schaut in die Kamera

Für Prinz August zu Wittgenstein ist es normal, sich an Festtagen in Schale zu werfen. Wie hier bei einer Gala im Berliner Hotel Adlon 2023.

Schauspieler August Wittgenstein hat uns erzählt, warum er im TV so gern als Adeliger besetzt wird, welche Privilegien er in seiner Jugend genoss und warum man in „Illuminati“ nur seinen Arm sieht.

In „Ku'damm 77“ (seit gestern im Stream, am 12., 13. und 14. Januar im ZDF, 20.15 Uhr) legt er seinen Adelstitel ab und geht in den Osten. Im wahren Leben wäre das für August-Frederik Wendelin Otto Hendrik Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (44) – obwohl ihm die kurze Ansprache im Alltag auch genehm ist – jedoch keine Option. Was das Leben eines Adeligen wie ihm ausmacht, verrät der Schauspieler im Gespräch mit dem EXPRESS.

Ihr vollständiger Name lautet August-Frederik Wendelin Otto Hendrik Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg. Wie darf ich Sie ansprechen?

August Wittgenstein: Um Zeit zu sparen, gerne einfach mit August Wittgenstein. Im Pass steht aber nach wie vor der ganze Name. Das ist jetzt nicht etwa so, dass ich den Namen abgelegt habe oder ihn irgendwie blöd finde. Aber ich habe es als August Wittgenstein natürlich deutlich unkomplizierter bei Flugbuchungen oder wenn ich mich in einem Gespräch vorstelle.

Prinz Andrew wurde kürzlich von seinem Bruder König Charles gezwungen, den Titel abzulegen. Würde Ihnen das schwerfallen?

August Wittgenstein: Ich fände es auf jeden Fall schade, weil ich denke, dass der Name doch ein Teil meiner Identität und meiner Familien-Geschichte ist. Bei Prinz Andrew finde ich es aber ehrlich gesagt vollkommen richtig, dass man sagt, er hat mit den amtlichen Würden nichts mehr zu tun.

August Wittgenstein: So tickt der Star aus den „Ku'damm“-Reihe

Sie kamen mit 15 aufs Internat in Schweden, machten dann Ihr Abitur in Großbritannien, haben Praktika in Paris absolviert und in Washington studiert. Ein privilegiertes Leben ...

August Wittgenstein: Mein Vater ist ein Kind des Kalten Krieges, er ist aufgewachsen mit dieser Angst, dass es mit Deutschland jederzeit vorbei sein kann. Und ihm war sehr wichtig, dass wir uns auch außerhalb Deutschlands gut zurechtfinden können. Ich habe es schon als großen Vorteil empfunden. Ein Nachteil ist natürlich, dass ich erst mit 30 nach Deutschland zurückgekommen bin, sodass ich mir in den Zwanzigern hier keinen Freundeskreis aufbauen konnte. Das fehlt mir ein bisschen.

Wenn die Kinder schauspielerische Ambitionen haben, sagen Eltern oft: „Lern erst mal was Anständiges“. Wie war das bei Ihnen?

August Wittgenstein: Das haben sie nicht gesagt. Ich glaube, meine Eltern wussten, dass ich eigentlich ein ziemlich disziplinierter und vernünftiger Bursche war. Und deswegen habe ich aber auch von mir aus gesagt, ich möchte auf jeden Fall auch etwas studieren, was abseits von der Schauspielerei passiert. Und habe dann Geschichte gewählt, während der Unizeit aber schon viele Theaterkurse belegt und dann Schauspiel studiert.

... und prompt mit Tom Hanks in „Illuminati“ (2009) gedreht.

August Wittgenstein: (lacht) Ich hatte eine Castinganfrage für Illuminati und hatte sogar sechs Drehtage. Aber im Film ist nur meine linke Schulter groß rausgekommen. Wie es eben oft so ist bei solchen großen Produktionen: Die unwichtigen Leute werden dann halt rausgeschnitten. War gar nicht schlecht, das so früh kennenzulernen.

Ihre Karriere kam in Fahrt, als man Sie als Blaublütigen wie in „The Crown“ oder „Ku'damm“ engagierte. Hat man als Adeliger ein anderes Auftreten?

August Wittgenstein: Das weiß ich nicht genau. Was ich vielleicht mitbringe aus meiner Erziehung ist eine aufrechte Haltung. Im Casting schaltet man auf den Manieren-Schalter um – und dann kommt man vielleicht so rüber, wie manche sich einen Adeligen vorstellen. Ich glaube allerdings, dass das oft nur eine Projektionsfläche ist.

Im „Ku'damm“-Familienepos spielen sie den schwulen Adeligen Wolfgang von Bost. Spoilern Sie doch mal: Wie ergeht es ihm in „Ku'damm 77“?

August Wittgenstein: Also: Wolfgang geht in den 70ern der Liebe halber in den Osten, legt das von ab und heißt jetzt nur noch Wolfgang Bost. Es war in der DDR ja nicht so gern gesehen, so ein „von“ im Namen. Er kann ein Stück weit freier leben mit seiner Sexualität, aber hat dafür diesen Überwachungsstaat vor der Nase. Es kommt zu allerhand Komplikationen.

Es heißt, Adel verpflichtet. Stimmt das?

August Wittgenstein: Wenn man es möchte, verpflichtet er. Es kommt ganz darauf an, wie wichtig einem Werte und das Vermächtnis der Ahnen sind.

Privat haben Sie in der Pandemie Ihre große Liebe gefunden. Ihre Frau ist allerdings nicht blaublütig. Ist das heute in Ihren Kreisen eigentlich noch von Bedeutung?

August Wittgenstein: Nein, meine Eltern haben immer gesagt: Heirate, wen du liebst. Das ist die beste und gesündeste Basis für eine glückliche Ehe.

Sie gelten laut Umfragen als einer der schönsten Schauspieler Deutschlands ...

August Wittgenstein: (lacht) Also jetzt ist der Tag gerettet ...

Sieht man Sie an Festtagen wie Weihnachten oder Silvester auch im Hoodie – wie jetzt bei unserem Interview?

August Wittgenstein: Eher nicht. Ich finde schon, dass man gewisse Festtage und gewisse Anlässe damit ehren kann, wie man sich kleidet und damit auch die Leistung des Gastgebers, bei dem man eingeladen ist, würdigt. Das mit der Kleidung ist so eine Sache, die wir derzeit vielleicht ein bisschen schleifen lassen. Es ist jetzt nur noch angesagt, was komfortabel und angenehm zu tragen ist.

Ein dunkelhaariger Mann und eine brünette Frau mit langen Haaren halten sich um Arm und schauen freundlich drein

Dass seine Ehefrau, die Psychologin Mia Rhoda, nicht adelig ist, stört weder den Prinzen noch seine Eltern. Das Foto der beiden wurde im Oktober 2025 aufgenommen.

Was wünschen Sie sich persönlich für das neue Jahr 2026?

August Wittgenstein: Beruflich wünsche ich mir natürlich weiterhin, gut arbeiten zu können. Unsere Branche steckt in Deutschland in einer ziemlich tiefen Krise. Deshalb hoffe ich, dass auch ich weiterhin in Schweden arbeiten kann. Ich hatte dieses Jahr ein paar tolle Erfolge, unter anderem mit „Faithless“ von Thomas Alfredson, basierend auf einem Ingmar-Bergmann-Manuskript. Schön wäre es, wenn auch das ein oder andere englischsprachige Projekte dazukommen würde. Privat wünsche ich mir einfach nur, dass meine Familie, meine Eltern gesund bleiben, dass es meiner Frau gut geht und dass ich sie ein bisschen verwöhnen kann. Dann bin ich glücklich. Und ich hoffe, dass ich meinen Schutzengel weiterhin gut bei Laune halten kann. Den habe ich bisweilen etwas überstrapaziert.

Was meinen Sie damit zum Beispiel?

August Wittgenstein: Ich fahre immer noch Motorrad – und nach jeder unversehrten Saison mache ich drei Kreuze, dass nichts passiert ist. Während meiner Universitätszeit hat es mich damals zweimal hingelegt, und so was kann sehr unangenehm sein.

August Wittgenstein: Mit 15 ging es aufs schwedische Internat

August Wittgenstein wurde am 22. Januar 1981 als Sohn des Diplomkaufmanns Ludwig-Ferdinand Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg und dessen schwedischer Frau Yvonne, geb. Wachtmeister af Johannishus, in Siegen geboren. Bereits in der Grundschule interessierte er sich für die Schauspielerei. Mit 15 Jahren zog er aus dem Elternhaus aus und besuchte ein Internat in Schweden. Seine Schauspielausbildung absolvierte er in den Vereinigten Staaten.

Er spielte in vielen Serien mit, z. B. in „Das Boot“, oder aktuell „Kudamm '77“. Einem internationalen Publikum wurde er durch seine Rolle als Schwager von Prinz Philip in „The Crown“ bekannt. Wittgenstein ist verheiratet mit Mia Rhoda, einer Nachfahrin von Richard Strauss, und lebt mittlerweile in Berlin.