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„Lieber komme ich in den Knast“Russischer Wehrdienstverweigerer spielt Verstecken mit Putin

31.01.2023, Ukraine, Donezk: Soldaten der russischen Armee üben auf einem Truppenübungsplatz im Gebiet Donezk. Die russischen Truppen haben nach eigenen Angaben nun das Dorf Blahodatne im Gebiet Donezk vollständig unter ihre Kontrolle gebracht. Foto: Alexei Alexandrov/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Russische Soldaten trainieren auf einem Truppenübungsplatz im Gebiet Donezk, Januar 2023. Doch einige wehren sich gegen den Dienst an der Front.

Wladimir Putin ruft Männer und Frauen zu den Waffen, um in seinem Angriffskrieg in der Ukraine zu kämpfen. Doch nicht alle Reservisten wollen an die Front - und haben durchaus clevere Vermeidungsstrategien.

Was tun, wenn man nicht an der Front kämpfen will? Man versteckt sich. Dimitri ist einer von denjenigen, die sich gegen die Mobilmachung Russlands in der Ukraine stellen. Er gehört zu den einberufenen Reservisten der russischen Armee, aber der junge Mann möchte nicht an die Kriegsfront. Stattdessen spielt er ein gefährliches Versteckspiel mit dem Kreml, „Wer sich an dieser Schandtat beteiligt, bleibt sein Leben lang besudelt“, berichtet Dimitri.

„Kategorie 1, Gesundheitszustand B“ steht in Dmitris Wehrpass. Damit gehört er zu jenen Männern, die bei der Teilmobilmachung Ende September 2022 als erste eingezogen wurden. Doch Dmitri ignoriert seinen Einberufungsbefehl und lebt seither in ständiger Angst, verhaftet zu werden. Weder sein wahrer Name noch sein Aufenthaltsort dürfen genannt werden - das waren seine Bedingungen für ein Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Beim Gespräch verbirgt Dmitri sein Gesicht mit einer Kapuze.

Russischer Soldat verweigert Dienst

Seit Präsident Wladimir Putin Ende September die Mobilmachung verkündete, mussten sich hunderttausende Reservisten zum Dienst melden. Doch einige, wie viele weiß niemand, folgten dem Befehl nicht. Theoretisch gibt es die Möglichkeit, sich aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen freistellen zu lassen. Doch ob ein solcher Antrag genehmigt wird, ist unsicher. Viele Männer setzten sich ins Ausland ab, um nicht an die Front geschickt zu werden.

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Verweigerer, die nicht fliehen konnten oder wollten, versuchen mit Tricks einer Zwangsrekrutierung oder dem Gefängnis zu entgehen. Dmitris Mobilisierungsbefehl wurde an seinen alten Wohnort zugestellt, an dem er nicht mehr lebt. Er zeigt seinen Reisepass, in dem auch noch die frühere Adresse steht. „Die Hausverwaltung dort bekam meine Vorladung und versuchte, sie mir zuzustellen. Das ist ihr aber nicht gelungen, weil ich seit über drei Monaten nicht mehr in dem Gebäude wohnte“, sagt Dmitri.

Gefährliches Versteckspiel mit dem Kreml

Dimitri ist Mitte 20 und absolvierte einen Teil seines Militärdienstes bei den Fallschirmjägern, einer Eliteeinheit. In seinem Bekanntenkreis wurden acht Männer eingezogen. Einigen gelang es, sich befreien zu lassen, andere kämpfen jetzt in der Ukraine. Das will Dmitri auf keinen Fall. Der russische Militäreinsatz in der Ukraine ist für ihn ein „barbarischer Akt, ein absolutes Verbrechen“. Er hat Verwandte in der Ukraine und träumt davon, sie eines Tages treffen zu können.

Um nicht aufzufallen, bewegt sich Dmitri nur in seiner Region und arbeitet von zu Hause aus für eine IT-Firma im Ausland. Wichtig sei eine strenge „digitale Hygiene“, sagt Dmitri. Das heißt, er benutzt Tools, die verhindern, dass sein Telefon oder sein Computer geortet werden können. Und er meidet Überwachungskameras, damit die Gesichtserkennungssoftware ihn nicht identifiziert.

Russischer Soldat benutzt IT-Anwendungen, um den Kreml auszutricksen

In seiner tiefen, ruhigen Stimme erzählt Dmitri von anderen Taktiken, dem Wehrdienst zu entkommen: Umziehen und sich nicht ummelden, „sich in einem gottverlassenen Kaff niederlassen“ oder in einer Großstadt untertauchen. Doch die Angst bleibt. Ein anderer Verweigerer entschied sich im letzten Moment gegen ein Interview mit AFP, weil er fürchtete, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Am sichersten wäre es gewesen, noch vor der Einberufung das Land zu verlassen. Doch Dmitri blieb, weil er seine Freundin und ihr Kind nicht zurücklassen wollte. Jetzt ist eine Ausreise gefährlich, weil Einberufene an der Grenze verhaftet werden können.

Soldat droht Anklage wegen Befehlsverweigerung

Dmitri ist besorgt wegen der Gerüchte über eine bevorstehende zweite Mobilisierungswelle und fürchtet, dass die Militärkommissariate immer besser darin werden, Verweigerer aufzuspüren. Auch dass ihn jemand denunziert, schließt er nicht aus. Wird er erwischt, droht ihm eine Anklage wegen Befehlsverweigerung.

An die Front werde er trotzdem nicht gehen. „Lieber komme ich in den Knast“, sagt Dmitri. „Und wenn die Ukraine gewinnt, werde ich hier in Russland bleiben und alles dafür tun, dass sich das alles nicht wiederholt.“ (afp)