Aus dem Weltraum zu sehenUkrainer entdecken zufällig Putins gigantische Bauarbeiten

Gräben und Verteidigungsanlagen in der Nähe von Medvedivka (Krim).

Satellitenbilder zeigen einen gewaltigen Schützengraben in der Region Saporischschja. Unser Symbolfoto zeigt Gräben und Verteidigungsanlagen in der Nähe von Medvedivka (Krim).

Wie ukrainische Medien berichten, hat eine Analyse von Satellitenbildern der Region Saporischschja eine überraschende Entdeckung zutage gebracht: Offenbar haben russische Soldaten eine gigantische Verteidigungslinie errichtet.

von Martin Gätke (mg)

Im Winter hat sich Putins Krieg in der Ukraine zu einer zähen und blutigen Schlacht entwickelt. Entlang der über 960 Kilometer langen Frontlinie im Südosten des Landes verzeichnen beide Seiten hohe Verluste.

Nachdem die russische Offensive zuletzt gescheitert ist, könnte der Krieg in eine neue, entscheidende Phase eintreten. Die Ukraine bereitet sich auf eine Gegenoffensive auf breiter Front vor, wie US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) analysiert. Die russischen Streitkräfte wiederum bereiten sich in den von ihnen annektierten Gebieten offenbar darauf vor – mit teilweise massiven Maßnahmen, wie jetzt deutlich wird.

Ukraine: Satellitenaufnahmen zeigen gigantisches Bauwerk der Russen

In der von den russischen Truppen eroberten Region Saporischschja haben sie eine gewaltige Verteidigungslinie aufgebaut, die sich über mehr als 70 Kilometer erstreckt. 

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Wie die ukrainische Agentur „Center for Journalistic Investigations (CJI)“ berichtet, zeigen Satellitenaufnahmen von „Sentinel 2“ das gewaltige Ausmaß: Über Monate hinweg haben die russischen Streitkräfte einen Schützengraben ausgehoben, der vom Rande des Dorfes Semeniwka (etwa neun Kilometer vom Zentrum von Melitopol entfernt) bis zu einem Feld außerhalb des Dorfes Maryniwka reicht. Damit entspreche die Länge des Grabens fast einem Drittel der Länge von der Region Saporischschja selbst.

Hier die Satellitenbilder in einem Tweet vom CJI ansehen:

Wie die Agentur weiter erklärt, sei bereits im September 2022 mit den Arbeiten begonnen worden. 

Melitopol wäre ein offensichtliches Ziel einer ukrainischen Offensive: Die Stadt liegt an der Kreuzung zweier wichtiger Autobahnen und einer wichtigen Eisenbahnlinie, ist für den Nachschub der russischen Truppen im Süden von entscheidender Bedeutung.

Ukraine: Süden wäre ein vielversprechendes Ziel für Offensive

Laut Analysten wäre gerade der Süden der Ukraine ein vielversprechendes Ziel für eine ukrainische Offensive. Ein großer Teil des russisch besetzten Gebiets dort liegt in Reichweite von HIMARS-Raketenwerfern, was Russland dazu gezwungen hat, seine Munitionsdepots, Kommandozentralen und andere wichtige Versorgungsgüter weiter von der Front weg zu verlegen.

Der gewaltige Schützengraben und viele weitere russische Verteidigungsanlagen entlang der südlichen Frontlinie soll es den ukrainischen Streitkräften erschweren, vorzurücken – das dichteste Netz von Schützengräben und Panzersperren befindet sich rund um Melitopol. Auch Russland weiß, wo die Ukraine eine Offensive starten könnte.

Ukraine: Saporischschja wertvolles Ziel für Befreiung

„Wir können sehen, dass die Armee in der Umgebung von Melitopol und auf der Krim einiges an Ausrüstung anhäuft, aber sie können es nicht näher heranbringen“, erklärte Natalja Humenjuk, Sprecherin der südukrainischen Verteidigungskräfte, gegenüber der „New York Times“. Die ukrainischen Streitkräfte würden ihnen dazu keine Chance geben.  

„Die Russen warten auf aktive Schritte von unserer Seite im Süden“, sagte Humenjuk weiter. „Wir halten diese Spannung aufrecht. Auf diese Weise zermürben wir den Feind.“ Wenn die ukrainische Offensive im Süden gelänge, könnte es die Armee schaffen, die russischen Streitkräfte zu spalten, die Nachschubwege aus dem Osten wären gekappt. Die Folge wären zwei getrennte Zonen. Das würde die ohnehin angespannte Logistik der russischen Armee erheblich erschweren.

Die Hoffnung: Die russische Armee müsste sich zurückziehen, um nicht abgeschnitten zu werden – auch jene Truppen, die das Saporischschja-Kernkraftwerk halten. Das könnte so befreit werden. Die Region Saporischschja wäre für die Ukraine zudem ein wertvolles Ziel, weil von dort aus Druck auf die annektierte Krim ausgeübt werden könnte.